Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Chinas Yuan-Poker

 

Der Yuan fällt und fällt. Diesen Anschein hat er zumindest in den vergangenen Tagen gemacht. Tatsächlich hat die chinesische Währung seit Anfang vergangener Woche 1,2 Prozent an Wert eingebüßt. Die Abwertung kommt überraschend. Denn noch vor wenigen Wochen hatte die chinesische Zentralbank angekündigt, dass sie den Yuan schon bald völlig freigeben werde – was nichts anderes als Aufwertung heißt. Doch genau das könnte der Grund für die Abwertung der vergangenen Tage sein.

Insbesondere die USA, aber auch andere Länder, haben viele Jahre lang beklagt, dass China seine Währung künstlich niedrig hält und sich auf diese Weise Exportvorteile sichert. Die chinesische Führung hat das zwar stets bestritten, zeigte sich aber seit 2010 willig, den Yuan doch langsam, aber stetig aufzuwerten. In den vergangenen Jahren ist sein Wert zum Dollar um fast 25 Prozent gestiegen. Dies hatte die Kritik der USA zuletzt verstummen lassen.

Doch was ist in den vergangenen Tagen geschehen? Die Einschätzungen gehen auseinander. Einige Währungsexperten gehen davon aus, dass die chinesische Notenbank anders als in der Vergangenheit gar nicht interveniert habe, sondern die allgemeine derzeitige Schwäche der Schwellenländer auch Chinas Währung in den Abgrund zieht. Brasilien, Argentinien, Indien und die Türkei haben turbulente Wochen hinter sich. Die Kurse ihrer Währungen sind seit Jahresbeginn um 20 Prozent und mehr eingebrochen. Grund ist die Ankündigung der US-Zentralbank, die US-Geldpolitik zu straffen. Anleger aus aller Welt halten die USA wieder zunehmend für attraktiv, ziehen ihr Geld dafür aus den Schwellenländern ab.

Auch wenn China als das größte Schwellenland von dieser Entwicklung ebenso betroffen sein müsste und die Konjunkturdaten der Volksrepublik momentan tatsächlich auch nicht mehr rosig aussehen, fällt dieser Grund aber aus. Chinas Zentralbank hat den Yuan ja an den Dollar gekoppelt und lässt lediglich marktbedingte Wechselkursschwankungen von maximal einem Prozent am Tag zu. Und während in anderen Ländern die Währungen fallen, weil der Export schwach ist und mehr Kapital aus dem Land rausgeht als hineinkommt, hat China dieses Problem momentan auch nicht. Der Export der Volksrepublik ist allein im Januar um zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Die Märkte dürften also nicht der Grund für den derzeit recht abrupten Yuan-Absturz sein.

Sehr viel plausibler klingt die Vermutung, die chinesische Zentralbank habe den Yuan in den vergangenen Tagen bewusst abgewertet. Was könnte sie damit bezwecken wollen? Analysten gehen davon aus, dass Chinas Notenbank damit Währungsspekulanten zuvorkommen will. Eben weil sie eine Erweiterung der Schwankungsbreite für dieses Jahr in Aussicht gestellt hat und sogar eine vollständige Freigabe in naher Zukunft nicht mehr ausschließt, spekulieren Anleger weltweit auf einen dauerhaft steigenden Yuan und kaufen daher derzeit nicht nur eifrig in großen Mengen Yuan-Scheine auf, sondern sorgen insgesamt derzeit für einen Zustrom ausländischen Kapitals nach China, sogenanntem „heißen Geld“. Das wiederum bläht Märkte wie etwa den Immobiliensektor gefährlich auf.

Zudem unterminiert das den Zeitplan, den die chinesische Zentralbank zur Liberalisierung des Yuan sich selbst gesetzt hat. Deshalb setzt sie derzeit alles daran, den Yuan für ausländische Anleger weniger attraktiv zu machen und wertet ihn ab. Kurzfristig orientierten Währungsspekulanten mag sie damit einen Strich durch die Rechnung zu machen. Ob sie sich diese Investoren auf mittlere Sicht vom Leib hält, sei dahingestellt. Auch Spekulanten schenken dieser Maßnahme keinen Glauben und nutzen den derzeit niedrigen Kurs, um noch mehr Yuan zu kaufen. Sie gehen ebenfalls davon aus, dass die Abwertung des Yuan nicht von Dauer sein wird, sondern die Zentralbank an ihrem Kurs der Liberalisierung ihrer Währung festhalten wird – und damit die Phase der Aufwertung weitergeht.