Lesezeichen
 

Temporäre Kinobesetzung

Die Veranstalter des hit&run-Kino verwandeln einen ehemaligen Westclub zum Kinosaal.

Das Konzept der Kinoreihe ist durchaus charmant: Die Filme (OmU) sind keine Blockbuster und der Vorführungsort bleibt geheim. Sehen kann sie nur, wer zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist, nämlich dem jeweils kommunizierten Treffpunkt. Heute läuft Dealer (1998) von Thomas Arslan. Darin geht es um Can, der eigentlich lieber in einer Bar arbeiten würde anstatt Drogen zu verkaufen. Der Film spielt, wie sollte es anders sein, in Berlin. Genauer gesagt in Westberlin, wo das kleine, geheimes Screening stattfindet.

21 Uhr | 09. März 2011 | Treffpunkt U2 Bülowstraße (Ausgang Steinmetzstraße /Kirche) | Berlin Schöneberg

 

Ein musikalisches Gruppenexperiment

Das Solistenensemble Kaleidoskop fällt mit dem Konzertessay 1.2.2.4.4 – eine Metapraxis einmal mehr aus der Rolle.

Die Kammermusikformation Kaleidoskop sprengt verlässlich die Grenzen des gängigen Konzertformats, so auch mit 1.2.2.4.4. Der Konzertessay behandelt die Dynamik zwischen dem einzelnen Musiker und dem Ensemble sowie die Erwartungen, die man an sie richtet.

In einem bürgerlichen Wohnzimmer probiert das Ensemble aus, was es bedeutet, wenn die Musik sie in ihrer Professionalität stört. Die Musiker spielen dazu die unterschiedlichsten Stücke von Johann Sebastian Bach über John Cage bis James Dillon. Und wie das bei Experimenten so ist, fällt das Ergebnis mal interessant aus – und manchmal gibt es gar keines.

20 Uhr | 08. & 09. März 2011 | Radialsystem V | Holzmarktstraße 33 | Berlin Friedrichshain

 

Pierrot ab 18

© Marius Roth

Bruce LaBruce inszeniert die Oper Pierrot Lunaire am HAU.

Der Österreicher Arnold Schönberg komponierte 1911 sein atonales Melodram für eine weibliche Sprechstimme und fünf Musiker, basierend auf dem gleichnamigen Gedichtzyklus des Belgiers Albert Giraud über die Figur des tragischen Clowns.

Mit Bruce LaBruce hat sich nun eine Ikone der Schwulenkultur an das Musiktheaterstück gewagt. Weil die Pierrot-Version des kanadischen Regisseurs und Fotografen so wüst ausfiel, wurde die Inszenierung erst für Zuschauer ab 18 Jahren freigegeben.

Bruce macht aus dem Pierrot ein Mädchen, das sich als Junge ausgibt und ein anderes Mädchen verführt. Sie ahnt nichts von dem Betrug, bis der Vater ihn enthüllt und ihr den Umgang verbietet. Also begeht der „Junge“ einen Mord, um dem Vater der Geliebten seine Männlichkeit in Form eines Geschlechtsteils vor die Füße zu werfen

Die Premiere fand bereits am Freitag statt und die vermeintlich provokante, weil freizügige Inszenierung konnte zumindest das rbb Kulturradio nicht überzeugen. Der Kritik zufolge sei die Darstellerin Susanne Sachsse den Anforderungen der Rolle nicht gewachsen. Und Labruces „Bilder aus dem Klischeearsenal frohgemuter Halbbildung“ zeugten vor allem von Piefigkeit. Harte Worte für eine lange erwartete Aufführung.

19.30 Uhr | 08.-10. März 2011 | HAU 1 | Stresemannstraße 29 | Berlin Kreuzberg

 

CYCLO. ID r-n127

Das japanisch-deutsche Kooperationsprojekt cyclo. produziert digitale Kunst.

