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Zur Auszeit in die Seelenkiste

Die Seelenkiste © allergutendinge
Die Seelenkiste © allergutendinge

Was für ein hübsches Häuschen, oder? Es nennt sich Seelenkiste und ist die Idee der drei Architekten Matthias Prüger, Manuel Rauwolf und Ulrike Wetzel von Team allergutendinge. Ein kleine Kiste, eine Forschungswerkstatt, die für die einfachen Dinge Platz bietet: Schlafen, Sitzen, Nachdenken. Ein Beitrag aus Deutschland zum internationalen tiny house movement, das vor allem in den USA beliebt ist. Die Idee dahinter lautet Reduktion: Das spart Kosten und vor allem Ressourcen.

Die Seelenkiste © allergutendinge
Die Seelenkiste © allergutendinge

„Viele Menschen wollen raus aus der Stadt, sich unabhängiger machen und auf Reisen gehen“, sagt die 28-jährige Architektin Ulrike Wetzel. Die Seelenkiste biete dazu die Möglichkeit: Weil sie aus verschiedenen Modulen bestehe, lasse sie sich zerlegen und an anderen Orten wieder aufbauen. Ein kleines Zwischendurchzuhause, „auf den menschlichen Maßstab bemessen“, wie Wetzel sagt.

Zurzeit steht die Seelenkiste auf dem Gelände der Bauhaus-Universität Weimar. Studenten haben bereits ein Test-Wochenende darin verbracht. Der Prototyp ist bereits zwei Jahre alt – aber wie so oft: Dank Blogs und anderen Websites wurde die Seelenkiste gerade wiederentdeckt. Wetzel überlegt jetzt mit ihren beiden Kollegen, das Konzept weiterzuentwickeln.

Damit das im größeren Stil passiert, bräuchte es sicherlich noch einige Ergänzungen. Die Seelenkiste ist zwar isoliert, aber eine Heizung gibt es nicht. Auch eine kleine Sanitärzelle wäre gut zu haben, einen Platz für einen Wassertank gibt es bereits. Dazu vielleicht eine Solarzelle aufs Dach – und schon steht der philosophischen Reise mit der Seelenkiste nicht mehr viel im Weg. Nun gut: Vielleicht noch jemand, der den jungen Architekten finanziell unter die Arme greift.

 

Macht die Straßen smarter

Die N329 ist, so zeigt es zumindest Google Maps, eine 0815-Landstraße durch die wunderbare Pampa der Niederlande. Bislang. Denn seit einigen Tagen könnte diese Langeweile-Landstraße das Verkehrswesen revolutionieren: Auf einer Strecke von zwei Mal 500 Metern hat das niederländische Designbüro Studio Roosegaarde zusammen mit der Firma Heijmans die Randstreifen neu präpariert. Von der Straße der Zukunft schwärmt bereits das Designbüro.

Die Straße ist nun am Rand mit einer fluoreszierenden, grünen Farbe bemalt, die sich über Tag auflädt und dann in der Nacht leuchtet. So macht sie Straßenlaternen überflüssig, das spart Energie und damit Kosten. Die Idee ist schon länger in der Welt, aber nun sind tatsächlich die ersten Straßenkilometer bepinselt. Selbst die niederländische Umweltministerin kam zur Einweihung des smarten Highways vorbei. Weitere Projekte sind schon in der Pipeline. Markierungen auf der Straße könnten etwa nur auf Temperaturen reagieren. Wenn es friert, leuchten bemalte Schneeflocken als Warnzeichen auf.

© Studio Roosegaarde
© Studio Roosegaarde

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Was mich an der N329 fasziniert, ist die große Frage dahinter: Wer profitiert eigentlich von Innovation? Der Designer Dan Roosegaard hat dazu ganz eigene Vorstellungen. Bislang sei es so, dass nur Autos optimiert beziehungsweise nachhaltiger werden: Tesla baut HighEnd-Wagen, BMW bringt schicke Elektrowagen auf den Markt. An Autos würden wir herumschrauben, weltweit würden sich die Konzerne Gedanken über die Autos der Zukunft machen – aber die Straßen verharren designmäßig im Mittelalter. „Innovation darf nicht nur für die Elite sein, für die happy few„, sagt Roosegarde. Es gehe darum, kollektive Güter besser zu machen, also das, was wir gemeinsam nutzen oder nutzen könnten: eben Straßen, erneuerbare Energien. Mal schauen, wie das in der Realität klappt. Die N329 wird wertvolle Hinweise liefern.

