Bela Buck nennt es das „Billy-Prinzip“, angelehnt an den Regale-Renner von Ikea. Buck will im großen Stil Steinbutte in Aquakultur züchten – und zwar in Käfigen. Weil aber der Plattfisch nun mal gerne am Boden liegt und nur zum Fressen sein Plätzchen verlässt, braucht man ein spezielles Käfigdesign. Am besten könnte man die Steinbutte in Etagenkäfigen unterbringen, glaubt Buck. Gestapelter Steinbutt aus der Nordsee sozusagen.
Buck denkt unkonventionell – und wirbelt damit gerade die Fischzucht in Deutschland auf. Der Wissenschaftler arbeitet am Alfred-Wegner-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven und will mit vielem Althergebrachten aufräumen. Dazu gehört unter anderem das bisherige Aquakultur-Tabu in der deutschen Nordsee, das Buck aufbrechen will. Warum sollten nicht Flächen der Offshore-Windparks, in denen bislang Fischerei verboten ist, zumindest für Aquakulturen genutzt werden? Bislang gebe es zwar ein Fischereiverbot, nicht aber eines der Fischzucht in den Windparks. „Die Fläche ist so knapp, wir können uns da keine Ellbogen-Mentalität leisten“, sagt Buck. Ob Ankerplätze, Kabeltrassen, Sandförderung, Schifffahrtswege oder alte Munitionsversenkungsplätze: Jeder Quadratmeter der Nordsee ist begehrt beziehungsweise schon vergeben, zumal der Großteil unter besonderem Schutz des Nationalparks Wattenmeer steht. Das zeigen die Karten des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrografie: kaum ein Fleck, der nicht schon für eine besondere Nutzung reserviert ist.
Bislang keine Fischzucht in der Nordsee
Schon seit Längerem forscht Buck daran, wie man in großen Käfigen innerhalb der Offshore-Windparks Fische züchten kann, um so den Flächenverbrauch zu minimieren. Zudem würde man so einen Beitrag dazu leisten, die Überfischung zu beenden. Bislang gibt es in der deutschen Nordsee keine Aquakultur, in der Ostsee gibt es nur ein Forschungsprojekt.
Buck schlägt vor, die Jungfische an Land aufzuziehen. Sind sie dann größer und robuster, könnten sie in Käfige inmitten der Windparks ausgesetzt werden. Diese Gitterbehälter könnten dann an den Pfählen eines Windrads befestigt werden – wie man es auf der Skizze sieht (hier allerdings noch als runder Fischkäfig, noch nicht die Billy-Version).
Der Vorteil: Weil die Windparks aus Rücksicht auf das Wattenmeer möglichst weit draußen sind, also dort, wo die Nordsee recht tief ist, könnten die Fischkäfige auch tief unter der Wasseroberfläche versenkt werden und wären daher geschützt vor Wind und Wellen.
Buck betont, dass er nur ökologisch nachhaltige Fischzucht in den Offshore-Parks betreiben will. Er spricht vom Zero-discharge-Konzept: Der Biologe will nicht mehr Nährstoffe ins Meer einbringen, als bilanziell auch verbraucht werden. In der Vergangenheit sind Fischzuchten oft in Verruf geraten, weil Fischkot und Fischfutter auf den Boden absinken und den Meeresboden verschmutzen. Buck will seine Fischfarmen daher mit einer Algen- und Muschelzucht kombinieren, die das Wasser filtern. Zudem soll besonderes, als nachhaltig zertifiziertes Fischfutter verwendet werden, das weniger Fischmehl enthält und so ebenfalls ressourcenschonender ist.
Trotzdem bleibt natürlich das Problem der Unterhaltung: Wenn es allein schon ein riesiger logistischer Aufwand ist, Windräder auf hoher See zu warten, wie soll das erst in der Tierzucht auf hoher See sein? Theoretisch könnte in drei Jahren ein Pilotkäfig fertig sein und ausgesetzt werden. We will see.