Als Ergebnis einer neuen Studie beschreibt der Auto Club Europa (ACE) Fahrradfahrer als „Zebrastreifen-Muffel“ und „Rüpel-Radler“, weil sie angeblich die Regeln nicht beachteten. Dieses Fazit ist erstaunlich und teilweise falsch.
Im Sommer hatten „ehrenamtliche Inspektoren des Clubs“ nach Angaben des ACE das Verhalten von 30.055 Kraftfahrern, 36.073 Fußgängern und 13.324 Radfahrer beobachtet und ausgewertet. Ihr Ergebnis: Mehr als jeder zweite Radler (56,8 Prozent) „missachtet das Haltegebot an Zebrastreifen, wenn dort Fußgänger unterwegs sind“, und gut zwei Drittel (67,6 Prozent) stiegen beim Queren der Straße nicht „wie vorgeschrieben“ ab und schöben das Fahrrad über den Zebrastreifen. „Sie wechseln verbotenerweise fahrend die Straßenseite und rangeln mit Fußgängern um die schnellste Passage“, schreibt der ACE. Sein Urteil: „Radler sind die allergrößten Zebrastreifen-Muffel.“
Diese Bewertung ist ärgerlich – denn der ACE gibt die Rechtslage nicht ganz korrekt wieder.
Es ist ein verbreiteter Irrglaube, dass Radfahrer am Zebrastreifen absteigen müssten, wenn sie hier die Straße überqueren wollen. „Sie dürfen ihn befahren“, sagt Bettina Cibulski, die Sprecherin des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). In diesem Fall ist der Zebrastreifen aber kein Schutzbereich mehr für sie. Anders ist die Lage, wenn ein Radfahrer auf einem Pedal steht und über den Zebrastreifen rollt, indem er sich von Boden abstößt. Dann ist er Fußgänger und genießt auch dessen Rechte.
Radfahrer müssen jedoch Fußgängern auf dem Zebrastreifen Vorrang gewähren. Fraglich ist, wie eng der ACE diesen Vorrang definiert. Es ist realitätsfern zu erwarten, dass Radfahrer warten, bis sich kein Fußgänger mehr auf dem Zebrastreifen befindet, bevor er ihn überfährt. Entscheidend ist vielmehr, dass man aufeinander Rücksicht nimmt und Velofahrer Fußgängern den Platz einräumen, den sie brauchen.
Das gilt auch beim Halten am Zebrastreifen, wenn der Radfahrer auf der Straße unterwegs ist. Es ist üblich und sinnvoll, dass Velofahrer größere Lücken im Fußgängerfluss nutzen, um den Zebrastreifen zu überqueren. Stets vorausgesetzt, dass kein Fußgänger bedrängt oder belästigt wird.