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„Du hast Opossum bestellt?“

Eine kleine Exkursion nach Potsdam. Das Restaurant „Barokoko“ liegt wunderschön, am Nauener Tor, wo das holländische Viertel beginnt. Man sitzt dort sehr kommod und wird von aufmerksamen und gut gelaunten, jungen Kellnerinnen begrüßt. Wir sind acht Leute, alle bestellen quer durcheinander, eine wahre Geduldsprobe fürs Personal – was aber kein Problem darstellt. Der Abend fängt gut an, die Gerichte auf der Speisekarte, hauptsächlich italienische Küche mit etwas saisonalen Addons, lesen sich gut. Doch was wir dann an Leistungen aus der Küche erleben dürfen, muss als höchst durchwachsen bezeichnet werden. Mein Salat von grünem und weißem Spargel ist großzügig portioniert; der Spargel ist jedoch mehr als bissfest und ertrinkt in einer viel zu süßen Erdbeervinaigrette. Die Tischnachbarin hat eine Spargelsuppe mit Vanille als Vorspeise, die jedoch geschmacklich eher an einen Vanillepudding mit Spargelstrünken erinnert. Viel zu süß. Das Rindercarpaccio der anderen Mitesser wird als gut bewertet. Bei den Hauptspeisen hört es dann aber ganz auf. Leider.

Als meine Saltimbocca gebracht werden, fragt die Tischnachbarin spontan, „du hast Opossum bestellt?“ – ich habe noch nie so merkwürdig aussehendes Fleisch gegessen. Üblicherweise handelt es sich bei Saltimbocca um dünngeklopfte, unpanierte Schnitzel, die mit luftgetrocknetem Schinken und Salbei belegt oder umwickelt werden. Was hier vor mir liegt, sind relativ große, streng riechende Fleischstücke, in deren Mitte nach Art eines Cordon Bleu roher Schinken liegt, allerdings meines Erachtens kein klassischer luftgetrockneter Schinken, sondern eher ein Schinken Schwarzwälder Art, zumindest schmeckt er so. Das Fleisch ist leider nicht richtig durchgegart, in der Mitte noch fast roh. Es hat einen eigentümlichen Geschmack. Dazu gibt es ein stark mit Provencekräutern überwürztes Ratatouille-Gemüse und ein eher neutral schmeckendes Risotto. Ein Kollege versucht sich an Spaghetti Scampi, legt aber nach dem Probieren eines Scampi die anderen fünf Großgarnelen kommentarlos an den Rand des Tellers. Die Nachbarin hat Red Snapper auf dem Teller, der nicht besonders vertrauenerweckend aussieht und von ihr auch nicht zu Ende gegessen wird. Ein anderer Kollege lässt nach einigen Minuten von seinem bestellten Stangenspargel die Hälfte auf dem Teller liegen, der trockene Kommentar lautet: „frisch aus der Baumschule“ – bissfest, und zwar richtig. Der bestellte Weißwein muss leider wegen Kork zwei mal zurückgehen. All dies wäre richtig ärgerlich, wäre das Personal nicht so bemüht und freundlich. Und weil man draußen wirklich schön sitzen kann, sind wir trotzdem mit dem Abend versöhnt.

Zum nett Biertrinken ist es wirklich okay im Barokoko. Aber dort zu essen kann zumindest nach dem gestrigen Besuch niemandem empfohlen werden.

Barokoko
Friedrich-Ebert-Str. 30
14467 Potsdam
(0331) 2801438

 

Mit der Draisine rumcruisen

Ich mag ja skurrile Freizeitbeschäftigungen. Schon seit einigen Monaten geistert in mir der Plan herum, mal so eine niedliche Draisinentour zu machen. Hat einer der Mitleser sowas schon mal ausprobiert und kann berichten? Würde mich wirklich sehr interessieren.

 

Kurztrip nach Mittelerde

Ich war gerade mal kurz in Mittelerde. Genau genommen war ich im Filmpark Babelsberg, wo am Donnerstag die „Herr der Ringe“-Ausstellung eröffnet wird. Wir Damen und Herren von der Presse durften schonmal vorab reinschauen, aber mit ungestört durch die Ausstellung schlendern war es dann leider nix, denn es tummelten sich dort ganze Busladungen von Kollegen (die Hälfte mit Fotoapparaten und Kameras bewaffnet), denen man ständig versehentlich im Bild herumlief. Aber ich will mal nicht klagen: Im Vergleich zu dem Trubel, der dort ab Donnerstag herrschen dürfte, ist das wahrscheinlich Pillepalle.

