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Oettinger will kein Atompapst sein – lieber schon ein Ökopapst

Ein Bericht der Süddeutschen Zeitung sorgt heute für Aufregung in der deutschen Ökobranche. Demnach ignoriere Brüssel – konkret: EU-Energiekommissar Günther Oettinger – den deutschen Atomausstieg und befürworte den Bau neuer Atomkraftwerke. Gleich von 40 neuen Meilern  bis 2030 ist die Rede. Und selbst ein „Atom-EEG“, also eine Umlagefinanzierung zum Ausbau der Atomkraft, werde diskutiert.

Diesem Eindruck widerspricht nun Oettinger vehement. Wie er heute morgen Financial Times Deutschland Online erklärte, sei die Kommission technologieneutral und setze sich nicht für den Ausbau der Atomkraft ein. „Wir halten weder an der Atomkraft fest, noch befürworten wir den Neubau von Atomkraftwerken“, sagte er  FTD.de. Die Erneuerbaren müssten die wichtigste Säule im Energiemix 2050 sein.

Die EU-Kommission will kommende Woche ihre Roadmap 2050 für den Bereich Energiepolitik vorstellen. Darin präsentiert sie Szenarien, wie der Energiemix im Jahr 2050 aussehen könnte. Von einem ambitionierten Ökostrom-Szenario über CCS und Atomkraft wird alles einmal durchgerechnet. 40 Atomkraftwerke tauchen aber laut Kennern nicht in dem Bericht auf.

Und selbst wenn: Es würde keine große Rolle spielen. Denn Brüssel kann natürlich die Nationalstaaten nicht zum Ausbau der Atomkraft zwingen (genauso wenig wie Brüssel sie zum Atomausstieg auffordern kann). Energiepolitik liegt immer noch in der Hand der Nationalstaaten. Sicher, diese müssen die EU-Ziele erreichen (eine Reduzierung der CO2-Emissionen bis 2050 um mehr als 80 Prozent). Wie sie dies aber machen, das entscheiden die Mitgliedsstaaten selbst.

 

Biogas per Rucksack transportieren

Wie versorgt man die Ärmsten der Armen mit Energie? Bislang suchen die Menschen in Äthiopien in der Regel nach Holz, transportieren es mühselig über Kilometer zu ihren Hütten nach Hause, um es dort zu verbrennen. Das Problem ist nur: Das Holz wird so langsam knapp  – und der Transport von 30 Kilo Brennholz ist auch nicht gerade einfach.

Biogas-Rucksack, Copyright: Universität Hohenheim
Biogas-Rucksack, Copyright: Universität Hohenheim

Wissenschaftler der Universität Hohenheim haben daher nun einen Biogas-Rucksack entwickelt. Er wiegt etwa drei Kilo, besteht aus mehreren Schichten Kunststoff und einem Anschluss. Der Rucksack fasst etwa einen Kubikmeter Gas, das entspricht etwa dem Tagesbedarf einer Familie. Die Menschen laufen mit ihm zu einer zentralen Biogasanlage und zapfen sich dort ihre Energie. Zuhause deponieren sie ihn vor der Hütte und drücken je nach Bedarf das Gas heraus – der Rucksack wird ohne Druck befüllt.

Agrartechnikerin Karin Pütz, die das Konzept entwickelt hat, will den Biogas-Rucksack in eine Infrastruktur einbetten. Kleinbauern beliefern eine Biogas-Anlage mit Kuhdung – und zapfen sich im Gegenzug das Biogas. So werde ein Handelssystem aufgebaut, das sich selbst trage. Der Rucksack ist  nötig, weil es kein Geld für Leitungen oder andere Transportmöglichkeiten in Entwicklungsländern gibt. „Damit Biogas erfolgreich in Entwicklungsländern genutzt wird, muss es transportiert werden können, nur so bekommt es einen finanziellen Wert“, sagt Pütz. „Biogas as Business“ hat sie ihr Konzept genannt. Der Rucksack kostet – produziert in Deutschland – etwa 30 Euro.

