Minamata, dieser Ort in Japan klingt so wunderbar leicht und poetisch. Doch tatsächlich erzählt er von einem grauenhaften Chemieunglück in den fünfziger Jahren. Der japanische Chemiekonzern Chisso leitete damals quecksilberhaltiges Abwasser in die Minamata-Bucht im Süden Japans. Die Folgen waren eine Katastrophe:
Quecksilber ist giftig für Menschen und Umwelt. Es schädigt das Nervensystem, besonders das von Kindern. Mehrere tausend Menschen wurden damals durch Chisso vergiftet, litten unter Kopf- und Gliederschmerzen, die zu Lähmungen, Psychosen und Missbildungen führten. Es sind die Symptome der Minamata-Krankheit, wie Ärzte die Quecksilbervergiftung inzwischen nennen. Mehrere tausend Menschen sollen an der Chemiekalienvergiftung gestorben sein. Es war eine der ersten gesundheitlichen Katastrophen, die durch die falsche Handhabung von Chemieabfällen ausgelöst wurde.
Dieser Tage erlangt Minamata nun erneut Aufmerksamkeit – zum Glück im positiven Sinne. Deutschland und 86 andere Staaten haben am Donnerstag die sogenannte Minamata-Konvention der Vereinten Nationen unterzeichnet. Wenn 50 Staaten sie auch ratifizieren, also in nationales Gesetz umsetzen wollen, dann tritt ab dem Jahr 2020 erstmals ein umfassendes Quecksilber-Verbot weltweit in Kraft. Die Unterzeichnerstaaten müssen den Quecksilber-Einsatz in der Industrie radikal reduzieren. Und in sieben Jahren wird Quecksilber in Glühbirnen und Thermometern endlich verbannt sein. Neue Quecksilber-Minen werden verboten, bereits existierende müssen mittelfristig schließen. Gerade in Goldminen fällt viel Quecksilber an, um das Gold auszulösen. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind sie die größte Quecksilber-Quelle.
Auch die Energiekonzerne sollten bei dem Thema aufhorchen. Denn neue Kohlekraftwerke werden verpflichtet, den besten Quecksilberfilter einzubauen, den es aktuell gibt. Über Kohlekraftwerke gelangt viel Quecksilber in die Luft: Mehr als 20 Prozent der weltweiten Quecksilber-Emissionen entstehen als Abfallprodukt bei der Verbrennung von Kohle zur Stromerzeugung, so das Umweltbundesamt.
Auch wenn die Deutschen sowieso viel mehr Quecksilber über Fisch, in dem sich Quecksilber anreichert, aufnehmen als über die Luft: Die Minamata-Konvention ist ein wichtiger Schritt, um die gesundheitliche Belastung durch das hochgiftige Schwermetall zu mindern. Erst recht, weil es noch nicht einmal in der EU verbindliche Quecksilber-Grenzwerte bislang gibt.
Besonders finde ich vor allem, dass die Vereinten Nationen es geschafft haben, nach vier Jahren zähen Verhandlungen das Minamata- Abkommen doch noch zu verabschieden. Das macht mich ein wenig optimistisch. Es ist tatsächlich das erste internationale Umweltschutzabkommen seit Jahren. Also: Es geht doch.
Es dauert nur leider immer alles viel zu lange.