In der 1200 Quadratmeter großen Halle werden hunderte von Filmrequisiten gezeigt, die gebührend zu bewundern mir leider gar keine Zeit blieb. Die Faszination ist aber bei jedem einzelnen Exponat zu spüren. Selbst eine einfache Gürtelschnalle oder auch der tausendste Hobbit-Fuß (die haarigen Gummischläppchen hielten immer nur einen Drehtag lang) wurden mit einer unglaublichen Akribie und Liebe zum Detail hergestellt.

Die Kostüme der Protagonisten – Schmuck, Waffen, Rüstungen – sind original Requisiten, die alle im Film zum Einsatz kamen und entsprechend Patina haben. Dem ledernen Mantel und den Stiefeln Aragorns beispielsweise sieht man an, dass der Schauspieler darin gekämpft, geritten und ordentlich geschwitzt hat. Der Haufen durchgelatschter Hobbit-Füße ist zum Glück in einem geschlossenen Glaskasten ausgestellt, der Geruch wäre dann vielleicht doch ein bisschen zu viel der Authentizität.

Echt furchterregend ist das Modell des Höhlentrolls, der im Film zwar computeranimiert war, für die Ausstellung jedoch etwa drei Meter groß und originalgetreu nachgebildet wurde. Auch Boromirs sieht täuschend echt aus, wie er da im Elbenkahn liegt. Im Wellingtoner „Te Papa“-Museum sorgte die Silikonfigur übrigens für leichte Panik unter den Besuchern, als sie plötzlich ein wenig die Arme anhob – der Kunststoff hatte sich unter dem Scheinwerferlicht erwärmt.

Neben vielen Exponaten befinden sich außerdem Monitore, auf denen der Besucher Videoclips mit Interviews, Blicken hinter die Kulissen und Making-of-Sequenzen abspielen kann.

Die Ausstellung lohnt sich, denn sie ermöglicht den Fans nicht nur einen Blick, sondern einen ganzen Besuch hinter den Filmkulissen. Ich selbst habe die Ausstellung in Wellington letztes Jahr knapp verpasst und freue mich, sie jetzt doch noch gesehen zu haben. Trotzdem: Wer Mittelerde wirklich erleben will, muss einfach nach Neuseeland. Viele „Herr der Ringe“-Sequenzen entstanden zwar im Computer, aber die Landschaft dort ist tatsächlich so phantastisch, dass man seinen Augen manchmal kaum trauen mag.

Rund um Queenstown wurden übrigens zahlreiche Szenen gedreht und die Chancen stehen recht gut, zufällig mit einem „Herr der Ringe“-Statisten ins Gespräch zu kommen. Mich hat zum Beispiel beim Trampen ein Ork mitgenommen. Ohne Maske und Rüstung sah der zum Glück ganz freundlich aus.
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Die Original-Ausstellung zu Peter Jacksons Trilogie DER HERR DER RINGE ist vom 1. Februar bis 29. April 2007 (täglich 10 – 20 Uhr) im Filmpark Babelsberg zu sehen. Kostenpunkt: 12 Euro (ermäßigt 10). Für Hardcore-Fans empfiehlt sich die Dauerkarte für 50 Euro.
Info-Hotline: 0331-7212800

www.filmpark.de

 

Daumen hoch fürs Tropical Island?

Ich hätts ja nicht gedacht. Ich hatte das Tropical Islands abgeschrieben. Aus betriebswirtschaftlicher Hinsicht. Als skurrile, schwer einsortierbare, merkwürdige, liebreizende, aber auch irgendwie kaputte Idee eines mitten in der Lausitz gelandeten Entertainment-Ufos. Heute also ein erneuter Besuch auf Drängen der Tochter. Und was soll man sagen? Sold out! Die Bude gerammelt voll. Einige Tausend Leute da. Und trotzdem funktionierten Organisation und auch Gastronomie. Man hat den einen oder anderen Caterer / Fleischlieferanten ausgetauscht. Das Essen war absolut in Ordnung, natürlich fernab jeder feingeistigen Kulinarik, durchaus aber geschmacklich und lebensmittelhygenisch einwandfrei. Es ist dort für ein „Schwimmbad“ ungewöhnlich sauber, freundlich, adrett und erträglich. Und so kann ein Besuch dort empfohlen werden.