Aber mit einem Kubikmeter Gas auf dem Rücken herumzulaufen, ist das nicht gefährlich? Pütz bewertet das Risiko als gering. Da es ohne Druck abgefüllt werde, könne es nicht explodieren, sondern nur verbrennen. Und damit es sich entzündet, müssen Biogas (mit hohem, nicht-brennbarem CO2-Anteil) und Sauerstoff in einem ganz bestimmten Verhältnis aufeinandertreffen. Plus eine Feuerquelle. Zurzeit lässt Pütz ihren Biogas-Rucksack vom TÜV Rheinland prüfen. Allemal ist der Rucksack aber sicherer als die derzeitige Praxis. In Indonesien, erzählt Pütz, würden etwa Bauern  Biogas in Reifenschläuchen transportieren.

Das Interesse ist übrigens enorm. Indonesien hat schon die ersten Rucksäcke geordert. Zurzeit verhandelt Pütz außerdem mit der Regierung in Äthiopien, damit ihr Konzept in das Nationale Biogasprogramm aufgenommen wird. Das ist allerdings nur der erste Schritt. Am Ende soll sich die Idee selbst finanzieren und ohne Zuschüsse auskommen.

 

 

Steht die Solarbranche vor einem Handelskrieg?

Der Vorwurf ist bekannt: Die chinesische Regierung würde die heimische Solarindustrie derart „pampern“, dass diese ihre Solarmodule weltweit zu ungeahnt spotbilligen Preisen anbieten könne. Vor allem deutsche Unternehmen zählen sich zu den Opfern.

In den USA klagt der Bonner Solarworld-Konzern in Washington gegen diese seiner Ansicht nach verzerrte Wettbewerbspolitik. In seinem Umfeld haben sich Solarkonzerne zur Coalition for American Solar Manufacturing zusammengetan. Sie kritisieren vor allem die zinsgünstigen Kredite, die chinesischen Banken den Solarherstellern gewähren. Ihr Ziel: die Einführung von Strafzöllen.

Seit dieser Woche nun geht es ans Eingemachte, denn natürlich lassen chinesische Solarfirmen die Vorwürfe nicht auf sich sitzen. Die chinesische Handelskammer CCCME, welche die Unternehmen vertritt, warnt vor der Einführung solcher Zölle. Die USA würden sich ins eigene Fleisch schneiden. Am Ende trage der US-Verbraucher den Schaden. Chinesische Unternehmen wie Yingli und Suntech Power erklärten zudem, dass sie Kostenvorteile hätten, weil sie im größeren Stil, effizienter und mit moderneren Anlagen produzieren würden, so das staatliche Blatt China Daily.

Aus China gibt es bereits die Revanche: Das Handelsministerium hat laut China Daily eine Untersuchung eingeleitet, wie die US-Regierung die heimische Erneuerbare-Energien-Branche subventioniere.

 

 

Greenpeace fordert Deutschlands größten Stromverbraucher heraus – die Bahn

Glaubt man einer Studie des Hamburger Arrhenius-Instituts für Energie- und Klimapolitik im Auftrag von Greenpeace, dann kann die Deutsche Bahn in den kommenden 20 Jahren komplett auf Ökostrom umsteigen. Dafür müsste sie unter anderem Windräder mit einer Leistung von zehn Gigawatt in Deutschland installieren.

Das würde in den ersten Jahren jährlich neu aufgestellte Windenergieanlagen mit einer Leistung von 500 Megawatt bedeuten (das entspricht ungefähr der Kapazität eines kleinen Braunkohlekraftwerks). In einem zweiten Schritt solle das Unternehmen in Kapazitäten für Windgas investieren. Dabei wird Windstrom genutzt, um Methan herzustellen und dieses ins Gasnetz einzuspeisen – eine Möglichkeit, schwankenden Windstrom zu speichern.

Man man man, denken Sie vielleicht: zehn Gigawatt Windenergie-Leistung. Zurzeit sind in Deutschland Windräder mit einer Leistung von 27 Gigawatt installiert. Mehr als ein Drittel würde also dazukommen – nur für den Bahnstrom. Nicht zu vergessen der nötige Netzausbau. Einem Bahnsprecher fällt dazu nur „unrealistisch“ ein.

