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Smog in China – wenig Chancen auf Besserung

An drei Tagen schien in Peking die Sonne. Doch am Wochenende haben sich wieder die dichten Nebelschwaden über die 20-Millionen-Stadt gelegt, die bereits in der vergangenen Woche den Pekingern sieben Tage lang mit extrem hohen Feinstaubwerten den Atem geraubt haben. Der Smog ist wieder da.

Das chinesische Umweltministerium hatte bereits Anfang Januar sämtliche Provinzen und Stadtverwaltungen angewiesen, die Luftverschmutzung deutlich zu senken. Bis 2017 müssen sie den Feinstaubgehalt in der Luft zwischen fünf und 22 Prozent reduzieren. Die Stadt Peking etwa soll die Feinstaubbelastung jährlich um ein Viertel senken, die weniger vom Smog betroffene Wirtschaftsmetropole Shanghai um ein Fünftel. Sollten die Städte und Provinzen diese Vorgaben nicht erfüllen, müssen die Verantwortlichen mit harten Strafen rechnen, kündigte die Zentralregierung an.

Nun haben Ökonomen nachgerechnet und kommen zum Ergebnis, dass China selbst mit großer Anstrengung die selbst gesteckten Ziele nicht erreichen wird. Weiter„Smog in China – wenig Chancen auf Besserung“

 

Selbst Hunde tragen Atemmasken

Hochhäuser sind in Peking derzeit nur in Facetten zu erkennen. FOTO: FELIX LEE
Hochhäuser sind in Peking derzeit als Schemen zu erkennen. FOTO: Felix Lee

Peking verblasst im Smog. Wenn ich aus meinem Fenster schaue, kann ich die Fassaden der gerade einmal 100 Meter entfernten Hochhäuser kaum mehr erkennen. Seit einer Woche hängen dicke, rußige Nebelschwaden in der Luft. Die Luftmessungen der US-Botschaft hier vor Ort ergaben Werte von über 500 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter. Die Weltgesundheitsorganisation hält alles über 30 Mikrogramm für gesundheitsgefährdend.

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Chinas Staatsmedien reden den Smog schön

Chinesen sagen westlichen Medien gerne nach, sie würden stets das Haar in der Suppe suchen. Die Berichterstattung erscheint ihnen oft zu kritisch, zu negativ. In China ist es umgekehrt: Die chinesischen Staatsmedien sind dazu angehalten, aus jedem Ereignis eine positive Erkenntnis zu ziehen. Ihren Auftrag haben sie in diesen Tagen mal wieder mehr als erfüllt.

Am vergangenen Wochenende versank eine Reihe von chinesischen Großstädten zum wiederholten Mal unter einer dichten Smogdecke. Die Feinstaubwerte in der Luft lagen vielerorts bei dem 30- und 40-fachen des Grenzwerts, den die Weltgesundheitsorganisation für unbedenklich hält. In einigen Städten war die Sicht so schlecht, dass Flüge gestrichen und Schulen geschlossen werden mussten. Die Zahl der Menschen mit Atemwegserkrankungen stieg in Shanghai, Nanjing und Peking. Trotz der „Airpokalypse“ fanden die regierungseigenen Zeitungen und Sendern dennoch jede Menge Gründe, dem Smog auch etwas Positives abzuringen. Weiter„Chinas Staatsmedien reden den Smog schön“

 

Die Autobranche kommt in China zu gut davon

Der Schrecken vieler Pekinger sitzt noch immer tief. Anfang des Jahres hatte die Luftverschmutzung in der chinesischen Hauptstadt neue Spitzenwerte von 800 Mikrogramm Feinstaub (Partikelgröße 2,5 Mikrometer) pro Kubikmeter Luft und mehr erreicht. Dabei warnt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits ab Werten von 30 Mikrogramm vor gesundheitlichen Folgen. Peking und eine Reihe weiterer chinesischer Millionenstädte verschwanden zeitweise über mehrere Wochen hinweg unter einer dichten Smogdecke.