 

Philantropie

Also, wie versprochen; ich war heute im Tropical Islands Resort und das war so:

Zunächst muss der gemeine Berliner seinen massigen Leib in eine Regionalbahn nach Brand/Niederlausitz reintun. Die Fahrt dauert ziemlich genau eine Stunde; die Regionalbahn verkehrt im Stundentakt. In Brand/Niederlausitz wartet dann auch schon ein Shuttle-Bus. Da steige ich ein. Und mit mir noch ein verhärmtes Paar. Aus meiner Perspektive sieht der Shuttle-Bus dann ungefähr so aus.

Ob sich das lohnt? Für die Betreiber?

Sei es, wie es sei, die Busfahrerin ist guter Laune und hat auch um die Rückspiegelhalterung eine lustige Aloha-Plastikblumenkette gehängt. Man fährt sieben Minuten und ist da. Jessas. Die Halle ist schon groß. Also nicht nur irgendwie groß, sondern wirklich sehr, sehr groß.

Man erhält ein Armband mit einem Plastik-Nupsi, darin befindet sich ein Transponder, mit dem man nun alle Ess-, Trink- und sonstigen Bestellungen bezahlen kann. Außerdem dient dieses Ding als Schlüssel für die Garderobenschränke. Klamotten dort geparkt, flugs umgezogen (knielange Khaki mit geschätzt 150 Taschen, sehr empfehlenswert!), Handy, Fotoapparat und Krimskrams verstaut, und los ins Vergnügen.

Was auffällt? Es ist leer, blitzsauber und irgendwie bizarr. Ich meine, bitteschön, man steht in der tiefsten Lausitz, in der größten Halle, die man je betrat, und darf nun zwischen zwei Badeerlebnissen („Südsee“ und „Bali-Lagune“), einem „Tropischen Regenwald“ mit 20.000 Pflanzen, einem Kinderparadies, mehreren Restaurants (von denen allerdings die meisten eine identische Speisekarte habe), einem Zeltplatz, undundundundund wählen. Schon komisch.

Der Regenwald irritiert sehr, denn zwischen den Pflanzen sind Lautsprecher platziert, die allerlei Tiergeräusche abgeben, eines davon zwitschert genau so, wie der Default-Klingelton meines Siemens-Handys, sodass ich in der ersten Stunde permanent panisch in meine Hosentasche greife. Also wegen des Telefons jetzt. Ab in die Südsee.

Und das ist schön. Weil: Supersupersauber, ein geschwungenes Riesenbecken zum Schwimmen, zart geriatrisch durchpflügt von dreivier Senioren, ansonsten: KEIN SCHWEIN DA! Cool! Hunderte von Liegestühlen, fast alle ungenutzt. Sehr schön, hier kann in Ruhe geschwommen und danach gepflegt abgehockt werden.

Rüber zur Bali-Lagune.

Springbrunnen, Umfangreiche Wasserrutschen und Co. – himmelherrgott, meine Tochter wird bittere Zähren weinen, wenn sie die Fotos sieht und mich vorwurfsvoll anmeckern, warum ich sie nicht mitgenommen habe. Wirklich ideal für Kinder.

Grummelgrummel. Ich wollte doch einen Verriss schreiben, fiese Pointen setzen, Finger in Wunden streuen, all so böse Sachen, aber, hm. Bis jetzt ist’s eigentlich ganz gut.

Bestell ich halt mal Essen. Doch auch das: Gar nicht übel. Der Salat mit gebratenen Hühnerbruststreifen ist frisch und schmackhaft und überdies bezahlbar.

Zum späten Nachmittag hin wird’s draußen schwarzgrau und drinnen bunt. Changierende Farben überall.

Soll ich einen Cocktail bestellen? Ja? Na gut.

Und als ich zum ersten Schluck ansetze, beginnt Chris Martin über die übrigens hervorragende Hausanlage zu wimmern und zu jaulen: „When the truth is…. I miss you…“. Aber mir, mir ist das schon längst egal. Mir ist heut nämlich alles egal. Komplett, völlig und 1a). Super, Supersuper! Alles!

Der Betriebswirt in mir meckert, dass es das Tropical Island Ressorts eigentlich längst schon nicht mehr geben dürfte. Naja, solange es noch da ist, kann man sich da unter Ausschluss der Öffentlichkeit angenehmer als erwartet entspannen.