Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Mietwucher: Sündenbock energetische Sanierung

 

Anfang der Woche machte Report Mainz auf das Thema Mietwucher aufmerksam. Tenor des Beitrags: Die energetische Gebäudesanierung lässt die Mieten so hoch steigen, dass immer mehr Menschen sich ihre Wohnungen nicht mehr leisten können. Das treffe laut Deutschem Mieterbund auf 100.000 Mieter zu. Eine alleinerziehende Mutter aus Hamburg, ein Künstler- und ein Renterehepaar aus Berlin: Sie alle werden wohl umziehen müssen, weil ihre Wohnungen modernisiert werden sollen.

Die Deutsche Energieagentur dena sieht das alles ein bisschen anders. Gemach, gemach, sagt ihr Chef Stephan Kohler:

„Wer die energetische Sanierung zum Sündenbock für hohe Mietsteigerungen in Deutschland macht, ist auf der falschen Fährte.“

Die dena verweist darauf, dass es oft ganz anderes Gründe gebe, warum die Mieten steigen würden.

Alte Häuser, in denen trotz guter Stadtlage bisher eine geringe Miete fällig wurde, können nach einer Aufwertung durch eine umfassende Sanierung deutlich höhere Mieten erzielen. Diese Chance würden Eigentümer natürlich nutzen. Zwar würden diese Häuser dann auch häufig energetisch saniert – die hohe Preissteigerung sei aber zu einem guten Teil auf die „Schönheitssanierung“ zurückzuführen.
In anderen Fällen würden im Zuge einer energetischen Sanierung über lange Zeit nicht erhöhte Mieten an ein allgemein gestiegenes Niveau angepasst. Diese Effekte treten besonders in den deutschen Großstädten häufig auf und treffen tatsächlich oft einkommensschwache Menschen, die schon lange in ihren Wohnungen leben.

Zudem kann der Vermieter nicht nur Teile der energetischen Sanierungkosten umlegen, sondern auch Kosten der „wohnwertverbessernden Maßnahmen“, also ein schickes neues Bad oder einen neuen Balkon.

Sanierungskosten, Quelle: dena
Sanierungskosten, Quelle: dena

Der Gesetzgeber hat übrigens erst kürzlich einmal wieder die Chance verpasst, für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Wieder einmal konnte sich der Vermittlungsausschuss zwischen Bundesrat und Bundestag nicht darauf einigen, dass Vermieter die Kosten für eine neue, energieeffiziente Heizung und bessere Fenster in ihrer Steuererklärung geltend machen können. 1,5 Milliarden Euro würde das kosten, ein Betrag, auf den die Bundesländer nicht verzichten wollen. Dabei halten Energieexperten das Programm unisono für sinnvoll – erst recht, wenn Deutschland wie geplant seine Sanierungsquote verdoppeln will.