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Warum Prestige-Ökocitys nicht Chinas Zukunft sind

 

Wer sich mit nachhaltiger Stadtentwicklung in China beschäftigt, der kommt an den zahlreichen Ökocitys nicht vorbei. Egal, ob Dongtan bei Shanghai oder Huangbaiyu oder Tianjin. Prestige-Ökoprojekte, klimaneutral, energieeffizient, autofrei und  supermodern.

Ökostadt Dongtan, Copyright: 2009 Yale University
Ökostadt Dongtan, Copyright: 2009 Yale University

Einmal davon abgesehen, dass offenbar wenig in den vergangenen Jahren in den chinesischen Ökocitys passiert ist – es mehren sich die Kritiker solcher millionenschweren Nachhaltigkeitsprojekte. Einen ausführlichen Report dazu präsentiert gerade yaleenvironment360, welcher der Frage nachgeht, inwiefern sich der Trend zur Urbanisierung in China besser und umweltfreundlicher gestalten lässt.

Mehr als die Hälfte der 1,3 Milliarden Chinesen lebt inzwischen in den Städten. Investoren und die Regierung reagieren auf diese Entwicklung, überall wird massiv in städtischen Wohnraum investiert.

Aber das hat Folgen, denn Bauen ist natürlich alles andere als klimafreundlich. China schafft es auf Platz 1 der weltweiten CO2-Verschmutzer auch wegen seines Baubooms, schließlich ist die Herstellung von Stahl und Zement immens energieintensiv.

Eine Entwicklung mit dramatischen Folgen. Zwar sind in den vergangenen Jahren einige Prestige-Stadtprojekte entstanden, wo das Bauen umweltfreundlicher passieren sollte – eben die Ecocitys. Aber zugleich müssen in unzähligen Städten ganze Altstadtviertel Platz machen für einen schnell hochgezogenen Wohnblock aus minderwertigem Baumaterial. Schlechte Qualität, die nur wenige Jahre hält. Und am Ende abgerissen werden muss. Ein Städteplaner kommt gar zu der Einschätzung auf Yale Environment, dass der Abriss von Gebäuden inzwischen die größte CO2-Quelle in China sei:

“Poor urban planning, lack of accountability, weak regulation and absence of legal framework, all together makes buildings in China so vulnerable,” says engineer Ding Jianhua of the China Urban Construction, Design and Research Institute. “Tearing down buildings is, in my opinion, essentially the most high carbon factor in China at present.”

Was also tun? Es ist wie in Deutschland: ran an die Vorschriften. Wer strenge Energiespar-Vorschriften für Neubauten macht, der hat einen weitaus größeren Klimaeffekt als eine einzige Ökostadt ihn je haben wird. Das können Vorgaben für Dämmung, den Einsatz von Ökostrom oder Solarwärme sein, an denen China zurzeit arbeitet. Und vielleicht ist das auch der große Unterschied zu Deutschland. Während hierzulande der Baubestand die große Baustelle ist (und die Bundesregierung hier zurzeit effektive Anreize zum Sanieren und Dämmen verpeilt), sind in China strenge Vorgaben für Neubauten wichtig. Denn nichts wäre eine größere Verschwendung von Energie, wenn die jetzt neu gebauten Städte zwar schick, aber energiemäßig auf dem Niveau eines Plattenbaus aus den 1960er Jahren sind.