Er verweist auf den bekannten Teufelskreis bei den Bahntickets: Wenn diese nämlich wegen der Energiewende teurer werden, springen die Bahnkunden ab und setzen sich lieber ins Auto. „Dann ginge der Umweltvorteil durch den Ausbau des Ökostrom verloren.“

Aber wäre das tatsächlich so? Greenpeace verweist darauf, dass die Energiekosten gerade einmal zehn Prozent der Ticketpreise ausmachen würden. Und so oder so gebe es Ersatzbedarf im Kraftwerkspark der Bahn. Die Kosten für eine Kilowattstunde  Windkraft seien schon heute vergleichbar mit denen von Kohlestrom.

Natürlich kommen aber die Investitionskosten in die Windparks dazu. Greenpeace bleibt aber dabei: Die Kostensteigerungen seien durchaus stemmbar.

Mal schauen, was aus der Studie wird, ob die Bahn sie sich genauer zu Gemüte führen wird. Sinnvoll wäre es sicherlich. Schließlich ist sie der größte Stromverbraucher Deutschlands. Eine vom BMU geförderte Studie des IWES kommt übrigens zu ähnlichen Einschätzungen wie Greenpeace: Der Umstieg auf Erneuerbare sei machbar. Im Jahr 2020 könne die Bahn ihren Ökostromanteil je nach Szenario auf 27 bis 43 Prozent erhöhen (Studie Seite 118). Und würde langfristig von niedrigeren Kosten der Erneuerbaren profitieren.

Update 2.12.11, 11:15 Uhr. Die Bahn sieht sich übrigens auf dem besten Weg, sogar die Ziele der letztgenannten IWES-Studie zu toppen. Im Jahr 2014 kommt sie, unter anderem durch einen Liefervertrag mit RWE über Wasserkraft-Kapazitäten, auf einen Ökostrom-Anteil von 28 Prozent. Bis 2020 werde man das selbst gesteckte Ziel von 35 Prozent Ökostrom  erreichen. Hier gibt es übrigens eine aktuelle Pressemitteilung der Bahn: „Deutsche Bahn: Greenpeace-Studie strategisch und wirtschaftlich unrealistisch“.

 

Trinkwasser – produziert mit Solarkraft

Phil Pauley ist ein rühriger, britischer Designer, der gerne über den Tag hinausdenkt. Er kreierte bereits das größe Flugzeug der Welt, Fernseher mit Bildschirmen auf Vor-und Rückseite und Unterwasserkraftwerke. Manches mag Spinnerei sein, aber interessant sind seine Ideen. Jetzt hat er sich der Solarkraft angenommen und eine Konzeptstudie für eine schwimmende Entsalzungsanlage vorgestellt, die mit Sonnenenergie betrieben wird:

Entsalzungsanlage "Solar-Gurke"; Copyright: Phil Pauley
Entsalzungsanlage "Solar-Gurke"; Copyright: Phil Pauley

„Solar-Gurke“ nennt Pauley seinen Entwurf. Im Inneren der kleinen Boxen werden mit Hilfe eines Vakuums, das mit Hilfe der Solarstrom erzeugt wird, Feststoffe wie Salz vom Wasser abgetrennt. Viel mehr Informationen liefert das Büro Pauley leider nicht.

Und klar, die Idee mit erneuerbaren Energien die stromfressenden Entsalzungsanlagen zu betreiben, ist nicht neu, es gab bis vor kurzem sogar ein EU-Förderprogramm namens Pro-Des dazu. Das Thema wird aber sicher immer drängender. Nach Angaben von Desertec wird die Menge Energie, die Landwirtschaft und Verbraucher in Nordafrika und dem Mittleren Osten heute insgesamt verbrauchen, im Jahr 2050 alleine schon für die Entsalzung von Meerwasser benötigt werden. Da macht es doch Sinn, auf Solarkraft zu setzen. Und warum nicht im kleinen Stil auch auf schwimmende Solargurken…

 

Nano-Partikel für Ökostrom-Speicher

Eine Entwicklung der Universität Stanford könnte der Speicherentwicklung für Ökostrom neuen Schwung verleihen. Wissenschaftler arbeiten dort an einer Elektrode, die bis zu 40.000 Ladevorgängen standgehalten hast. Das ist enorm viel, die üblichen Lithium-Ionen-Batterien würden gerade einmal 400 Ladevorgänge schaffen, bevor sie einen Großteil ihrer Leistungsfähigkeit einbußen, so die Studie.

