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Die BVG wird romantisch

Das ist ja possierlich. Die BVG bietet unter der Rubrik AUGENBLICKE ein neues, ähm, Wiederfindeportal für Bus- und U-Bahn-Flirts. Also für all das, was derzeit in Zitty und tip unter der Rubrik „Wanted“ oder „Wiedersehen“ steht. Eine Rubrik, die ich sehr liebe. Was ich bei der Gelegenheit schon immer mal loswerden wollte. Anzeigen wie diese haben schlechte Karten:

„Freitag. Du, rote Jacke, hast mir sehr gefallen. Leider fehlte mir der Mut dich anzusprechen, bitte melde dich unter ichsassinderubahnundbinnunscharfaufdich@yahoo.de“

1. Man nenne Datum, Uhrzeit, Linie.
2. Man nenne das eigene Geschlecht und das des/der Angebetenen
3. Man beschreibe Kleidung und Gesicht des Gegenübers – und die eigene Erscheinung genau.
4. Man verzichte auf die Selbstgeißelung wegen fehlenden Mutes.
5. Man wähle eine kurze E-Mail-Adresse, denn diese Buchstabenmonster veranlassen vollautomatische Silbentrennungen im Satzsystem und erzeugen somit Bindestriche da, wo keine hingehören.

Ich wünsche der BVG viel Glück bei ihrem Projekt. Klappen wird es nicht, weil niemand auf der Webseite der BVG Romantik erwartet. Da hilft nicht mal der Valentinstag. Wenn ich BVG wäre, würde ich in zitty und tip die entsprechende Rubrik sponsern. So funktioniert Werbung.

 

Viel Staub um nichts

Das Ägyptische Museum Berlin veranstaltet Samstags um 15 Uhr eine Führung für Kinder und Erwachsene, und zwar unter dem Titel „Samstags bei den Pharaonen“. Das Museum residiert auf der Museumsinsel im historischen „Alten Museum“. Ein wahrer Prachtbau. Für zwei Erwachsene und ein Kind zahlt man – inklusive Führung – lockere 25 Euro. Doch was wir vergangenen Samstag dafür geboten bekamen, war lausig. Die Führungen waren komplett überbucht, daher wurden die Interessenten in zwei Gruppen aufgeteilt. Wir wurden einem leidenschaftlichen Ägyptologen zugeteilt, der – man muss es leider so sagen – offenbar keine Ahnung hatte, wie so eine Führung zu strukturieren und kindgerecht aufzubereiten ist. Er klebte ewig an einzelnen Exponaten, benutzte haufenweise Fremdworte, die Kinder nicht verstehen, kam vom Hölzchen aufs Stöckchen, ließ endlose Assoziationskettenmassaker auf die überforderten Zuhörer niedergehen – und vergaß darob fast die Uhrzeit. Als es auf 16 Uhr zuging, rief er hektisch – oh Gott, wenn ich jetzt nicht pünktlich zur nächsten Gruppe gehe, werde ich gegrillt – und verließ freundlich winkend die Führung – mittendrin. Ein Trauerspiel.

 

Wir wollen Ihre Rezensionen!

Geht Ihnen das auch so auf den Keks? Diese verquasten Journalistenrezensionen? Dieser gequirlte Cineasten-Quark? Müde hocken diese Schreiber mit goldenem Backstagepass im Kino, glotzen pro Tag acht Filme, krickeln hektisch ihre Moleskine-Notizbücher voll und blockieren später das Dunkin Donuts-Internetcafé, um ihre Wortwolken in Richtung Redaktion zu beamen. Ich möchte Filmkritiken aus Zuschauerhand, mit Herz und Liebe. Schicken Sie uns Ihre Rezensionen zu Berlinale-Filmen und wir veröffentlichen sie hier.