Nun wird die chinesische Regierung im Kampf gegen die dramatische Luftverschmutzung aktiv. Sie hat vergangene Woche einen Aktionsplan verabschiedet, mit dem Ziel, den hohen Feinstaubgehalt bis 2017 um mindestens 30 Prozent zu verringern. So soll der Anteil von Kohle an der im ganzen Land verbrauchten Energie von 70 Prozent um fünf Prozentpunkte sinken.

Besonders betroffen sind Industrieanlagen, die älter als 20 Jahre sind. So sehr sich die chinesische Führung aber darum bemüht, dieser Luftverschmutzung Herr zu werden, und gegen Energiewirtschaft und Industrie entschlossen vorgeht: Die Automobilindustrie bleibt weitgehend verschont. Weiter„Die Autobranche kommt in China zu gut davon“

 

Europäer flüchten vor schlechter Luft in China

Fußgänger mit Atemmaske in Haozhou, Provinz Anhui © STR/AFP/Getty Images
Fußgänger mit Atemmaske in Haozhou, Provinz Anhui © STR/AFP/Getty Images

 

 

 

 

 

 

 

 

Wegen Smog und Umweltbelastungen in China wollen offenbar die ersten Europäer aus China wegziehen, zeigt eine Umfrage des Stellenportals SinoJobs. Danach erwägt fast die Hälfte der in China arbeitenden Europäer, wegen des Smogs den Aufenthalt zu verkürzen. 13 Prozent der Befragten planten einen Umzug in eine andere Region in China. 42 Prozent der Befragten gaben an, dass sich die Luftverschmutzung nicht auf ihre Arbeits- und Lebensplanung auswirke. Insgesamt nahmen rund 2.400 Nutzer an der Onlineumfrage teil.

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China wird weltgrößte Atomkraftnation

Es war ein Irrglaube. Er sorgte dafür, dass Chinas Pläne zum Ausbau der Atomkraft für einen kurzen Moment ins Wanken gerieten. Im März 2011, kurz nach dem Unfall im japanischen Kernkraftwerk Fukushima, war Salz in chinesischen Supermärkten ausverkauft. Die Chinesen meinten, man könne sich mit dem erhofften Jod im Salz vor radioaktiver Strahlung schützen.

Die Panikkäufe machten der chinesischen Regierung klar: Sie kann die Katastrophe von Fukushima im Nachbarland nicht einfach ignorieren. Wie die meisten Länder legte China deshalb den Bau all seiner vorgesehenen Atomkraftwerke für kurze Zeit auf Eis.

Heute ist von dieser Vorsicht nichts mehr übrig. Bereits im vergangenen Jahr hat die chinesische Regierung den Baustopp aufgehoben. Mitte Februar ging mit Hongyanhe in der nordöstlichen Provinz Liaoning der erste neue Meiler ans Netz – und das war erst der Anfang. Weiter„China wird weltgrößte Atomkraftnation“

 

Chinas legt radikalen Umweltplan vor

Skyline von Hongkong, im Smog © Philippe Lopez/AFP/Getty Images
Skyline von Hongkong, im Smog © Philippe Lopez/AFP/Getty Images

Chinas Führung reagiert endlich auf die schweren Smogprobleme des Landes. Es will bis zum Jahr 2017 den Schadstoffausstoß in der Schwerindustrie um mindestens ein Drittel senken. Das hat die Regierung in einem Zehn-Punkte-Programm Ende vergangener Woche angekündigt. Vor allem die Eisen-, Stahl-, Erdöl- und Zementindustrie müssen mit sehr viel strengeren Vorgaben rechnen. Wenn Unternehmen sich um Lizenzen bewerben, etwa für die Rohstoffförderung, sollen die neuen Umweltauflagen sogar ab sofort gelten.

Der radikale Eingriff ins Wirtschaftsleben ist ein weiterer Schritt der Regierung, die schwere Smogproblematik des Landes in den Griff zu bekommen. Er passt in die aktuelle Stimmung in der Politik.