Seit über zehn Jahren arbeiten die Künstler und Musiker Ryoji Ikeda und Carsten Nicolai an der Schnittstelle von Sound und Bild. Sie übersetzen Stereosignale in Grafiken und verfügen inzwischen über ein riesiges Archiv mit Sounds/Visuals. Zum Erscheinen ihres neuen Albums CYCLO. ID r-n127 performen sie im Eternithaus. Unbedingt sehens- und hörenswert.

18 Uhr | 06. März 2011 | Tiergarten Eins (Eternithaus) | Altonaer Straße 1 | Berlin Tiergarten

 

Stümpern als Kunstform

Die amerikanische Band Tu Fawning spielt im Comet.

Bequem geht anders. Aber deswegen findet der Tonträger das Debütalbum Heart on Hold so aufregend. Heute Abend zeigen die Jungs und Mädels aus Portland in Berlin was man unter „Antique-Dance-Tribal-Gospel“ zu verstehen hat.

20 Uhr | 05. März 2011 | Comet | Falckensteinstraße 47 | Berlin Kreuzberg

 

Tierische Kunstfilme

Massimilian/Nina Breeder, Devil Come to Hell and Stay Where You Belong, 2008 © Courtesy Massimilian/Nina Breeder

Der Schinkel Pavillon zeigt das Filmprogramm Animal Kingdom – There Was an Old Lady Who … , ausgewählt von der Kuratorin April Lamm.

Der zweistündige Loop reiht Filme von Künstlern wie Douglas Gordon, Fischli/Weiss, Julieta Aranda oder Lucy Powell aneinander, die jeweils einen kommentarlosen Blick auf die Tierwelt werfen. Es treten auf: Vögel, Würmer, Spinnen, Fliegen, Frösche, Hunde, Katzen, Pferde, Kühe, Esel, Büffel, Elefanten, Schildkröten und ein Nashorn.

Die Reihenfolge der Filme leitet sich ab aus dem englischen Kinderreim und Gedächtnisspiel „There Was an Old Lady“. Und das hört sich dann so an: „There was Douglas Gordon who swallowed a fly, I don’t know why he swallowed a fly. Perhaps he’ll die. There was Lucy Powellwho swallowed Douglas Gordon and his fly. I don’t know why she too swallowed a fly. Perhaps she’ll die. There was Anri Sala who swallowed Lucy Powell and a spider that wriggled and jiggled inside her who swallowed the fly hitting the camera rim (how dim!). There was Carsten Höller and Julieta Aranda who swallowed some birds …“

Die Vorführungen der Filme jedenfalls finden jeweils Freitag, Samstag und Sonntag um 20 Uhr statt.

19 Uhr | 4. März 2011 | Schinkel Pavillon | Oberwallstraße 1 | Berlin Mitte

 

Drei Chöre und eine Popkakophonie

Bo Christian Larsson stürzt die Galerie Veneklasen/Werner mit einer Soundperformance ins Klangchaos.

Der schwedische Künstler Bo Christian Larsson übernimmt den vierten Satz von Symphonie, dem gemeinsamen Musikausstellungsprojekt von Soundfair und Veneklasen/Werner. Und der Beschreibung zufolge wird diese Soundperformance nicht nur ziemlich laut, sondern auch ganz schön wirr: Larsson holt für Hidden Track nämlich nicht weniger als drei Chöre in die Räume der Galerie: den Akwaba Gospelchor, den Berliner Mozart-Kinderchor sowie den Kissi-Chor.

Normalerweise beziehen sich Larssons Performances auf seine Installationen oder Objekte. Bei Hidden Track handelt es sich erstmals um eine räumlich-musikalische Komposition. Der Künstler verteilt die drei Chöre über die Galerie, wo sie eine Liedcollage frei interpretieren. Die bezieht sich auf die versteckten Lieder auf Pop-Alben.

Eigentlich benutzt er auch nur Ausschnitte von Songs, aber das dürfte in dem Chaos ohnehin untergehen.

