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20 Jahre ZEIT ONLINE: Wir freuen uns, dass es funktioniert hat

 

20 Jahre ZEIT ONLINE: Wir freuen uns, dass es funktioniert hat

Mitte der neunziger Jahre bestand das World Wide Web aus wenigen Millionen Seiten. Die paar hundert Menschen, die sich dafür interessierten, trafen sich hin und wieder im Nirgendwo auf kleinen Konferenzen, einmal sogar in Darmstadt. Dort konnte man sich einfach auf den freien Platz neben dem scheuen Physiker setzen, der die Sache mit dem WWW erfunden hatte, und mit ihm über seine Ideen plaudern.

Auf meinem Reporterblock skizzierte Tim Berners-Lee damals das beginnende, exponentielle Wachstum des Web. (Wie es sich für einen Physiker gehört, benutzte er eine logarithmische Skala, die Explosion – siehe Bild – war also eine ansteigende Linie.) Ich fragte ihn, wie es ihm mit dem sich langsam abzeichnenden Erfolg seines fundamentalen Konzepts gehe. „Schreiben Sie“, antwortete er, „ich freue mich, dass es funktioniert hat“.

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Wachstum des World Wide Web, 1995 skizziert von seinem Erfinder Tim Berners-Lee.

Die Sache mit dem WWW hat dann noch etwas besser funktioniert, als selbst sein Vater vor 20 Jahren ahnen konnte: Heute umfasst es eine Milliarde Websites. www.zeit.de ist eine davon, und zwar schon seit damals, als das Web noch winzig war. Am 6. März 1996 ging sie live. So wird ZEIT ONLINE heute 20 Jahre alt, und wir freuen uns, dass auch diese Sache etwas besser funktioniert hat, als der Gründervater der ZEIT im Internet damals ahnen konnte.

Dem Start stimmte man bei der stets frugalen ZEIT nämlich „nur unter der Bedingung zu, dass die ganze Sache nicht mehr als 20.000 DM kostet“, erinnert sich Christian Ankowitsch, der erste Online-Chef. Auch eine halbe Stelle wurde genehmigt. In Ankowitschs Jubiläums-Interview mit sich selbst (!) gibt es sogar das Foto eines Computerbildschirms, geknipst von seiner Mutter, auf dem verschwommen die erste Homepage zu sehen ist. Für weitere herrlich schillernde Details aus den Gründerjahren sei auf Christian Ankowitschs inneren Dialog verwiesen.

Die ZEIT hat weitere zehn Jahre gezögert, die Sache mit dem Internet so richtig ernst zu nehmen. Erst, als Angebote wie spiegel.de, faz.net oder sueddeutsche.de bereits Millionen Leser hatten, nahm sie die Verfolgung auf und investierte ab Mitte der 2000er Jahre noch einmal deutlich in den Ausbau der Redaktion. Heute arbeiten in unserem Berliner Newsroom 80 (vielfach) ausgezeichnete Redakteurinnen und Redakteure, dazu kommt ein Dutzend engagierter Entwicklerinnen und Entwickler. Und 30 Kolleginnen und Kollegen in unserem digitalen Verlag, denen es zu verdanken ist, dass ZEIT ONLINE heute (fast) schwarze Zahlen schreibt, obwohl die jährlichen Kosten etwas höher liegen als die ursprünglich allozierten 20.000 Mark.

Mehr als zehn Millionen Menschen lesen heute zeit.de, und die Besucherstatistik des vergangenen Jahrzehnts zeigt im Kleinen jenes exponentielle Wachstum, das das große World Wide Web in seinen Frühtagen erfahren hat. (Siehe Grafik – die Kurvendiskussion sei mir als Physiker verziehen.) Warum das so ist, können wir nur ahnen. Obwohl das klassische Web längst weniger stark wächst, gewinnen wir neuerdings zum Beispiel mehr Mediennutzungszeit dazu, weil viele uns nun auch besuchen, wenn sie in der U-Bahn sitzen oder in einer langweiligen Vorlesung. Bald wird die Hälfte der Besucher uns auf dem Smartphone lesen. Genau dafür haben wir das Angebot mit unserem Relaunch optimiert.

Die Besuche bei www.zeit.de zeigen ein exponentielles Wachstum.
Die Besuche bei www.zeit.de zeigen bisher ein exponentielles Wachstum.

Seit 2006 haben sich die Besucherzahlen verzwölffacht. So haben wir in der Reichweite mittlerweile auch unsere – trotz aller Digitalisierung prosperierende – Print-Mutter überholt, mit der wir vor wenigen Tagen bei der „Langen Nacht der Zeit“ in Hamburg ihren 70. gefeiert haben, gemeinsam mit 10.000 Lesern.

Und wo bleibt unsere Jubiläums-Party? Die folgt im September. In Berlin.