Ich freue mich auf Ihre Zuschriften. Bitte an joreine@gmail.com

Ach ja, für die drei schönsten Rezensionen gibt es eine Belohnung…

 

Mal wieder: Berlinale

Und das Erstaunliche: der online-Ticketverkauf funktioniert. Keine Verbindungsabbrüche. Eine schnelle Datenbank. Respekt, das ist das erste Mal in der Geschichte der Berlinale, dass alles gleich reibungslos klappt.

 

Hurra, Hurra, Schienenersatzverkehr ist da!

Das wird ein lustiges Jahr 2007 für alle U-Bahn-Nutzer. Die BVG saniert teilweise oder komplett die Linien U1, U2, U6 und U9. Die Sanierung der U2-Brücken dauert noch bis Ende März an (sollte eigentlich Weihnachten 2006 fertig gestellt sein). Ab dem 08. April wird die U6 zwischen Kurt-Schumacher-Platz und Alt-Tegel komplett gesperrt. Danach geht’s weiter mit der U2, vier Wochen Vollsperrung mit Bus-Ersatzverkehr zwischen Rosa-Luxemburg-Platz und Schönhauser Allee. Richtig bitter wird es für die Nutzer der U9, die Linie wird zwischen Westhafen und Osloer Straße volle drei Monate (30.07.-28.10.) gesperrt. Einen Tag später, vom 29. 10. bis zum 05. 11. wird die U9 dann zwischen Bahnhof Zoo und Leopoldplatz dichtgemacht. Wenn das alles reibungslos geklappt hat, will man noch die U1 zwischen Nollendorfplatz und Kurfürstenstraße wegen einer sanierungsbedürftigen Brücke angehen.

Wer den Überblick verloren hat: Hier kann man stets und immerdar alle tagesaktuellen Baustellen sehen.

Wir raten dringend das Fahrrad aus dem Keller zu holen und verkehrstüchtig zu machen.

 

„Eros im BKA“

Heute Abend um 20.30 Uhr im BKA-Theater Mehringdamm: Helmut Krausser, für mich einer der besten lebenden Autoren deutscher Sprache, liest aus seinem Roman „Eros“.

Der Roman Eros ist für die Literatur das, was „A straight Story“ von David Lynch für den Film ist: eine erstaunlich geradlinig erzählte Geschichte eines Autoren, von dem man eigentlich eher irrlichternd-expressionistische Erzählweise, auch sexuell freizügige Schilderungen kennt.

Der Protagonist, eine Art „alter ego“ von Krausser, ist erfolgreicher Schriftsteller, der von dem im Sterben liegenden Großindustriellen Alexander von Brücken den Auftrag erhalten hat, in Romanform dessen Biographie zu schreiben. Der Schwerpunkt hierbei liegt auf von Brückens stets unerfüllten Liebe zu Sofie, einem Mädchen bzw. einer Frau, der er in Jugendjahren in einem Luftschutzbunker näher kam, und die er sein Leben lang nicht vergessen konnte. Von Brücken wird über die Jahre zu einem schwerreichen Mann und gestattet sich, das Leben dieser Sofie zu überwachen, von ferne „mitzugestalten“. Wenn sie seine Liebe schon nicht erwidert, möchte er doch zumindest ein ganzes Leben lang aus der Ferne dafür sorgen, dass es ihr gut geht. Ebendieses Projekt entgleitet ihm aber schnell – und ihr Leben verläuft unglaublich tragisch.

Krausser bringt diese Geschichte wunderbar auf zwei Erzählebenen abgefedert – wir erfahren die Geschichte abwechselnd aus erster und zweiter Hand, nämlich in Form von den abendlichen Erzählsitzungen, in denen der im Sterben liegende von Brücken dem Protagonisten sein Leben so erzählt, dass dieser es zu einem möglichst guten Buch destillieren kann.

Krausser verzichtet trotz des Buchtitels auf explizite Szenen aller Art und erzeugt Gefühle einfach durch die unglaubliche Geschichte, die sich auftut – und die dennoch so hätte geschehen können. Kraussers zugänglichstes und reifstes Buch bisher.