18 Uhr | 05. März 2011 | Veneklasen/Werner | Rudi-Dutschke-Straße 26 | Berlin Kreuzberg

 

Reisen als Konzept

Die Galerie Sassa Trülzsch kombiniert weit gereiste Arbeiten von Karin Sander und On Kawara.

Bei akutem Fernweh ist von dieser Vernissage dringend abzuraten. Ansonsten klingt die Ausstellung durchaus sehenswert: Bei Karin Sanders Mailed Paintings handelt es sich um unverpackte grundierte Leinwände, die die Künstlerin durch die Welt schickt. Auf den ehemals weißen Oberflächen zeichnen sich die Spuren dieser Reise ab. Dagegen stehen die Klassiker des ewig reisenden On Kawara. Für die Today Serie (seit 1966) malt der Künstler jeweils das aktuelle Datum in Typographie und Schreibweise seines Aufenthaltsortes auf dunklen Grund. Die Werkgruppe I Am Still Alive (1970-1979) besteht aus Telegrammen mit eben jenem Textlaut, die On Kawara in regelmäßigen Abständen an seine Freunde schickte.

19 Uhr | 04. März 2011 | Sassa Trülzsch | Blumenthalstraße 8 | Berlin Schöneberg

 

Der Traum vom Fliegen

Andy Hope 130, Epic Imperial. The Long Tomorrow (Detail), 2003, Privatbesitz München © Foto: Roman März

Die Ausstellung Der Traum vom Fliegen am HKW beschäftigt sich mit der Kulturgeschichte des Fliegens.

Die Kuratoren Thomas Hauschild und Britta N. Heinrich haben eine dieser Überblicksschauen zusammengestellt, bei der für jeden etwas dabei ist und es Exponate zum Spielen gibt. Die Ausstellung handelt von der Entwicklung des größten Menschheitstraums überhaupt. Sie geht aus von der archaischen Flugmystik und endet mit der aktuellen Klimadebatte, zeigt die verschiedenen Bildwelten und erklärt die technologischen Entwicklungen. Entsprechend bunt fallen die Exponate aus, vom prähistorischen Bumerang über einen Wolkenwagen aus dem Barocktheater bis hin zum Space-Trainer. Natürlich gibt es auch zeitgenössische Kunst.

Heute Abend eröffnet die Ausstellung mit einem Barockfeuerwerk. Währenddessen spielt Jeffrey Bossin auf dem Carillon, dem Konzertglockenspiel-Koloss im Tiergarten, die minimalistische Komposition Berlin Fireworks Music von Richard Felciano.

19 Uhr | 3. März 2011 | Haus der Kulturen der Welt | John-Foster-Dulles-Allee 10 | Berlin Tiergarten

 

Junges Autorentheater an der Schaubühne

Zeit © Foto: Marie-Thérèse Fortin

Die Schaubühne veranstaltet das Festival Internationale Neue Dramatik (F.I.N.D.) 2011.

Zehn Tage lang präsentieren auf dem internationalen Autorentheaterfestival Theatermacher aus Kanada, Russland, Frankreich, Spanien, Israel und Finnland neue Inszenierungen. Außerdem gibt es einen Workshop, szenische Lesungen und ein skurriles Konzert. Einige der 23 Produktionen klingen ganz spannend, aber viele handeln mal wieder von den üblichen Helden/Verlierern des Alltags.

Erstmal eröffnet der Haus-Regisseur Wajdi Mouwadi das Festival mit der Uraufführung von Zeit (2011). Er inszeniert das Stück mit dem kanadischen Théâtre du Trident.

In Zeit versammeln sich drei Geschwister am Sterbebett ihres Vaters in der Heimatstadt Fermont, die der Winter und eine Rattenplage im Griff haben. Mit den Geschwistern treffen dabei drei verschiedene Konzepte von Zeit aufeinander: die zyklische Zeit der Antike, der Zeitverlauf des Okzidents sowie eine messianische Vorstellung von Zeit, die mit dem Ende die Erlösung bringt.

20.30 Uhr | 3. & 5. März 2011 | Schaubühne | Kurfürstendamm 153 | Berlin Wilmersdorf