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Gute Unterhaltung!

© Rowohlt

Wolfgang Herrndorf liest aus seinem Road-Roman

Die Sommerferien fangen gerade an. Maik und Tschick besuchen gemeinsam die achte Klasse. Sie kennen sich noch nicht lang. Maik ist unbeliebt, unglücklich verliebt und gerade allein zu Hause. (Die Mutter macht Detox, der Vater eine Geschäftsreise mit der Geliebten.) Tschick wohnt in einer Platte in Hellersdorf und trinkt gern. Außerdem hat er einen gestohlenen Lada und einen Großvater in der Walachei. Kurzentschlossen machen sich die beiden Halbwüchsigen auf den Weg nach Südosten – aber nicht ohne vorher die Party von Maiks Angebeteter aufzumischen!

Weit kommen sie nicht. Aber was der Autor Wolfgang Herrndorf seine Protagonisten Maik und Tschick auf ihrem kurzen Weg erleben lässt, hat die Feuilletons begeistert: „Ein Buch wie ein Roadmovie – nur besser“, urteilt die Sueddeutsche Zeitung„Große Literatur“, lobt die FAZ. Und dazu „endkomisch“, findet der Tagesspiegel.

Die Lesung klingt nach einem unterhaltsamen Abend!

20 Uhr | 25. November 2010 | Roter Salon | Volksbühne | Linienstraße 227 | Berlin Mitte

 

Oh Daddy I Want My Own Biennale too…

Feinkost verabschiedet sich mit einer spontanen Feinkost Triennale.

Warum leise abtreten nach so viel Presse, haben sich Aaron und Mette Moulton gefragt. Nun haben sie alles aus dem Lager geholt, was die Galerie in den vergangenen drei Jahren gezeigt hat. Ihr randvoll gestopfter Pavillon ist bis Samstag Mittag geöffnet – bevor er, angeblich für immer, seine Türen schließt.

18 Uhr | 25. November 2010 | Galerie Feinkost | Bernauer Straße 71 | Berlin Mitte

 

Vietnam in Berlin

© Hebbel am Ufer

Vom 21. bis zum 27. November findet am HAU das Dong Xuan Festival statt.

Es ist ungewöhnlich, dass ein Festival nach einer Markthalle benannt wird. So geschehen beim Dong Xuan Festival, das sich auf den gleichnamigen Markt in Berlin-Lichtenrade bezieht, der das vietnamesische Zentrum Berlins ist.

Vordergründig ehrt das Festival die ehemaligen Vertragsarbeiter im Berliner Osten und die Boat People in Westberlin. Tatsächlich geht es aber nicht nur um Einblicke in das Leben der vermeintlichen „Vorzeigemigranten“. Vielmehr demontieren die Veranstaltungen auch unsere einseitigen Vorstellungen von Integration.

Begonnen hat das Programm mit Touren zum namensgebenden Markt. Unter dem Motto Dong Xuan oder Frühling in Lichtenberg stellen die Führungen noch bis Donnerstag die Markthallen und ihre unmittelbare Umgebung vor.

Heute startet das kritische Rahmenprogramm im HAU mit dem Ballett The white body von Ea Sola. Die französisch-vietnamesische Choreografin überträgt die Kampfschrift Von der freiwilligen Knechtschaft (1548) von Etienne de la Boétie auf das Diktat des Konsums. Ihre Tänzer hinterfragen den Stellenwert von Individuum und Kollektiv in der heutigen Gesellschaft.

Anschließend diskutieren der Künstler Danh Vo und die Kritikerin Elena Filipovic Vo’s künstlerischen Beitrag zum Festival, 2.2.1861: Vo hat die Plakate für das Festival von Vietnamesen gestalten lassen. Sie haben die Ankündigung auf die Plakate geschrieben oder besser gesagt: gemalt. Vietnamesen seien zwar mit unserem Alphabet vertraut, erklärt Vo. Die wenigsten Einwanderer könnten jedoch westliche Sprachen schreiben. Der zweite künstlerische Beitrag besteht darin, dass V0’s Vater Phung einen Abschiedsbrief abmalt – und zwar den last letter of Saint Theophane Venard to his father before he was decapitated. Theophane Venard war ein christlicher Missionar, der am 2. Februar 1861 in Vietnam hingerichtet worden ist. Die Missionare hatten das lateinische Alphabet ins Land gebracht.

Außerdem gibt es amerikanisch-vietnamesische Filmbeiträge, die Themen wie Wahrnehmung, Identität und Geschlechterrollen behandeln. Der Klassiker Surname Viet Given Name Nam (1989) von  Trinh T. Minh-ha dokumentiert die Lage vietnamesischer Frauen. Außerdem präsentiert Filmkurator Marc Siegel aktuelle Avantgarde-Produktionen, die den westlichen Blick herausfordern, wie die Kurzfilme aus The Blindness series (1992-2006) von Tran T. Kim-Trang. Die Filmemacher diskutieren danach jeweils mit den Zuschauern. Mit seinen Arbeiten will Vo unter anderem auch auf die Absurdität eines solchen Festivals hinweisen, das die Einwanderer selber nicht erreicht.