 

Isolieren mit Pilzen

©mushroomtinyhouse
©mushroomtinyhouse

Vor allem in den USA gibt es die Tiny-House-Bewegung: Die Anhänger haben Spaß daran, in winzigen Häusern zu leben und jeden Quadratzentimeter bis auf den Anschlag ausnutzen. Die Idee: wenig Haus, wenig Ressourcenverbrauch. Jetzt kommt der nächste Schritt.

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Wohnen im Bioreaktor

Im ersten Moment war ich ein bisschen baff: Die Reaktoren würden am elften des Monats eingehängt, erklärt mir mein Gesprächspartner. Reaktoren einhängen? Wie bitte?

Ich lerne: Energiewende heißt auch, eingetretene Denkpfade zu verlassen. Diesmal also keine Atomkraft. Stattdessen reden wir über „Bioreaktoren“, also Fassadenelementen, in denen Algen gezüchtet werden.

Skizze des Hauses, Nordansicht © Splitterwerk
Skizze des Hauses, Nordansicht © Splitterwerk

Ende März soll  nach Angaben der Projektierer das „weltweit erste Wohnhaus mit Algenbioreaktorfassade“ fertiggestellt sein. Im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg entsteht das Demonstrationsprojekt, eines dieser typisch neuen Wohnhäuser im Klotzstil, lindgrün.

Das Besondere soll die Südfassade sein: Die Macher installieren 130 lichtdurchlässige Glascontainer an der Sonnenseite. In ihnen werden,  komplett automatisiert, Algen gezüchtet. Dafür braucht es Algenrohmasse, Wasser, Licht, Kohlendioxid und Stickstoff als Nährstoff. Mithilfe der Photosynthese entstehen so Biomasse und Wärme. Langfristig will man die Biomasse eventuell zur Biogasproduktion nutzen. Mit der Wärme sollen die Wohnungen gewärmt und das Wasser erhitzt werden.

Nun muss ich an dieser Stelle betonen: Das „Haus mit Biointelligenzquotient“ (BIQ), wie es sich nennt, ist ein Pilotprojekt, eine Hausfassade zum Lernen.

Schaut man sich die Energiebilanz an, so ist sie wirklich ernüchternd: Die rund 200 Quadratmeter große Algenfassade kommt auf einen jährlichen Nettoenergieertrag von 4.500 Kilowattstunden Strom. Das ist etwas mehr, als ein durchschnittlicher Haushalt im Jahr verbraucht (3.500 kwh). In dem Algenhaus entstehen 15 Wohnungen – nur eine von ihnen ließe sich also theoretisch mit Biostrom komplett versorgen.

Außerdem ist unklar, wo die Wärme bleibt. Gerade im Sommer, bei viel Lichteinstrahlung, arbeiten die Bioreaktoren auf Hochtouren. Doch gerade dann ist der Wärmebedarf eher gering. Also wird die Wärme zwischengespeichert. Dabei geht allerdings ein großer Teil verloren.

Ich würde das BIQ unter Forschungsprojekt abspeichern. Denn sicherlich ist es ein wertvoller Beitrag, was Häuserfassaden eigentlich zukünftig leisten können. Solarpanelen sind der Klassiker, Solarkollektoren gibt es auch schon. Aber warum soll es nicht eines Tages auch möglich sein, im großen Stil mit ihrer Hilfe Energie zu erzeugen. Und warum nicht mit Biomasse? Erst kürzlich erzählte mir ein Physiker von der Idee, die komplette Ostsee gezielt zur Algenproduktion und damit als weltweiten CO2-Speicher im großen Stil zu nutzen (auch wenn ich das für ausgesprochenen Quatsch halte).

Das Interesse anderer Immobilienentwickler an der Technologie ist enorm, ganze Wohnanlagen wollen manche mit einer solchen Fassade ausstatten.

Den zukünftigen Mietern ist das dagegen wohl nicht so wichtig. Ökologische Überzeugungstäter seien sie nicht gerade, so die Organisatoren. Die Mieter hätten halt eine Wohnung gesucht.

 

Mietwucher: Sündenbock energetische Sanierung

Anfang der Woche machte Report Mainz auf das Thema Mietwucher aufmerksam. Tenor des Beitrags: Die energetische Gebäudesanierung lässt die Mieten so hoch steigen, dass immer mehr Menschen sich ihre Wohnungen nicht mehr leisten können. Das treffe laut Deutschem Mieterbund auf 100.000 Mieter zu. Eine alleinerziehende Mutter aus Hamburg, ein Künstler- und ein Renterehepaar aus Berlin: Sie alle werden wohl umziehen müssen, weil ihre Wohnungen modernisiert werden sollen.

