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Dick, satt und teigig

 

Ein unsägliches sechstes Album zum Mitgrölen und Schunkeln: So durchschaubar wie auf „Battle For The Sun“ klangen Placebo noch nie

Cover

 
Placebo – For What It’s Worth
 
Von dem Album: Battle For The Sun PIAS 2009

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Geschmackssicher waren Placebo immer. Ihre bislang fünf Alben hüllten sie in glänzende Fotografien, die immer auch Ausdruck ihrer Musik waren. Der Zehnjährige auf ihrer ersten Platte trug einen viel zu großen Wollpullover, und der Sänger Brian Molko kreischte wie ein ängstlicher Junge, dem das Leben nicht eben angegossen saß. Die sich schweigend und selbstversunken Gegenübersitzenden auf dem zweiten Werk Without You I’m Nothing illustrierten seine Lyrik von Entfremdung und Verwirrung: „Your smile would make me sneeze, when we were siamese, don’t go and lose your face, at some stranger’s place, and don’t forget to breath“, sang Brian Molko in dem gespenstischen Lied The Crawl.

Die beiden ersten Alben aus den späten Neunzigern waren Placebos Meisterwerke, die folgenden drei waren mal mehr, mal weniger erfolgreiche Versuche, diesen leicht entzündlichen Cocktail aus Energie und Melodie erneut zu mischen. Mehr kann auch Placebos neues Werk Battle For The Sun nicht sein. Soviel vorweg: Es ist ihr erster vollständig misslungener Versuch.

Vom Schrecken kündet einmal mehr die Hülle, denn die ist erstaunlich einfallslos. Eine vom Mond verdeckte Sonne auf hellblauem Grund, eine verwischte Korona, rechts dringen eben die ersten Strahlen durch. Auf dem schwarzen Mond verrät ein schmuckloser Aufkleber den Titel des Albums. Digitale Bildbearbeitung an ihrem Tiefpunkt: So durchschaubar waren Placebo noch nie, so unansehnlich ohnehin nicht.

Dennoch, ersteinmal klingt Battle For The Sun wie ein typisches Placebo-Album. Die Gitarren leicht verstimmt, der Sänger nörgelig, der Bass schön laut. Doch etwas stimmt nicht. Schon die Single For What It’s Worth rockt arg flach, Brian Molko scheint den Text per Placebo-Lyrik-Zufallsgenerator geschustert zu haben: „Come on, walk with me, into the rising tide!“ Und: „No one cares when you’re out in the street. No one cares when you’re down in the gutter. Got no friends, got no lover.“ Dann, oh Schreck!, Bläser, Stöhnen, Gitarren dick und satt und teigig.

Kitty Litter zu Beginn des Albums ist gar nicht so übel. Kreischig, auch melodiös und überzeugend rumpelig. Doch das war es auch schon. Alles weitere versinkt im Breitwandkleister konventionell gedroschener Rockakkorde. Der Sinn fürs Ästhetische ist Placebo verloren gegangen. Am deutlichsten wird das im unerträglichen Refrain der Rockhymne Ashtray Heart, im streicherzerbügelten Titelstück und im von Mariachi durchkreuzten Gitarrensolo in The Never-Ending Why. Hier passt nichts zusammen.

Manche hübsche Idee geht unterwegs verloren. Bläser? Warum nicht. Aber doch nicht so! Drollige Elektronik? Schwiemelige Geigen? Ja, auch die mag man manchmal hören. Aber zu solchem Muckerrock? Und alles auf einmal? Und auch noch dermaßen berechnend aufs Mitgrölen und Schunkeln hin aufgenommen? Nein, das bereitet kein Hörvergnügen.

Im Sommer bedröhnen Placebo wieder einmal die großen Freiluft-Festivals der Welt. Da gehören sie hin, das können sie. Sollten sie Battle For The Sun absichtlich auf die bierseligen Mitsinger hinkomponiert haben, wer weiß, vielleicht ist ihnen dann ja doch etwas ganz Großes gelungen.

„Battle For The Sun“ ist bei PIAS/Roughtrade erschienen

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