Zugegeben, am Ende richtet sich das Dong Xuan Festival doch nur an ein westliches Publikum. Aber immerhin reflektiert es dieses Problem auch. Die Veranstaltungen erlauben einen differenzierten Blick hinter eine scheinbar erfolgreiche Integrationsgeschichte. Sie beleuchten nicht nur Facetten der vietnamesischen Kultur, sondern halten uns auch einen Spiegel vor, wie selbstgefällig wir uns mit der Forderung nach Anpassung aus der Verantwortung ziehen.

siehe Programm | 21-27 November 2010 | HAU 1, 2 & 3 | Stresemannstraße 29, Hallesches Ufer 32 &  Tempelhofer Ufer | Berlin-Kreuzberg

 

Schimmelpfennig in der Kritik

Peggy Picket gibt dem Westen nichts Neues.

Das Hamburger Thalia sowie das Deutsche Theater (DT) haben am Wochenende Peggy Pickit sieht das Gesicht Gottes von Roland Schimmelpfennig aufgeführt. Begeisterung weckte keine der Inszenierungen. Das Stück sei einfach zu dünn, urteilt die Süddeutsche Zeitung.

Der Tagesspiegel hält Martin Kušejs Peggy Pickit am DT für die intelligenteste Geistlosigkeit seit Langem. Darum geht es: Zwei Medizinerpaare feiern ihr Wiedersehen bei einem Essen mit viel Wein. Die Freunde waren sechs Jahren lang getrennt. Carol und Martin haben ihren Einsatz in einem afrikanischen Krisengebiet beendet. Ihre Beziehung ist zerrüttet, und ihr Waisenkind haben sie auf der Flucht zurückgelassen. Liz und Frank haben es in der Zwischenzeit zu Haus und Kind gebracht, aber trotzdem kein Glück gefunden. Die Heimkehrer beneiden die Freunde um ihren Wohlstand. Die Daheimgebliebenen schämen sich ob ihrer fehlenden Courage. Die Frage nach dem zurückgelassenen Adoptivkind mündet in einem Streit über persönliche Verantwortung, den Westen und den afrikanischen Kontinent. Die weiße Babypuppe Peggy Pickit und die afrikanische Holzfigur Anne-Abenie sollen vermitteln. Aber für einen Dialog fehlt den Paaren die Schnittfläche. Am Ende ohrfeigen sich die Frauen.

Immerhin, so die Frankfurter Rundschau, funktioniert Peggy Pickit zumindest in Hamburg als Theaterstück. Am DT hat’s nicht mal zur Katastrophe gereicht, befindet die Nachtkritik gelangweilt. Vielleicht liegt es auch an der Dekontextualiserung, dass die Aufführung das Publikum nicht mitreißen kann und zu eindimensional erscheint. Peggy Picket ist als Teil der Afrika-Trilogie entstanden, einer Co-Produktion von westlichen und afrikanischen Autoren und Regisseuren. Aber das wird erst Schimmelpfennigs Inszenierung am Burgtheater zeigen. Bis dahin gibt es noch viele Karten am DT!

19.30 Uhr | 23. November 2010 | Deutsches Theater | Schumannstraße 13a | Berlin Mitte

 

Und noch eine Klassik Lounge

© Deutsche Oper

Die Deutsche Oper zieht sich Nachwuchs heran.

Mit der Opera Lounge greift die Deutsche Oper das konventionelle Klassik Lounge-Konzept auf: Im Foyer führen junge Opernkünstler ein junges Publikum in die Welt der Oper ein. Die Veranstaltungsreihe beginnt immerhin mit einem wilden Programm: Auf zwanzig Minuten Rossini und Weill folgt ein Musikblock mit Stücken von Mozart. Dann stellen die Musiker Offenbach vor, das Broadway-Stück Showboat und spanische Zarzuela.

Die Hintergründe erläutert Markus Brück. Zwischen den Darbietungen sollen die Zuschauer das Gehörte diskutieren. Im Anschluss, wer hätte das gedacht, darf bei Drinks und DJs gefeiert werden.

21 Uhr | 22. November 2010 | Deutsche Oper | Bismarckstraße 35 | Berlin Charlottenburg

 

Theaterversuchsanordnungen bei der Plattenvereinigung

© Plattenvereinigung

Auf dem ehemaligen AEG-Gelände im Wedding findet das Theaterfestival Past Forward statt.