 

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Zum 20. Geburtstag laden wir 500 Menschen im Alter von „2x“, also zwischen 20 und 29 Jahren, nach Berlin ein, um zwei Tage gemeinsam Ideen für ein besseres Leben zu entwickeln. Bei „Z2X – Das Festival der neuen Visionäre“ bringen wir sie mit Wissenschaftlern, Aktivisten, Unternehmern, Künstlern, Politikern und Journalisten zusammen.

Hier geht des zur Z2X-Website.

76 Kommentare

  1.   Dieter Offergeld

    Danke für Ihren Mut und den größtenteils hervorragenden Journalismus. Auf so manche Publikation kann ich wohl verzichten, aber nicht mehr auf zeitonline.
    Cheers auf die kommenden #Z20 Jahre!

  2.   Auchspiegelleser

    >> Dritter Einwurf: (Wiederholungstäter) Die Edit Funktion… <<

    Ja, ne Editier-Funktion wäre schick. Zeitlich befristet auf 30 Min. oder so …

  3.   Sascha

    ZON macht noch nach 20 Jahren Verluste? Bei 60 Mio. Besuchern im Monat?

    Dann taugt das Management nichts. Ihr müsstet die Profitpumpe des Verlages sein. Ihr solltet die Redaktion und Technik nach Indien verlegen.:-)

    Ich gratuliere trotzdem. Ihr seid das einzige online-Magazin mit Bedeutung in Deutschland, dass noch das Forum zu jedem Artikel aufrecht erhält. Spiegel hat dieses Jahr teilweise abgeschaltet (bei allen Artikeln mit politischer Brisanz) und die SZ hat das Forum komplett eingestellt bis auf eine Alibi-Funktion. Die sind in ihrer dogmatischen Moralapostelei völlig abgedriftet. Jetzt schreiben die wohl an einer neuen Bibel statt ein online-Magazin zu machen.

    Die staatlichen Fernsehsender (und sogar die politischen Parteien) wünschen auch keine Diskussion. Wobei es k e i n e Demokratie ohne den Diskurs der Bürger gegeben kann. Sie wollen eben keine Demokratie. Sondern Parteienautokratie.

    Leider ist Eure Zensur heutzutage jenseits jeder demokratischen Usancen. Also eher „1984“, statt 1996.

  4.   Quendolin475

    Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum. Allerdings hoffe ich, dass es Ihnen zu denken gibt, wenn sich das Lob der User im Wesentlichen auf die offene Kommentarfunktion beschränkt. Auch ich bin hier eigentlich nur wegen des Forums, der Möglichkeit des Diskurses mit anderen Usern, habe durch verlinkte Beiträge nützliche Informationen erhalten, die ich bei eigener Suche nicht gefunden hätte. Mein Eindruck, dass die Berichterstattung auch bei ZON zumindest bei den mich interessierenden Themen einer ziemlichen Einseitigkeit unterliegt, mag an der geringen Zahl liegen (Ukraine, Syrien, Flüchtlingskrise), wurde aber gerade durch die Beiträge von di Lorenzo (http://www.zeit.de/kultur/2016-02/dresdner-rede-dresden-giovanni-di-lorenzo) und Schmidt (http://www.zeit.de/2016/09/medien-fluechtlingsdebatte-berichterstattung-kritik/komplettansicht) bestätigt und kritisiert.

  5.   Danke

    ich freue mich auch, dass es ZEIT ONLINE gibt. Ein so offenes Forum erinnert mich an Rosa Luxemburgs Ausspruch:
    „Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden, sich zu äußern.“

  6.   achmedabdelinsaf

    ME das beste Online-Angebot aller deutschen Leitmedien. Natürlich auch bedingt durch die Kommentarfunktion. Häufig lohnt sich ein Blick in selbige, weil die LeserInnen meist ergänzende Informationen zum jeweiligen Artikel hinzufügen.
    Danke.

  7.   Jochen Wegner

    redukteur, dann gehen Sie doch nach drüben.

  8.   Ulenspiegel Berlin

    Ich bin kein Redakteur und habe ein überschaubares Talent für Realsatire. Es ist meine Meinung, die mir in Vergleichen zu anderen Angeboten gbildet habe. Seien wir froh, dass es dieses Angebot gibt und sie ihre fundierte, differenzierte Meinung absondern dürfen:-)

  9.   Sascha

    „Jochen Wegner #48 — vor 1 Minute

    redukteur, dann gehen Sie doch nach drüben.“

    Ach, dieser goldische Humor.

  10.   Kleine Waldhexe

    Glückwunsch zu 20 Jahren Zeit Online!
    Danke für das Offenhalten der Kommentarfunktion – dies ist in dieser Form nur noch bei wenigen Online-Medien anzutreffen, gerade wenn es um politisch schwierige Themen geht.

 

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