Radfahrer machen einen immer höheren Anteil an den Verkehrstoten in Deutschland aus. Das geht aus einer Studie hervor, die der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) am Dienstag in Münster vorgestellt hat. Der GDV fordert, die Autos umzurüsten, um den Radfahrerschutz zu erhöhen. Das ist wichtig, löst aber nicht das Problem.
Im Jahr 2014 waren rund zwölf Prozent der getöteten Verkehrsteilnehmer Radfahrer. Damit ist ihr Anteil an allen Verkehrstoten in den vergangenen Jahren um 50 Prozent gestiegen. Die schwerwiegendsten Folgen haben Zusammenstöße mit Autos: Bei mehr als einem Drittel der getöteten Radfahrer und bei fast der Hälfte der schwerverletzten Radfahrer war der Unfallgegner ein Pkw.
Die aktuellen Sicherheitssysteme der Autos nutzen Radfahrern wenig – sie sind für Fußgänger entwickelt worden. „Speziell zum Schutz von Radfahrern wurden bisher keine Maßnahmen eingeführt“, schreibt der GDV. Nur ein spezieller Airbag, der den gesamten Scheibenrahmen abdeckt, könnte laut des Verbandes die Sicherheit für Radfahrer erhöhen. Der sei aber konstruktiv aufwendig und teuer und werde von keinem Hersteller angeboten.
Den größten Sicherheitsgewinn brächte laut GDV eine automatische Notbremse, die Fahrradfahrer zuverlässig erkennt und die Geschwindigkeit signifikant reduziert. Deshalb fordert der Verband die Serieneinführung des Notbremsassistenten.
Die Infrastruktur ist das Problem
Wie der Airbag für den Fahrer muss der Notbremsassistent langfristig zur Standardausrüstung der Autos gehören. Allerdings werden damit im Idealfall nur die Unfallfolgen abgeschwächt. Die eigentliche Ursache bleibt bestehen.
Doch wie verhindert man tödliche Unfälle für Radfahrer? Immer wieder heißt es: Wo Menschen viel Rad fahren, geschehen weniger schwere Radunfälle. Das zeigt der Vergleich zwischen den Niederlanden und Großbritannien, den ZEIT ONLINE im März dieses Jahres veröffentlicht hat. Demnach geschehen in den Niederlanden, wo sehr viel Rad gefahren wird, weniger als halb so viele tödliche Fahrradunfälle pro einer Milliarde Kilometer wie in Großbritannien, wo erheblich weniger Strecken mit dem Fahrrad zurückgelegt werden.
In Deutschland ist in den vergangenen Jahren der Anteil der Radfahrer ebenfalls gestiegen. Die Radfahrer sind zudem schneller unterwegs, und auch der Anteil der älteren Radler wächst. Aber mehr Radfahrer auf den Straßen, das allein reicht offenbar nicht aus, um die Unfallgefahr zu reduzieren. In seiner Untersuchung Planung verkehrssicherer Infrastruktur für den zukünftigen Radverkehr stellte der GDV das Gegenteil fest: Auf Straßen mit Radwegen nehmen die Unfälle zu, wenn der Radverkehr wächst. Besonders häufig kommt es zu Zusammenstößen an Einmündungen und Grundstückszufahrten.
Immer noch ist die Infrastruktur das Problem. Hier muss dringend nachgebessert werden. Oftmals hilft es bereits, wenn die aktuellen Empfehlungen für Radverkehrsanlagen umgesetzt werden. Demnach soll ein nur in einer Richtung zu befahrender Radweg zwei Meter breit sein, ein Radweg, der in zwei Richtungen befahren werden kann, soll drei Meter Breite haben.
Würden diese Regeln umgesetzt, wäre tatsächlich vielerorts das Radfahren bedeutend sicherer. Der GDV empfiehlt dieses Regelwerk strikt einzuhalten.
Außerdem sieht der Verband, dass mit einem wachsenden Radfahrer-Anteil Fahrradstraßen und das Radfahren auf der Fahrbahn eine zunehmend wichtige Rolle spielen werden, Letzteres gerade im Bereich von Unfallschwerpunkten wie Einmündungen und Grundstückszufahrten. Radfahrer sind bereits heute gern auf der Fahrbahn unterwegs – weil man besser sieht und gesehen wird.