In Sachsen finden im Bundesvergleich mit Abstand die meisten extrem rechten Konzerte statt, allein im vergangenen Jahr spielte sich fast ein Viertel davon in einem Gasthof im nordsächsischen Staupitz ab. Die Ortschaft unweit der Stadt Torgau ist in den letzten Jahren zu einem der landesweit wichtigsten Orte für extrem rechte Konzerte geworden. Mit „Moshpit“ und „Painful Awakening“ standen dort am Samstagabend gleich zwei der bekanntesten Bands aus dem extrem rechten Hatecore-Spektrum auf dem Programm.
„We play NS-Hardcore“ und „We live the NS-Hardcore“: In einem Interview der US-amerikanischen Frauenorganisation „Women für Aryan Unity“ hatte die Formation „Moshpit“ aus dem thürinigischen Altenburg bereits 2004 deutlich gezeigt, wo sie sich verortet. Mit der Verwendung traditioneller Hardcore-Elemente gibt sich die Band uneindeutig und ist nicht gleich der Szene zuzuordnen, auch wenn sie sich bei verschiedenen NPD-Events und Veranstaltungen der „Freien Kräfte“ wie dem „Fest der Völker“ 2008 als Teil der extrem rechten Subkultur präsentiert. Auch die seit 2007 in Erscheinung getretene Band „Painful Awakening“ aus Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern hat Erfahrung mit Auftritten vor einem größeren Publikum. Nachdem die Band 2009 bereits beim „Winterfest der nationalen Bewegung Sachsen Anhalt“ gespielt hatte, machte sie sich mit ihrer Teilnahme am „Day of Honour“ in Budapest einen Namen. Dabei handelte es sich um ein Aktionswochenende zu Ehren von Wehrmacht und Waffen-SS, das vom „Blood&Honour“-Netzwerk organisiert wurde. Kein Wunder also, dass das Konzert in Staupitz auch auf der Seite der englischen „Blood&Honour“-Sektion angekündigt wurde, immerhin war aus ihrem Netzwerk bereits im März dieses Jahres eine ungarische Band in Staupitz aufgetreten. Nun stand dort „Backstab“ aus Budapest auf der Bühne. Komplettiert wurde der konspirativ organisierte Auftritt von drei weiteren rechtsextremen Bands. Unterstützung fand die Veranstaltung bundesweit. Neben dem einschlägigen Musik- und Szene-Versand Rebel-Records aus dem brandenburgischen Cottbus, der das Konzert unterstützte, bewarben auch Thüringer Neonazis wie die „Aktionsgruppe Nordhausen“ die Veranstaltung. Wie viele Besucher sich tatsächlich beim Konzert in Staupitz einfanden, konnte ein Polizeisprecher auf Anfrage nicht erklären. Er sprach lediglich von sechzig Kraftfahrzeugen.
Staupitz als sächsisches Zentrum für Neonazi-Konzerte
Seitdem der extrem rechten Szene in Sachsen ein Veranstaltungsort entzogen wurde, hat sich Staupitz zum Zentrum für
Neonazikonzerte entwickelt. Ein Teil der dortigen Konzerte geht auf die Initiative von NPD und Strukturen ihrer Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ zurück. Auch die vermeintlich unpolitische Hooligan Formation „Kategorie C“ stand in diesem Jahr auf der Bühne in Staupitz. Das Quartett hatte bereits 2006 bei einer NPD-Veranstaltung für den ehemaligen Sänger der RechtsRock-Band „Landser“, Michael Regener, gespielt. Nach ihrem Auftritt in Nordsachsen habe sie sich darüber gefreut, „dass dieser ‚ausnahmsweise ohne Behördenstress‘ erfolgen konnte, da man ‚ja alles vorher vor Gericht geklärt‘ habe“, heißt es in der Broschüre „Nordsächsische Zustände. Ein Schattenbericht über Neonazismus in Nordsachsen“. Sie wurde von der „Projektgruppe Chronik Nordsachsen“ erstellt, die darin konstatiert: „So werden die Konzerte beim zuständigen Ordnungsamt angemeldet und auch eine Liste der zu spielenden Titel vorgelegt. (…) Umgekehrt scheint es den involvierten Ämtern ganz recht zu sein, dass die Konzerte an einem Ort stattfinden, den sie mehr oder weniger im Blick haben“. Schon längst ist in Staupitz eine überregionale Hochburg für Neonazi-Konzerte mit vielen Stilrichtungen gewachsen, in der offenbar ungestört die Begleitmusik zu Mord und Totschlag erschallt.