Die Tocotronisierung dreier Wildfänge: 1000 Robota aus Hamburg sind kaum dem Teeniealter entwachsen, da legen sie ein zweites Album vor. Leider scheitern sie an dem Versuch, sich neu zu definieren.
Junge Bands und zweite Werke, Reifeprozesse, Neudefinitionen, Hinüberrettenwollen, Angekommensein. Es sind viele, vielleicht zu viele Hypotheken, die das Neo-Punk-Trio 1000 Robota auf dem Weg in die Zukunft zu tragen hatte. Kaum dem Teeniealter entwachsen, wollen sich die drei Hamburger von ihrem fulminanten Debüt Du Nicht Er Nicht Sie Nicht emanzipieren, ohne jedoch den Nachfolger Ufo ganz abzukappen von seinen Wurzeln.
Ein dialektisches Unterfangen, das naturgemäß Widerstand vom Feuilleton erntet, jener dezentralen Stilkritikkommission, die es seit jeher oft als impertinent empfindet, wenn Jugendliche auf dem Weg zu einer eigenen Sprache Regeln brechen, an die sie noch gar nicht lange genug gehalten haben, um den Aufruhr dagegen zu legitimieren.
1000 Robota, diese bemerkenswerte Band, die aus dem Kosmos der deutschsprachigen Konventionen ausbrach, hat es trotzdem versucht. Und sie ist nun daran gescheitert. Was für ein Jammer!
Noch immer legt Anton Spielmanns, Jonas Hinnerkorts und Sebastian Muxfeldts kontrollierte Aggression mehr Dissidenz in ihre Aufbruchstimmung als manch avantgardistischer Platzhirsch in seine halbe Karriere. Und doch erleidet Ufo das gängige Schicksal des zweiten Albums: Zehn Stücke lang kann sich die Platte nicht recht entscheiden, ob sie weiterkommen oder zirkulieren will, Ressourcen nutzen oder wechseln, ob sie erwachsener klingen möchte oder das erst recht nicht.
Dabei ist Ufo ein versiert dissonantes Rockalbum: oft dynamisch, bisweilen nachdenklich, stets gegen tradierte Hörgewohnheiten gebürstet. Doch es fehlt das Pah! in alle Richtungen, das auf dem ersten Album keine Fans wollte, sondern Verstörung. Es fehlt auch jene Disharmonie, die weder nur ein Statement gegen stromlinienförmige Gefallsucht der Altersgenossen war noch ein postpubertärer Appell, ernst genommen werden zu wollen. So zahlt Ufo Lehrgeld an die Regel der Nische: Wandle dich, aber lass es dir nicht anmerken.
Dem merklichen Wandel von 1000 Robota fehlt die Lässigkeit. Davon zeugt das neue Album fast chronologisch. Zum Auftakt lässt die Band die Zügel locker. Du gewinnst treibt seine Gitarre noch ungebremst ins geordnete Chaos, Wir reißen uns zusammen stürmt in vertrackte Mathrock-Sequenzen, das vertrackte Glück gibt Reminiszenzen an Helmet bis Shellac frei.
Doch sobald Geh nicht zu weit ins Durhafte wechselt, beginnt die Zeit digitaler Spielereien und getragener Tonfolgen, die ihren Höhepunkt in Er sagt finden. Schwermut statt Kraft – daran kann auch ein rüder Bonus-Track nichts ändern.
So betreiben 1000 Robota ihre Tocotronisierung als Spielfreude saturierter Wildfänge. Nur dass sich die Großen der Hamburger Schule dafür zehn Jahre lang wund geschrammelt haben, nicht zwei. „Wir singen so/ weil wir nicht anders singen können/ Wir schreien so/ weil wir nicht anders schreien wollen.“ Wer das noch zweistimmig herausrufen muss, ist sich dessen schon nicht mehr so sicher. 1000 Robota sind mündig geworden. Leider etwas zu schnell.
„Ufo“ von 1000 Robota ist erschienen bei Buback/Indigo