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Chinas Angst ums Trinkwasser

Rätselraten um das Schweinesterben am Huangpu: Seit Tagen werden am Stadtfluss der Hafenmetropole Shanghai tote Schweine und Sauen angeschwemmt. Bis Dienstagabend waren es nach Angaben der Stadtverwaltung 5.916.

Woher die Tiere stammen, ist bislang unklar. Die Behörden teilen mit, die toten Schweine seien wohl in der Stadt Jiaxing flussaufwärts in der Provinz Zhejiang ins Wasser geworfen worden. Gleichzeitig ist jedoch nicht von einer Schweineepidemie in Jiaxing die Rede, auch nicht von vergiftetem Wasser. Das Landwirtschaftskomitee von Jiaxing bestätigte lediglich, dass sie in einem Kadaver ein für Schweine gefährliches Virus festgestellt habe. Menschen seien hingegen nicht in Gefahr. Auch die Stadtoberen von Shanghai versichern, das Trinkwasser sei nicht gefährdet.

Das Problem ist nur: Kaum einer in China glaubt ihnen. Weiter„Chinas Angst ums Trinkwasser“

 

Lieber Smog im Filter als in der Lunge

Irgendwann vergangenen Oktober war es in Peking schon einmal so trübe. Die US-Botschaft, die auf ihrem Dach die aktuelle Luftverschmutzung selbst misst und stündlich twittert, vermeldete einen Wert um die 400. So viel Mikrogramm potenziell schädlicher Feinstaubpartikel kleiner als 2,5 Mikrometer schwirren im Schnitt in einem Kubikmeter Luft.

Ab einem Wert von 30 Mikrogramm pro Kubikmeter warnt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Alles über 300 gilt als gefährlich. Die Teilchen sind so winzig, dass sie die Lunge durchdringen können und das Risiko für Krebserkrankungen in Herz und Lunge erhöhen. Ab 500 hört das Messgerät der US-Botschaft auf zu zählen. Im Oktober ging ich zum nächsten Elektronikgeschäft und kaufte für umgerechnet rund 300 Euro einen Luftreiniger aus Schweden, der laut Beschreibung angeblich 99,97 Prozent der fiesen Partikel in einem Raum herausfiltert. Auf das Gerät setzte ich auch am vergangenen Wochenende meine Hoffnung. Weiter„Lieber Smog im Filter als in der Lunge“

 

Chinas schmutzige Zukunft

Am vierten Tag des großen Smogs hat die Stadtverwaltung in Peking reagiert. Für das gesamte Stadtgebiet gilt nun Alarmstufe Orange. Seit dem frühen Montagmorgen müssen 54 Fabriken im Stadtgebiet ihren Schadstoffausstoß verringern. 28 Großbaustellen haben die Arbeit eingestellt. Regierungsangestellte sind aufgefordert, ihre Autos stehen zu lassen und auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen.

Tatsächlich ist der Schwefelgeruch am Montag nicht mehr ganz so durchdringend wie am Wochenende. Offiziellen Angaben zufolge lagen die Feinstaubwerte am Samstag zeitweise bei mehr als 700 Mikrogramm pro Kubikmeter. Die US-Botschaft, die eigene Untersuchungen vornimmt und diese im Internet veröffentlicht, hatte zwischendurch sogar 884 Mikrogramm gemessen – was bei vielen nach nur kurzer Zeit unter freiem Himmel bereits Kopfschmerzen auslöste. Ein chinesisches Medium berichtet, dass sich die Zahl der Herzinfarkte seit dem vergangenen Freitag verdoppelt habe. Bestätigt wurde das von offizieller Seite nicht. Schon 20 Mikrogramm beeinträchtigen laut der Weltgesundheitsorganisation die Gesundheit. Werte über 300 gelten als gefährlich. Bei über 500 hören in China die öffentlich abrufbaren Messstellen auf zu zählen. Am späten Montagnachmittag schwirrten pro Kubikmeter noch 317 Mikrogramm Feinstaub durch die Luft.

Ein umfassendes Fahrverbot will die Regierung weiterhin nicht verhängen, weil sie meint, es bringe nur wenig. Womit sie recht hat. Weiter„Chinas schmutzige Zukunft“