Die Deutsche Energieagentur dena sieht das alles ein bisschen anders. Gemach, gemach, sagt ihr Chef Stephan Kohler:

„Wer die energetische Sanierung zum Sündenbock für hohe Mietsteigerungen in Deutschland macht, ist auf der falschen Fährte.“

Die dena verweist darauf, dass es oft ganz anderes Gründe gebe, warum die Mieten steigen würden.

Alte Häuser, in denen trotz guter Stadtlage bisher eine geringe Miete fällig wurde, können nach einer Aufwertung durch eine umfassende Sanierung deutlich höhere Mieten erzielen. Diese Chance würden Eigentümer natürlich nutzen. Zwar würden diese Häuser dann auch häufig energetisch saniert – die hohe Preissteigerung sei aber zu einem guten Teil auf die „Schönheitssanierung“ zurückzuführen.
In anderen Fällen würden im Zuge einer energetischen Sanierung über lange Zeit nicht erhöhte Mieten an ein allgemein gestiegenes Niveau angepasst. Diese Effekte treten besonders in den deutschen Großstädten häufig auf und treffen tatsächlich oft einkommensschwache Menschen, die schon lange in ihren Wohnungen leben.

Zudem kann der Vermieter nicht nur Teile der energetischen Sanierungkosten umlegen, sondern auch Kosten der „wohnwertverbessernden Maßnahmen“, also ein schickes neues Bad oder einen neuen Balkon.

Sanierungskosten, Quelle: dena
Sanierungskosten, Quelle: dena

Der Gesetzgeber hat übrigens erst kürzlich einmal wieder die Chance verpasst, für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Wieder einmal konnte sich der Vermittlungsausschuss zwischen Bundesrat und Bundestag nicht darauf einigen, dass Vermieter die Kosten für eine neue, energieeffiziente Heizung und bessere Fenster in ihrer Steuererklärung geltend machen können. 1,5 Milliarden Euro würde das kosten, ein Betrag, auf den die Bundesländer nicht verzichten wollen. Dabei halten Energieexperten das Programm unisono für sinnvoll – erst recht, wenn Deutschland wie geplant seine Sanierungsquote verdoppeln will.

 

Was die Welt nicht braucht: Eurovegas in Spanien

Copyright: Dominique Faget/AFP/GettyImages
Copyright: Dominique Faget/AFP/GettyImages

Madrid und Barcelona konkurrieren zurzeit darum, den Zuschlag für einen gigantischen Kasinokomplex im Stil von Las Vegas zu erhalten. Madrid ist sogar so scharf darauf, dass die Stadt laut Guardian sogar das Rauchverbot in Kasinos wieder kassieren würde.

US-Investor Sheldon Adelson, der schon in Las Vegas ein Hotel-und Kasinomogul ist und dem dort die originalgetreue Nachbildung Venedigs gehört, sieht das Projekt wohl auch als Teil eines Wiederaufbauprogramms für Spanien, desssen Wirtschaft ja am Boden liegt. Mehr als 18,8 Milliarden Euro sollen in zwölf Hotels, sechs Kasinos, Restaurants, Bars und und und investiert werden. Hotels mit 36.000 Betten sollen entstehen. Nach ersten Schätzungen sollen so 261.000 direkte Arbeitsplätze geschaffen werden.

Aber bitte schön: Wer braucht so etwas? Sicher, der Bau zieht wunderbar Investitionen an. Aber was hat Spanien dann da stehen? Einen gigantischen Vergnügungskomplex, für den Spanier wohl, zumindest aus heutiger Sicht, alles andere als Geld haben.

Einmal abgesehen von den Umweltfolgen. Ich sehe schon wunderbare Golfplätze und Swimmingpools, die mit gigantischen Mengen Wasser versorgt werden müssen. Ein Blick nach Las Vegas reicht: Bis 2020 droht der Wüstenstadt Studien zufolge das Wasser auszugehen. Dazu kommt der enorme zusätzliche Strombedarf, den ein solches Projekt nach sich zieht, neue Straßen, Ausbau des Flughafens, etc.

Den Spaniern ist dabei offenbar auch nicht wohl zumute. Immer mehr Bürgerinitiativen haben sich gegründet, die das Projekt ablehnen. Sie fürchten den Ausverkauf von kommunalen Ländereien, Umweltschäden, Prostitution, Sauftourismus und Geldwäsche. Erst vorgestern gingen sie erneut auf die Straße. Bis Anfang September wollen sie gegen das Projekt protestieren. Dann will US-Investor Adelsen bekanntgeben, ob er an Eurovegas festhält.