Und wie haben es die Amis geschafft? Sie setzen auf Nano-Technologie, den Einsatz minimini-kleinster Teilchen, deren Durchmesser gerade einmal 100 Atome beträgt. Mit Hilfe von kristallinen Nano-Partikeln aus Kupfer und Kalium-Ionen konnten sie die Leistungsfähigkeit steigern. So kommt die neue Elektrode auf eine Lebensdauer von rund 30 Jahren.

Der Vorteil sind die eingesetzten Materialien. Das Forscherteam geht davon aus, dass die Elektrode kostengünstig und in jeder Größenordnung zu produzieren ist. „Man gibt die Chemikalien in einen Kolben und schon hat man das Elektroden-Material“, so Wissenschaftler Colin Wessellls. Zwar gibt es noch keine komplette Batterie, denn die besteht immer aus einer Kathode und einer Anode (die Kathode haben die Forscher nun). Aber sie sind optimistisch, schon bald auch eine passende, leistungsfähige Anode entwickelt zu haben.

Leistungsfähigkeit und Kosten sind bislang die größten Hürden bei der Entwicklung von Ökostrom-Speichern. Schließlich sollen die Batterien lange Lebenslaufzyklen haben, zugleich müssen sie kostengünstig sein, damit eine Kilowattstunde Speicherstrom mit einer Kilowattstunde Kohlestrom mithalten kann.

 

Regierung kürzt Zuschüsse für Öko-Wärme

Zurzeit dreht sich in Berlin alles ums Geld, es ist Haushaltswoche im Bundestag – und Schuldenkrise. Auch das Bundesumweltministerium bekommt das zu spüren. Es hat ein extrem erfolgreiches Förderprogramm für Ökowärme, es heißt  – Achtung: Wortungetüm: – Marktanreizprogramm. Aus dem millionenschweren Topf finanziert das BMU seit Jahren Heizungen mit alternativen Energien. Das können Solarkollektoren auf dem Dach sein, ein Holzpelletofen oder eine Wärmepumpe. In den Jahren 2008 und 2009 war das Programm wegen hoher Öl- und Gaspreise so nachgefragt, dass der Topf schon vor Jahresende leer war.

Die Bundesregierung macht nun eine ganz schön raffinierte Umschichtung der Finanzierung. Denn das MAP wird aus zwei Töpfen finanziert: aus dem Bundeshaushalt und aus den Energie- und Klimafonds. Um rund 30 Millionen Euro werden die Mittel aus dem Bundeshaushalt gekürzt. In 2012 hat das Förderprogramm dann noch ein Volumen von 349,8 Millionen Euro. Im Gegenzug gibt es zwar einen größen Zuschuss aus dem Energie- und Klimafonds. Unter Strich reicht das aber nicht aus, die Kürzungen auszugleichen: Im Vergleich zum Jahr 2008 wird das MAP um rund 30 Millionen Euro gekürzt. So sieht sie also aus, die Energiepolitik in Zeiten der Energiewende.

Zwar mag es Erbsenzählerei sein, wenn man sich die Kürzung im Vergleich zum Vorjahr, also zu 2011, anschaut: Dann sind es gerade mal 2,2 Millionen Euro. Aber entscheidend ist nun die Finanzierungsgrundlage. Denn die Mittel aus dem Energie- und Klimafonds sind alles andere als sicher. Er wird nämlich gespeist aus den Erlösen des Emissionshandels. „Die Ökowärme-Förderung wird auf eine wackeligere Basis gestellt“, klagen die Grünen.

Einziger Vorteil: Der Klimafonds läuft offiziell als „Sondervermögen“. Das bedeutet, dass er nicht von jeder Sparrunde der Bundesregierung betroffen ist. Denn wenn in einem Jahr Gelder nicht komplett ausgegeben wurden, können sie im folgenden noch verwendet werden. Bei einer Finanzierung aus dem Bundeshaushalt ist das Geld zum Jahreswechsel futsch.

 

Deutschland hält am Energiesparen fest – mit Schlupfloch

Update 16:18: Das Bundesumweltministerium macht darauf aufmerksam, dass – anders als es über die Nachrichtenagenturen lief – das verbindliche 1,5 Prozent-Ziel sehr wohl weiterhin im Richtlinien-Entwurf bleibt und die Bundesregierung dieses Ziel auch in Brüssel unterstützt. