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Bike-Sharing ist ein Zukunftsmarkt

In Zukunft werden nicht nur Autos und Parkplätze, sondern auch Fahrräder geteilt. Dieser Markt bietet viel Wachstumspotenzial, das stellen die Verfasser der Roland-Berger-Marktstudie „Shared Mobility“ fest und rechnen bis 2020 mit jährlichen Zuwachsraten beim Bike-Sharing von 20 Prozent.

Das Fahrrad zu teilen – solche Systeme gibt es in einigen Städten heute bereits. In Aachen soll im Herbst „Velocity Aachen“ starten. Das Ziel ist es, dort ein Pedelec-Verleihsystem mit 1000 Pedelecs an 100 Stationen zu installieren. In den kommenden Wochen beginnt die Testphase mit ausgewählten Nutzern und vier Stationen.

Die Autoren der Berger-Studie sehen vier Trends, die dafür sorgen, dass die Menschen ihr Verhaltensmuster ändern: Ressourcenknappheit, Konsumkultur, Digitalisierung und Demografie.

Deutschland ist ein rohstoffarmes Land. Hier wie in anderen Ländern werden die knapper werdenden Rohstoffe die Energiepreise in den kommenden Jahren weiter in die Höhe treiben und so die Nachfrage nach effizienten und kostengünstigen Mobilitätsdienstleistungen und Technologien weiter steigern. Und in Zukunft werden noch mehr Menschen in Städten leben. Aber hier fehlt nicht nur der Raum, um die Verkehrsinfrastrukturen wesentlich zu erweitern, sondern auch das Geld, um in neue und teure Infrastrukturen zu investieren. Und auch vielen Privathaushalten fehlt das Geld, da die Finanzkrise das Wirtschaftswachstum spürbar verlangsamt hat. Vor diesem Hintergrund wird laut der Roland-Berger-Studie die Praxis des Teilens von Dingen ein fester Bestandteil der wirtschaftlichen Gleichung werden.

Wandel der Konsumkultur

Bereits heute können sich in der industrialisierten Welt laut den Verfassern der Studie fast 60 Prozent der Autobesitzer vorstellen, ein Fahrzeug zu teilen. Das heißt nicht, dass die Menschen grundsätzlich weniger Auto fahren. Sie wollen es nur nicht mehr besitzen. Sie nutzen lieber die Dienste wie Car-Sharing oder Nachbarschaftsauto.

Bike-Sharing ist im Vergleich zu Car-Sharing noch eine recht junge Entwicklung. Es gab ein paar Versuche mit freien Systemen im vergangenen Jahrhundert, die aber alle recht schnell scheiterten, weil viele Räder gestohlen wurden. Seit Beginn des 21. Jahrhunderts breitet sich das Konzept in Deutschland über große Anbieter wie die Deutsche Bahn und Nextbike zügig aus. Der Markt ist aber noch ausbaufähig, in Europa und in den USA. 2007 wurden in den Vereinigten Staaten die ersten Leihstationen eingeführt. Mittlerweile kann man sich in über 30 Städten Räder leihen, weitere sollen folgen. Allein in Chicago registrieren die Betreiber von Divy Bikes in diesem Jahr jeden Monat mehr als 100 Neuanmeldungen.

Digitalisierung

Wichtige Impulsgeber beim Fahrradverleih sind die vielen Innovationen im Bereich der Kommunikationstechnologie. Neben dem organisierten Verleih, der dadurch einfacher wird, wird sich laut der Studie auch ein Markt an privaten Fahrrad-Verleihern entwickeln, die ähnlich der Schlafmöglichkeiten beim Coach-Surfing, Fremden ihre privaten Räder zur Verfügung stellen.

Neue Technologien machen das erst möglich, etwa das elektronisch Fahrradschloss Bitlock, das übers Smartphone bedient wird. Mithilfe der dazugehörigen App kann der Besitzer Freunden und Bekannten erlauben, sein Fahrrad zu nutzen. Über die App kann er auch definieren, wo sie das Rad wieder abstellen müssen. Auf diese Weise kann jeder Fahrradbesitzer eine Art privaten Fahrradverleih oder Bikesharing einrichten.

Der Hintergedanke für Hersteller wie Bitlock war, dass ein Verkehrsmittel über viele Stunden ungenutzt in der Stadt parkt. „Städte investieren Millionen Dollar in Bikesharing-Systeme mit Stationen, dabei sind so viele andere Fahrräder an normalen Ständern auf der Straße angeschlossen“, sagte Bitlock-Gründer Mehrdad Majzoobi dem US-IT-Nachrichtenangebot Cnet . „Warum können wir nicht einfach irgendwo ein Rad schnappen und damit losfahren?“

Demographie

Bereits heute lebt mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten. Experten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erwarten, dass 2050 zwei Drittel aller Menschen in Städten leben. Gefragt sind laut der Studie deshalb intelligente, kohlenstoffarme Mobilitätslösungen. Gerade im Hinblick auf die wachsende Zahl der Ein-Personenhaushalte und die höhere Lebenserwartung wird nach Meinung der Experten die Nachfrage nach individuellen Mobilitätsdienstleistungen weiter steigen.

Wir befinden uns also mitten in der Entwicklung, die die Studie beschreibt. Ein häufiger Trugschluss ist, dass das Teilen von Fahrzeugen Verzicht bedeutet. Dabei ist insbesondere in der Großstadt meistens genau das Gegenteil der Fall.

 

Elektrofahrräder zum Falten und mit GS-Siegel

Pony von BlueLabel; © Kay Tkatzik/pd-f.de
Pony von BlueLabel/Riese und Müller; © Kay Tkatzik/pd-f.de

Auf der Eurobike gibt es nur eine Teststrecke für Elektrofahrräder – mit einer Ausnahme: Beim Demo Day kann man auch herkömmliche Räder testen. Dann sind allerdings keine Aussteller von Reise- oder Citybikes dabei. Deshalb überwiegen im heutigen Rückblick noch einmal Elektrofahrräder zum Falten, für Autofreaks und den Alltagsradler. Außerdem gibt es jetzt das erste Pedelec mit GS-Zeichen. Weiter„Elektrofahrräder zum Falten und mit GS-Siegel“

 

Teil‘ dein Lastenfahrrad

www.economy-business.de
www.economy-business.de

Lastenräder sind perfekt zum Teilen. In Köln hat es der Verein „wie leben wir“ vorgemacht. Sie haben ein Lastenrad gekauft und wechselnde Verleihstationen organisiert, die Kasimir kostenlos für ein bis drei Tage aushändigen – ich habe im Herbst vergangenen Jahres schon einmal darüber berichtet. In Köln ist Kasimir ständig unterwegs.

Das System trifft den Zeitgeist. Jetzt wird Kasimir auch in anderen Städten kopiert: Dortmund hat einen Rudolf, Graz hat das Lastenrad Graz, München hat einen Daniel und Köln hat mit Konstanze und dem Rothehausrad gleich zweimal Zuwachs bekommen. Auch in Hamburg, Hannover, Oldenburg, Regensburg, Erlangen und Königsbrunn bei Augsburg wollen Initiativen und Fahrradclubs Lastenräder zum Teilen anschaffen. Inzwischen gibt es hier ein Wiki, das grundsätzliche Fragen beantwortet.

Was besonders reizvoll ist: Der Aufwand ist überschaubar, der große Effekt groß. Thomas Schmidt vom ADFC München ist von der Resonanz begeistert. Im Mai haben die Münchner das Rad bekommen, Anfang Juni war es bereits für die kommenden zwei Monate ausgebucht. Ein Großelternpaar habe seine Enkel damit zur Radtour ausgeführt. „Die beiden waren völlig begeistert, und fragten zaghaft nach, ob sie es noch mal ausleihen dürften“, erzählt Schmidt. Auf jeden Fall, lautete seine Antwort. Daniel sei ein freies Lastenrad, die Münchner bestimmten, was mit ihm passiere.

In der Regel sind die Lastenräder ein bis zwei Tage mit einem Mieter unterwegs. Demnächst leiht sich ein Kindergarten das Rad sogar für zwei Wochen aus. Die Idee ist, dass die Eltern es nach einigen Stunden Testfahrt weiterreichen und möglichst viele Familien Gelegenheit haben, es auszuprobieren.

Lastenräder für Kunden

Lastenräder können viel mehr transportieren, als man ihnen zutraut. In München, erzählt Schmidt, würden manche Radler sogar Teile ihres Umzugs damit stemmen. Auch Unternehmen entdecken die Lastenräder für ihre Kunden. Im Sommer eröffnete etwa die schwedische Kette in Hamburg-Altona eine Filiale mitten in der Fußgängerzone. Ein Novum, eigentlich zieht es das Möbelhaus an den Stadtrand. Ikea erwartete, dass jeder zweite Kunde mit öffentlichen Verkehrsmitteln, zu Fuß oder mit dem Fahrrad zum Einkaufen kommen wird.

Um den fehlenden Stauraum zu ersetzen hat Ikea kreative Alternativen für den Transport von Billy und Co. entwickelt. Neben den üblichen Transportern, Carsharing- und Möbeltaxi-Angeboten können die Kunden dort Sackkarren borgen, faltbare Fahrradanhänger, aber eben auch ein Fahrrad oder ein Lastenrad ausleihen. Für größere Möbel stehen Fahrradkuriere bereit, die mit E-Lastenfahrrädern unterwegs sind, die sogar eine Europalette fassen können. Teilweise lässt sich auch noch zusätzlich ein Anhänger ausleihen. Was für uns in Deutschland noch exotisch klingen mag, ist übrigens im niederländischen Groningen bei Ikea längst gängige Praxis.