Die Plattenvereinigung und das Maxim Gorki Theater haben fünf Künstler(-gruppen) eingeladen, Projekte für die Konstruktion aus recycelten Plattenbauteilen zu entwickeln. Ihre Theaterstücke und Installationen betrachten das Spannungsfeld zwischen privatem Lebensentwurf und sozialer Utopie.

Sehenswert hören sich vor allem die folgenden Beiträge an: Freitag und Samstag inszenieren Jana Denhoven und Sven Lison 2/3 Beton, einen szenischen Gesprächsabend mit vier Gästen und zwei Broilern! Gastgeberin und Gesprächsthema ist die unbekannte Besitzerin eines gefundenen Tagebuchs. Und am Sonntag spürt Building 22 in Das Haus der Geschwister der deutschen Geschichte nach. Die vier kanadischen Architekturstudenten untersuchen die mysteriöse Betonkonstruktion, auf die die Protagonisten ihrer Prelude im Dschungel treffen.

Auf dem Programm stehen neben weiteren Theaterversuchsanordnungen auch Interaktionen mit den Besuchern: Wer Röntgenbild und MP3 mitbringt, kann sich etwa eine Schallplatte recyclen lassen. Susanne Kudielka und Kaspar Wimberley reaktivieren die Technik Rock auf den Knochen (Rok na kostyach), mit der in der Sowjetunion illegal westliche Musik verbreitet wurde. (Die Anmeldung erfolgt unter ticket@plattenvereinigung.de ) Und bei Steuererklärung von Kulturmassnahmen können die Zuschauer ihre alten Steuerunterlagen vernichten.

19 Uhr | 19.-21. November 2010 | Peter-Behrens-Halle | Gustav-Meyer-Allee 25 | Berlin Wedding

 

20 Jahre City Slang

© S. Greuner

Das Indielabel City Slang feiert sein Jubiläum mit einem Festival.

Drei Abende in Folge spielen ihre Bands im Admiralspalast. Den Anfang machen Get Well Soon und Calexico am Freitag. (The Notwist holt das Konzert Ende Januar nach.) Am Samstag treten Menomena, Tortoise und Broken Social Scene auf. Und Sonntag stehen Alexi Murdoch, Lambchop und Yo La Tengo auf der Bühne. Außerdem findet Samstag im Cookies die Kraut & Raven – Aftershowparty statt.

Wer gerade keine 90 € erübrigen kann, darf sich mit der Gratis-Compilation von Tonspion begnügen.

19.30 Uhr | 19-21. November 2010 | Admiralspalast | Friedrichstraße 1010 | Berlin Mitte

 

Aufs Boot gekommen. Kunst im Späti International und im historischen Hafen

Freitag Spätkauf, Samstag Schlepper – zwei Gruppenausstellungen beziehen ungewöhnliche Locations.

© Späti International Dieses Wochenende gibt’s gleich zweimal junge Kunst in abwegigen Räumen. Späti International in Neukölln ist bereits berühmt-berüchtigt für Konzerte, Ausstellungen und seine Partygäste. Das Boot Helene hat sich bisher nicht als Ausstellungsraum hervorgetan. Beide Ausstellungen hören sich charmant und nach zwei lohnenden Ausflügen an.

Im Späti International residiert die Ausstellung Vor der Küste von Sri Lanka ist ein Linsenboot gesunken. Die Arbeiten von Hanna Brandes, Simone Gilges, Jan Molzberger und Alex Müller sind bis Sonntag zu sehen, während der regulären Öffnungszeiten von 10 – 02 Uhr. Die Schau eröffnet heute Abend mit einer Performance von Voin de Voin und Gesang von Mariechen Danz.

Die Gruppenausstellung on a boat #1 präsentiert insgesamt neun Künstler, ausgewählt von den Kuratorinnen Clara Brörmann und Sandra Teitge. Nach der Eröffnung am Samstag, ist die Schau am Sonntag von 12-16 Uhr zugänglich.

19 Uhr | 19. November 2010 | Späti International | Weserstrasse 190 | Berlin Neukölln

19 Uhr | 20. November 2010 | Boot Helene im Historischen Hafen | Märkisches Ufer | Berlin Mitte

 

Eine psychedelische Arche-Noah

Caped Creatures von Kelsey Brookes

Die Urban Art Galerie Circleculture stellt den amerikanischen Ex-Biochemiker und Künstler Kelsey Brookes aus. Brookes mischt Sex, Comedy und Tiere, vermengt historische mit aktuellen Referenzen. Dabei tritt das Figurative hinter abstrakte Formen und laute Farben. Das Ergebnis ist aufdringlich, optimistisch und eher lifestylig. Ein kalifornisches Kontrastprogramm zum Berliner Herbst.

19 Uhr | 18. November 2010 | Circleculture Gallery | Gipsstraße 11 | Berlin Mitte