Lesezeichen
 

Radfahren wie Mark Twain

Gerald-Hochrad
© Luftlos

„Nimm ein Hochrad. Du wirst es nicht bereuen, falls du es überlebst.“ So lautet der Schlusssatz von Mark Twains Essay Wie man ein Hochrad zähmt. Den schrieb er 1884 – und Twain hat nicht übertrieben. Einige haben sich seinerzeit beim Radfahren lernen das Genick gebrochen. Aber es gab auch andere, wie Thomas Stevens, die auf den Riesenrädern mit Vollgummireifen die Welt umrundeten.

Komfortabel war das sicherlich nicht. Aber selbst nach mehr als 100 Jahren üben die historischen Riesenräder auf viele Menschen noch ihren Reiz aus. Ihre Anhänger sammeln sie, putzen sie heraus und einige wenige fahren damit sogar Touren. Weiter„Radfahren wie Mark Twain“

 

Die Familie nimmt Fahrt auf

Schnell unterwegs und Spaß dabei © Reidl
Schnell unterwegs und Spaß dabei © Reidl

Geschafft! Nach gefühlten Jahrzehnten des Bummelradelns ist diese Episode nun vorbei. Unsere bald achtjährige Tochter hat ein Rennrad bekommen, und seitdem fegt sie nur so über den Asphalt. Vorbei die Zeiten des Trödelns und des Schultergriffs, um sie den Berg hoch zu schieben oder sie auf den letzten Kilometern heimwärts zu unterstützen.

So richtig glauben können wir es noch nicht. In den vergangenen Jahren haben wir viel von dem genutzt, was die Branche fahrradaffinen Eltern mit jungem Nachwuchs anbietet. Als Säuglinge haben wir unsere beiden Kinder im Anhänger in der aufgehängten Weberschale transportiert. Mehr als sieben Jahre war der Kinderanhänger Winther Dolphin eines unserer wichtigsten Fahrzeuge. Wir haben ihn gebraucht gekauft.

Im Gegensatz zu anderen Anhängern war er eher ein Schlachtschiff, dafür sehr robust und komfortabel. Für die Kinder war er ein Stück Zuhause. Sie haben darin geschlafen, gespielt und Geschichten gehört, während wir unsere Alltagsfahrten erledigten oder im Urlaub weite Strecken zurücklegten.

Später sind sie auf Ausflügen und im Urlaub 60 bis 70 Kilometer lange Tagesetappen selbst gefahren. Mit vielen Spiel- und Eispausen, immer wieder von uns geschoben, via FollowMe gezogen oder auf dem geliehenen Tandem oder Triplett in unserem Windschatten. Irgendwann fuhren sie dann komplett selbst und wir entsprechend langsam.

Dreieinhalb Jahre zuvor: Unterwegs auf einem Santana-Triplet © Reidl
Dreieinhalb Jahre zuvor: Unterwegs auf einem Santana-Triplett © Reidl

Das hat nun ein Ende. Wenn ich mit meinem Reiserad unterwegs bin und Smilla und Luis auf ihren Rennrädern, muss ich aufpassen, dass sie mich am Berg nicht abhängen. Die Kleine jagt mit 18 bis 20 km/h begeistert über die einsame Deichstraße und beklagt sich, dass ich ihr zu langsam bin. Aber meine Kombination aus Trekking- und Rennrad ist perfekt. Ich habe auf dem relativ schweren Rad Spaß und die beiden auf ihren Flitzern.

Dabei war der Kauf des Rennrads ein glücklicher Zufall. Smilla brauchte ein neues Rad. Eigentlich ein Alltagsrad. Das bisherige war von Anbeginn nur eine Zwischenlösung. Wie bei vielen Kinderrädern ist die Schaltung zu schwergängig für sie, ebenso die Bremsen.

Die schlechte Ausstattung zeigte schnell Wirkung: Smilla, die immer lieber Rad als Auto fuhr, wollte plötzlich nicht mehr Rad fahren. Sie maulte beim Fahren und fuhr weniger souverän.

Dann verkaufte eine ältere Freundin aus ihrem Sportverein ihr Rennrad – ein Schwinn Midi Fastback mit 24 Gängen. Sie fuhr damit Wettkämpfe, wie Smilla es ihr im Sommer gleichtun will. Nun war es zu klein geworden. 200 Euro haben dafür bezahlt. Für uns ist es viel mehr wert. Denn das Rad macht seit Tagen nicht nur unsere Tochter glücklich, sondern die ganze Familie.

 

Biken im Bergrock

20140126_125509_2

Montagmorgens um 6 Uhr gehe ich immer mit meiner Nachbarin eine Runde Mountainbiken. Dann ist es kalt und dunkel – also nicht sehr verlockend. In den vergangenen Wochen schielte ich immer etwas neidisch auf ihren neuen wattierten Rock, den sie über ihrer Fahrradhose trug. Ein warmer Hintern war ihr garantiert. Im Gegensatz zu mir.

Neulich durfte ich ihren Rock nun ausprobieren. Bei minus 10 Grad waren wir rund anderthalb Stunden im Gelände. Das Ergebnis: mollig warm ist anders, aber die Temperatur war völlig annehmbar. Am Folgetag bei null Grad sah das schon ganz anders aus: Mit diesem warmen Kleidungsstück hätte ich ewig durch den Schnee fahren können.

Praktischerweise spürt man den Rock beim Tragen so gut wie gar nicht. Im Gelände öffnet man die Reißverschlüsse, um mehr Bewegungsfreiheit zu haben,  in der Ebene schließt man sie, dann ist es wärmer. Der Rock ist ein überaus praktisches Kleidungsstück, das eigentlich für Bergsteigerinnen gedacht ist. Fürs Radfahren finde ich ihn aber ebenso geeignet. Jedenfalls senkt es meine Hemmschwelle enorm, morgens um sechs bei Minustemperaturen aufs Rad zu steigen.