Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Wenn Olli Welke nicht zu verstehen ist

 

Schauen Sie auch regelmäßig die heute-show? Mehr als eine Million Menschen haben beim letzten Mal eingeschaltet, das entspricht einem Marktanteil von 11,9 Prozent. Seit 2009 läuft die heute-show im ZDF. Sie zählt zu einer der erfolgreichsten Sendungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen.

Leider hat es das ZDF bis heute nicht geschafft, die Sendung auch für gehörlose und schwerhörige Zuschauer zugänglich zu machen. Denn die heute-show ist zwar eine der erfolgreichsten Sendungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, aber sie wird ohne Untertitel gesendet.

Wer gehörlos oder schwerhörig ist und Fernsehen schauen möchte, ist auf Untertitel angewiesen.

Untertitel kann man normalerweise über den Videotext zuschalten. Zwar arbeiten vor allem die öffentlich-rechtlichen Sender daran, ihr Programm zugänglicher zu machen, aber wer in den USA oder Großbritannien den Fernseher anmacht, wird feststellen, dass dort bereits 100 Prozent des Fernsehprogramms untertitelt wird – und zwar nicht nur bei öffentlich-rechtlichen Sendern sondern auch bei den Privatkanälen. Man hat die Sender dazu verpflichtet.

Nicht nur Untertitel

Und nicht nur das: Für blinde Fernsehnutzer wird in Großbritannien rund 20 Prozent des Programms der Hauptsender auf einem zweiten Tonkanal beschrieben. Audiodeskription nennt man das. Außerdem wird zusätzlich zu den Untertiteln rund fünf Prozent des BBC-Programms und ein Teil der privaten Programme in Britische Gebärdensprache übersetzt. Das betrifft vor allem Nachrichtensendungen und beliebte Serien, die im Nachtprogramm wiederholt werden. Aber auch im Kinderprogramm wird Gebärdensprache genutzt. Denn wenn Kinder noch nicht lesen können, sind sie auf Gebärdensprache und visuelle Information angewiesen, wenn sie nicht gut hören können. Aber auch viele gehörlose Erwachsene schätzen die Übersetzungen in Britische Gebärdensprache, weil sie eben gerne in ihrer Sprache Fernsehen schauen.

Während in Deutschland nun auch gehörlose und blinde Zuschauer beim Rundfunkbeitrag zur Kasse gebeten werden, dürfen sie aber immer noch nicht voll teilhaben. Die Mehreinnahmen, die auch durch Menschen mit Behinderungen zustande kommen, sind so hoch, dass man im März beschlossen hat, den Rundfunkbeitrag zu senken. Dabei hätte man mit dem Geld einen guten Beitrag zur Inklusion leisten können.

Eine Frage der Prioritäten

Man hätte die Programme voll untertiteln können, man hätte die Untertitelredaktionen besser ausstatten können, um die Qualität der Untertitel zu verbessern, mehr Audiodeskription anbieten können, mehr Gebärdensprache, innovative Programme im Kinderprogramm. Wenn in anderen Ländern zu 100 Prozent untertitelt wird, warum nimmt man nicht das Geld, das man zusätzlich eingenommen hat, und versucht, dieses Ziel auch in Deutschland zu erreichen?

Aber selbst wo untertitelt wird, ist die Qualität noch immer ein Problem. Derzeit sind vor allem Live-Untertitel bei Talkshows beispielsweise sehr verbesserungswürdig. Schalten Sie mal aus Spaß bei der nächsten Live-Sendung, die sie schauen, Untertitel zu. So mancher Jauch- oder Lanzsendung kann man mit Untertiteln alleine kaum folgen. Bei Lanz liegt wohl zwischen Aufzeichnung und Sendung zu wenig Zeit, um die Untertitel vorher vorzubereiten. Die schlechte Qualität der Untertitel ist wohl zum einen ein Softwareproblem, weil die Entwicklungen für englischsprachige Software angeblich weiter sind, aber es wird wohl auch zu wenig investiert. Aber selbst alte Sendungen, die man problemlos untertiteln könnte, werden nicht untertitelt.

Kein Wunder also, dass der Start von Netflix in Deutschland nicht zuletzt von gehörlosen und schwerhörigen Filmliebhabern gefeiert wurde, denn sie können endlich die Filme sehen, die ihnen das deutsche Fernsehen wegen Mangel an Untertitelung vorenthalten hat.

Aber es geht nicht nur um Filme. Man kann von der heute-show, von Talkshows und anderen erfolgreichen Sendungen halten, was man will. Aber sie bieten uns Hörenden Informationen, die an gehörlosen Zuschauern derzeit vorbeigehen. Und das vor dem Hintergrund, dass sie nicht einmal auf das Radio zurückgreifen können.