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Stets im richtigen Gang

Das Technologieunternehmen Altran hat eine Schaltung entwickelt, die selbstständig die Gänge wechseln soll, und zwar drahtlos und elektrisch. Der Fahrer muss nur noch treten, den Rest erledigt das Fahrrad. Es schaltet beim Bremsen auch automatisch zurück. In dem Video wird der Prototyp vorgestellt.

Projektmanager Mark Wilson hat mit seinem Team von Cambridge Consultants, einem Tochterunternehmen der Altran Group, die Technologie entwickelt. Das System ist auf der elektronischen Schaltung Di2 von Shimano aufgebaut.

Doch anders als bei einem Kfz-Automatikgetriebe muss die Automatikschaltung beim Fahrrad die Fähigkeiten und Vorlieben des Fahrers berücksichtigen. Deshalb beachtet laut Wilson die dazugehörende Smartphone-App die Trittfrequenz des Fahrers. Die Kabel zwischen Schaltung am Lenker und den Gängen am Hinterrad wurden durch eine Bluetooth-Funkverbindung ersetzt. Außerdem gibt es einen Raddrehzahlsensor und einen Trittfrequenzsensor. „Das Smartphone empfängt die Signale der Sensoren und steuert entsprechend die Gänge über eine verschlüsselte Verbindung“, erklärt Wilson.

Der Fahrer kann sich aber jederzeit einschalten. „Über drahtlose Tasten am Lenker kann er die Gänge manuell wechseln ohne die Hände vom Lenker zu nehmen“, sagt Wilson.

Sollte die drahtlose Automatikschaltung in Serie gehen, ist sie als Rennradschaltung wohl eher für Liebhaber oder für Leistungssportler interessant. Für Letztere wurde sie anfangs zu Trainingszwecken entwickelt.

Bemerkenswert ist dennoch, wie sich das Spektrum des Fahrrads mittels Smartphone-Technologie erweitert. Steuerbare Belastungsstufen sind beispielsweise auch für Wiedereinsteiger nach Unfällen oder Reha-Patienten interessant. Das Rennrad mit einer manuell bedienbaren Kettenschaltung wird es sicherlich immer geben. Der Käufer hat nur immer mehr Wahlmöglichkeiten.

 

Getriebe für Fahrräder

© Pinion

Lange Zeit galt die Rohloff-Schaltung als die Königin unter den Nabenschaltungen. Im Gegensatz zu Kettenschaltungen ist ihr Gehäuse gekapselt und damit wartungsarm. Vor ein paar Monaten hat sie nun Konkurrenz bekommen. Zwei junge Entwickler haben mit dem Pinion P1.18. ein Getriebe fürs Fahrrad auf dem Niveau eines Autogetriebes auf den Markt gebracht. Die ersten Räder mit diesem Getriebe sind bereits ausgeliefert.

Die Anleihe in der Autobranche lag für die beiden Entwickler nahe. Schließlich haben sich Christoph Lermen (Diplom-Ingenieur) und Michael Schmitz (Wirtschafts-Ingenieur) als Werksstudenten in der Getriebeabteilung bei Porsche kennengelernt. Die beiden interessierten sich nicht nur für Motoren, sondern fuhren auch gern Mountainbike. Und noch eines teilten sie: ihre Unzufriedenheit mit der Kettenschaltung. In ihren Augen eine völlig veraltete Technik.

Vier Jahre lang haben die beiden Modelle entwickelt, verworfen, überarbeitet und schließlich produziert. Sie hatten Glück. Nach einigen Anläufen haben sie einen Investor gefunden, der mehr Mentor war als Geldgeber und sich mit der Technik auskannte. Er ließ sie in Ruhe arbeiten – und seit einigen Monaten werden Räder mit dem Pinion-Getriebe ausgeliefert.

© Pinion

Die Stuttgarter haben zwei Teilgetriebe mit drei und sechs Gängen hintereinander geschaltet. So erhält das Getriebe 18 echte Gänge. Kettenschaltungen haben bis zu 27 Gänge, aber es überschneiden sich viele Schaltstufen und so stehen effektiv nur 14 zur Verfügung, wie bei der Rohloff-Schaltung. Das Gesamtübersetzungsverhältnis ist im Pinion-Getriebe mit 636 Prozent höher als bei allen Kettenschaltungen; das heißt, vom kleinsten bis zum größten Gang steht eine größere Bandbreite zur Verfügung.

Eine weitere Besonderheit des Konzepts: Anders als herkömmliche Schaltungen ist das Getriebe von Pinion nicht in der Fahrradnabe untergebracht, sondern sitzt direkt im Tretlager. Damit ist es optimal platziert: tief im Rahmen und ziemlich genau in der Fahrzeugmitte. Das ist gut für die Fahreigenschaften. Denn das zusätzliche Gewicht im Hinterrad entfällt. Die Fahrdynamik wird von der Schaltung praktisch gar nicht mehr beeinflusst.

Einen extremen Belastungstest hat sie schon bestanden: Ein befreundeter Extremradler fuhr mit dem Getriebe im Himalaja-Gebirge: 1.500 Kilometer weit, 24.000 Höhenmeter über die Strecke. Das Getriebe arbeitete wie ein Uhrwerk.

Die Pinion-Erfinder Christoph Lermen (rechts) und Michael Schmitz © Pinion