 

Warum Prestige-Ökocitys nicht Chinas Zukunft sind

Wer sich mit nachhaltiger Stadtentwicklung in China beschäftigt, der kommt an den zahlreichen Ökocitys nicht vorbei. Egal, ob Dongtan bei Shanghai oder Huangbaiyu oder Tianjin. Prestige-Ökoprojekte, klimaneutral, energieeffizient, autofrei und  supermodern.

Ökostadt Dongtan, Copyright: 2009 Yale University
Ökostadt Dongtan, Copyright: 2009 Yale University

Einmal davon abgesehen, dass offenbar wenig in den vergangenen Jahren in den chinesischen Ökocitys passiert ist – es mehren sich die Kritiker solcher millionenschweren Nachhaltigkeitsprojekte. Einen ausführlichen Report dazu präsentiert gerade yaleenvironment360, welcher der Frage nachgeht, inwiefern sich der Trend zur Urbanisierung in China besser und umweltfreundlicher gestalten lässt.

Mehr als die Hälfte der 1,3 Milliarden Chinesen lebt inzwischen in den Städten. Investoren und die Regierung reagieren auf diese Entwicklung, überall wird massiv in städtischen Wohnraum investiert.

Aber das hat Folgen, denn Bauen ist natürlich alles andere als klimafreundlich. China schafft es auf Platz 1 der weltweiten CO2-Verschmutzer auch wegen seines Baubooms, schließlich ist die Herstellung von Stahl und Zement immens energieintensiv.

Eine Entwicklung mit dramatischen Folgen. Zwar sind in den vergangenen Jahren einige Prestige-Stadtprojekte entstanden, wo das Bauen umweltfreundlicher passieren sollte – eben die Ecocitys. Aber zugleich müssen in unzähligen Städten ganze Altstadtviertel Platz machen für einen schnell hochgezogenen Wohnblock aus minderwertigem Baumaterial. Schlechte Qualität, die nur wenige Jahre hält. Und am Ende abgerissen werden muss. Ein Städteplaner kommt gar zu der Einschätzung auf Yale Environment, dass der Abriss von Gebäuden inzwischen die größte CO2-Quelle in China sei:

“Poor urban planning, lack of accountability, weak regulation and absence of legal framework, all together makes buildings in China so vulnerable,” says engineer Ding Jianhua of the China Urban Construction, Design and Research Institute. “Tearing down buildings is, in my opinion, essentially the most high carbon factor in China at present.”

Was also tun? Es ist wie in Deutschland: ran an die Vorschriften. Wer strenge Energiespar-Vorschriften für Neubauten macht, der hat einen weitaus größeren Klimaeffekt als eine einzige Ökostadt ihn je haben wird. Das können Vorgaben für Dämmung, den Einsatz von Ökostrom oder Solarwärme sein, an denen China zurzeit arbeitet. Und vielleicht ist das auch der große Unterschied zu Deutschland. Während hierzulande der Baubestand die große Baustelle ist (und die Bundesregierung hier zurzeit effektive Anreize zum Sanieren und Dämmen verpeilt), sind in China strenge Vorgaben für Neubauten wichtig. Denn nichts wäre eine größere Verschwendung von Energie, wenn die jetzt neu gebauten Städte zwar schick, aber energiemäßig auf dem Niveau eines Plattenbaus aus den 1960er Jahren sind.

 

 

Ein Kindergarten, der einen Baum umschmeichelt

„Ring around a tree“ haben die Architekten des japanischen Büros Tezuka ihren jüngsten Bau  in Tokio genannt. Und ich stimme da dem Urteil von Treehugger zu: „coolest Kindergarten ever“.

Ring around a tree, Copyright: Tezuka Architekts
Ring around a tree, Copyright: Tezuka Architekts

Auf einer Treppenspirale können die Kinder rund um die mehr als 50 Jahre alte Ulme klettern, alles exklusiv für die Kleinsten: die Größen der Geländer, die Kletterplattformen und Tunnel sind auf Kinder abgestemmt. Im vergangenen Jahr wurde das Gebäude im Fuji-Kindergarten in Tokio fertiggestellt und zugleich mehrfach ausgezeichnet. Ein Beispiel, wie sich Architektur und Natur verbinden lassen – und Kinder etwas davon haben.

