Lesezeichen
‹ Alle Einträge

VELOBerlin: Smartphone als Fahrradschloss

 

Die Fahrradwelt ist bunt, und Überraschungen warten überall. Das hat am Wochenende erst wieder die VELOBerlin bewiesen. Zwei Messen innerhalb von einer Woche – da kann eigentlich nicht viel Neues dabei sein, denkt man. Ist aber nicht so. Unterschiedlicher als die VELOBerlin und die Berliner Fahrradschau können Fahrradmessen wohl kaum sein. Ein Besser oder Schlechter gibt es dabei nicht. Jede Messe hat ihren besonderen Charme und ihre individuelle Ausrichtung. Bei vielen Ausstellern und Rednern ging es am Wochenende darum, den Komfort beim Radfahren zu steigern.

Interessant waren auf der VELOBerlin die verschiedenen Vorträge zur urbanen Mobilität. Ein Thema unter anderen war die Fahrradkultur im direkten Vergleich zwischen Deutschland und seinen Nachbarländern Dänemark und Niederlanden.

Dass die Berliner Radverkehrsplanung die Nachbarn nicht gerade inspiriert, kann man sich denken. Allerdings bemerkten die Referenten, dass sich Berlin aus Radfahrersicht in den vergangenen fünf Jahren sehr verändert habe. Radfahren sei mittlerweile in Berlin modern, stellte Aletta Koster fest, Direktorin der niederländischen Cycling Embassy. Es gebe viele gute kreative Lösungen für den Radverkehr in der Stadt.

Den Experten fehlt allerdings mehr Kontinuität in der Verkehrsplanung. Aletta Koster verwies auf die vielen Varianten, wie Berlins Radfahrer über Kreuzungen geleitet werden. Ihr Eindruck: An den Kreuzungen in der Hauptstadt gehe es oftmals zu wie auf einem Schlachtfeld. Gerade für den Nachwuchs sei es aber wichtig, dass er sicher unterwegs sei.

Straßensheriff heißt jetzt Wegeheld

Sicheres und vor allem ungehindertes Radfahren ist auch das Anliegen von Heinrich Strößenreuther, der auf der Messe seine Wegeheld-App vorgestellt hat. Mit ihrer Hilfe sollen notorische Falschparker und beliebte Falschparkerschwerpunkte aufgedeckt werden. Im Herbst ist Strößenreuther mit einer Crowdfunding-Kampagne für den ersten Entwurf der App gescheitert, damals hieß sie noch Straßensheriff – Velophil berichtete hier. Jetzt hat sie einen neuen Namen und kommt deutlich gemäßigter daher.

Die Idee ist, Autos zu fotografieren, die auf Geh- oder Radwegen parken oder Busspuren oder Behindertenrampen versperren. Das Foto kann dann über die kostenlose Wegeheld-App via Facebook oder Twitter veröffentlicht werden. Das funktioniert nur mit geschwärztem Nummernschild. Als Zusatzoption kann das Foto auch ans Ordnungsamt mit sichtbaren Nummernschild gesendet werden. In der Straßensheriff-Version sollten die Falschparker erst auf ihr Vergehen hingewiesen werden und – falls sie sich als Wiederholungstäter entpuppten – via App per Fingertipp direkt angezeigt werden.

„Falschparken ist kein Kavaliersdelikt“, sagt Strößenreuther. Mit Wegeheld beziehe er klar Stellung für klima- und menschenfreundliche Städte. Die Positionen der Falschparker werden auf einer Karte mit Datum und Uhrzeit festgehalten. Auf diese Weise werden Schwerpunkte mit Ort und Zeit sowie Wiederholungstäter für die Ordnungsämter sichtbar. Strößenreuther sieht darin eine Chance für die Ordnungsämter, gezielter gegen notorische Parksünder vorgehen zu können. Er will damit den Radfahrern den Rücken stärken.

Elektronisches Schloss

Ebenfalls via App kommuniziert das Stromer ST2 mit seinem Besitzer. Abschließen braucht der Fahrer sein schnelles Pedelec theoretisch nicht mehr. Wird das Rad von seinem Stellplatz fortbewegt, sendet es eine Nachricht an seinen Besitzer. Vermutet dieser, dass sein Pedelec gerade gestohlen wird, kann er es via Smartphone sperren. Dann rollt das Rad noch maximal 15 Meter, bevor es blockiert. Per GPS-Funktion kann der Besitzer den Standort seines Rads sofort bestimmen.

© Reidl
© Reidl

Laut Hersteller ist das ST2 das erste E-Bike der Welt mit Bluetooth, GPS und GSM. Mithilfe von Omni, einer vollständig integrierten Benutzeroberfläche im Oberrohr, „kommuniziert“ es via SIM-Karte mit dem Smartphone seines Fahrers. Dadurch ist es möglich, ein Software-Update weltweit und gleichzeitig auf alle ST2-Modelle zu überspielen. Auf Wunsch kann das aber auch via Kabel der Händler vornehmen.

© Reidl
© Reidl

Das ST2 ist ein schnelles Pedelec, fährt also bis zu 45 km/h. Es hat einen 500 Watt-Hinterradnaben-Motor und eine angegebene Reichweite von 150 Kilometern. Die Angabe macht skeptisch. Mit einer Geschwindigkeit von um die 40 Stundenkilometer wird man diese Reichweite nicht erreichen. Aber mit einem 814 Wh starken Lithium-Ionen-Akku hat das Pedelec reichlich Reserven.

Fahrradfilme

Am Sonntag wurden auch die Gewinner des VELOBerlin Film-Awards bekannt gegeben. Den ersten Preis erhielten die Amerikaner John Benson and Ward Evans für ihren Film Motherf*cking Bike – eine Hymne ans urbane Radfahren. Das Video ist oben zu sehen. Platz zwei ging an The Spokesman. Den Film habe ich bereits hier im Blog vorgestellt. Besonders gut hat mir die animierte Bewegungsstudie Cycle gefallen, die klassische Radtypen zeigt und in dem unten stehenden Video zu sehen ist. Die beiden Israelis Amir Porat und Mor Israeli haben damit den fünften Platz belegt. Alle weiteren Filme gibt es hier.