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in velo veritas

 

Langsam wird es kalt in Berlin. Unangenehm kalt. Und windig. In der Redaktion kommen die meisten nicht mehr mit dem Fahrrad zur Arbeit, sondern mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Das ist ja auch nicht zu beanstanden, viele Leute mögen das Radfahren halt vor allem in Verbindung mit einem Picknickkorb.
Die ersten paar Jahre bin ich ausschließlich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in Berlin umhergefahren. Bis mich eine Freundin darauf aufmerksam machte, dass man so ja gar nichts von der Stadt sehen würde. Und tatsächlich: Die U-Bahnhöfe Berlins kannte ich wie meine Westentasche, nur hätte ich mal vom einen zum anderen oberirdisch gelangen müssen – ich wäre verloren gewesen. Die banalen Einsichten sind ja die besten, seit diesem Tag besitze ich ein Fahrrad, mit dem ich leidenschaftlich gern fahre und dass ich gegen kein Auto der Welt eintauschen würde.
Heute bin ich also auch wieder mit eben diesem Fahrrad zur Arbeit gefahren, mit Handschuhen schon, es wird ja kalt. Und als ich so die Friedrichstraße entlang fuhr, dachte ich wieder an den guten Rat meiner Freundin und wie Recht sie damit hatte. Es ist nicht nur dieses Gefasel von wegen gesund. Wer in der U-Bahn fährt, lernt eben nur U-Bahnhöfe kennen. Wer Auto fährt, sieht den Himmel nicht (und wer es versucht, hat danach meist einen recht nahen Blick auf die nächst gelegene Straßenlaterne). Wer in Berlin Fahrrad fährt, ist nicht nur meist schneller als die anderen Verkehrsteilnehmer: Er atmet Berlin, er sieht Berlin und er kann nach einiger Zeit tatsächlich sagen, er kennt Berlin.


Falko Müller