Ich empfehle den Besuch der Lesung.

 

Im italienischen Himmel angekommen

„Wir gehen ins Bocca di Bacco“, sagt der Kollege. „Och nö“, sage ich, erstens ist mir seit dem letzten Original-Besuch in Volterra gar nicht so nach italienischem Essen aus vermutlich deutscher Hand, außerdem gilt das Bocca di Bacco derzeit als der superhyperangesagte Spezialitaliener und so erwarte ich eigentlich viel Chichi um nichts, miserablen Service und überteuertes, schlechtes Essen, so wie ich es schon mehrmals im Sale è Tabacchi erleben musste.

Aber der Kollege setzte sich durch (klar, er lud ja ein) und so folgte ich ihm seufzend und mit gesenktem Kopf ins Bocca di Bacco. Das Restaurant ist sehr elegant, hält an der vorderen, inneren Glasfront schön eingedeckte Tische bereit und zur Mitte hin einen Bereich, den ich leider (ahh, Herpes) „Lounge“ nennen muss. Die Kellnerin ist hinreißend nett und aufmerksam und hat einen guten Humor. Das Publikum ist sehr oldschool-mittig, also der Herr im Anzug, die Dame im Kleid. Jeans-und-Sneaker-Schnullis mit Freitag-Umhängetasche hingegen glücklicherweise abwesend.

Wir bestellen Bündnerfleisch mit Feldsalat, Pinienkernen und Parmesan, Tagliolini mit einer Sauce aus schwarzen Oliven und eine Kaninchenroulade. Direkt nach der Bestellung ergreift die Bedienung eine Ölflasche, gießt Öl auf einen Teller, gibt einige Tropfen besten Balsamico dazu, verrührt beides zu einem kleinen Gemälde und reicht Oliven und einen Brotkorb mit mehren Sorten frisch gebackenem Weißbrot. Fantastico.

Das Bündnerfleisch kommt wenig später, es ist duftig-zart und von nahezu obszöner Frische. Und es geht Schlag auf Schlag weiter. Die Pasta sind gerade richtig bemessen und beherzt gewürzt (endlich mal wieder ein Koch, der sich traut zu salzen), die Kaninchenroulade ist grandios. Der dazu bestellte gereichte 1985-er Brunello Riserva Castelgiocondo ist samtig-süffig und beamt einen innerhalb von drei Sekunden in einen toskanischen Spätsommertag heinein.

Es gibt nichts – gar nichts – zu meckern. Essen und Service sind von höchster Güte, das Restaurant ist – obwohl rammelvoll – angenehm ruhig, kein spitzes Gelächter, keine wichtigtuerischen Dickdenker, angenehme Dezenz herrscht. Derzeit muss man das Bocca di Bacco uneingeschränkt empfehlen.

Bocca di Bacco
Friedrichstr. 167/168
10117 Berlin
(030) 20672828
www.boccadibacco.de
Mo-Sa 12-24 Uhr,
So 18-24 Uhr

 

Es stürmet

22:11 Uhr. Ah, ich glaube, jetzt ist er da, der Orkan. Dochdoch, einigermaßen ungemütlich. Da mach ich besser mal eine Flasche Wein auf.

 

Mehdorn im Auge

Nochmal zum Thema „Dach des Berliner Hauptsbahnhofs“. Die Welt berichtet, dass das „aus Zeit- und Kostengründen“ von Bahnchef Mehdorn gekürzte Dach 64,4 Millionen Euro gekostet hat. Die Mehrkosten entstanden u.a. durch zusätzliche Statikgutachten. Das ursprünglich geplante, lange Dach, hätte „nur“ 36,8 Millionen Euro gekostet. Jetzt bin ich aber mal gespannt, wie Mehdorn aus der Nummer rauskommt.