 

Statt Solarkollektoren: Die Hauswand, die Energie produziert

Die Hochschule Wismar hat vergangene Woche ein spannendes Experiment begonnen. Sie testet zurzeit draußen – im echten Leben sozusagen – verschiedene Häuserfassaden, mit denen sich Energie produzieren lässt. Dazu haben Wissenschaftler in einer Putzschicht eine feine Kapillarrohrmatte eingebracht, in der eine Flüssigkeit mit Frostschutzmittel zirkuliert. Dieses wird mit einer Wärmepumpe heruntergekühlt. Mit Hilfe  der Temperaturdifferenz zwischen der Umgebung und der Putzschicht lässt sich nun Energie gewinnen, mit der ein Wärmespeicher betrieben werden kann, etwa für die Heizung.

Versuchsfläche zur Energiegewinnung aus einer Fassade, Copyright: Hochschule Wismar
Versuchsfläche zur Energiegewinnung aus einer Fassade Copyright: Hochschule Wismar

Die Kraftwerk-Hauswand könnte eine Alternative zum Solarkollektor sein, da sie unabhängiger vom Sonnenschein funktioniert. Der Testlauf über zwei Jahre soll jetzt eine Energiebilanz ergeben: Wie viel Energie muss ich einspeisen (mit der Wärmepumpe zur Abkühlung des Frostschutzmittels) und wie viel erhalte ich am Ende für die Warmwasserproduktion – und steht das in einem sinnvollen Verhältnis?

Das Energiewand-Projekt, das unter anderem vom Bundesforschungsministerium unterstützt wird, könnte eine sinnvolle Ergänzung sein, verstärkt auf erneuerbare Energien bei der Häusersanierung zu setzen. Wenn ein Haus gedämmt und neu verputzt wird, ließe sich das Netzsystem gleich in den Putz einarbeiten. Es wäre ein Beitrag, wie gerade auch der Altbaubestand zur Energiewende etwas beitragen kann – und nicht nur die Neubauten, die ja schon jetzt hohe Energieeffizienzstandards erfüllen müssen.

Ach ja: Die Profis unter Ihnen werden vielleicht einwenden: Oh nein, wenn die Wandoberfläche kälter als die Luft ist, kann sich in manchen Fällen Tauwasser oder Eis bilden. Und dann Algen. Und dann sieht die Wand nicht nur usselig aus, sondern ist auch anfälliger für Wind und Wettereinflüsse. Die Wissenschaftler kommen diesem Einwand zuvor und haben ein ausgeklügeltes Messsystem installiert, um dies zu vermeiden. Mal schauen, ob’s klappt.

 

 

Grüne Infrastruktur: Philadelphia prescht vor

Grüne Infrastruktur, das klingt nach Expertenvokabular, nach viel Theorie, aber wenig Praxis, oder? Die Ostküstenmetropole Philadelphia in den USA setzt nun radikal den Begriff um. Zwei Milliarden US-Dollar will „Philly“ in den kommenden 25 Jahren investieren, um eine Art geschlossenen Wasserkreislauf aufzubauen. So will die Stadt grüner im wörtlichen Sinne werden: mehr Grünflächen, mehr Parks, mehr Bäume. Als ein landesweites Vorbild lobt die Umweltorganisation National Resources Defence Council die Pläne (nun gut, sie war bei der Ausarbeitung der Pläne auch beteiligt).

Philadelphia will vor allem Regenwasser sammeln, um die teure Abwasseraufbereitung zu entlasten. Denn Regenwasser, das nicht in den Abwasserkanälen landet, muss nicht gesäubert werden. Das spart Energie und Chemikalien. Ein Drittel der asphaltierten Fläche in der Stadt soll zurückgebaut werden und in grüne Flächen verwandelt werden. Bäume, Bäume, Bäume – her damit. Wo sich sonst auf unebenen Bürgersteigen nach einem Schauer die Pfuetzen sammelten und dann das Wasser in die Kanalisation lief, bewässert es nun einen kleinen Park. Die so genannte Regengärten, gleich an einer Regenrinne gelegen, werden ebenfalls mit Regenwasser bewässert. Neue Brunnen sammeln das Wasser, genauso wie neue Dachgärten.

Das Besondere des Projekts ist wohl, dass erstmals eine Stadt mehr Geld für den Ausbau der grünen Infrastruktur in die Hand nimmt als für die graue (sprich: Kanalisationssysteme). Unterm Strich kommt Philadelphia die Aufforstung und Begrünung der Stadt günstiger als in den Ausbau der Kanalisation zu investieren. Die Bewohner werden sich über mehr Parks und mehr Grün in ihrer Stadt freuen. Und der Investitionsplan enthält sogar Ziele, die Philadelphia in 25 Jahren erfüllt haben soll – so kann man die Stadt an ihren eigenen Ansprüchen messen.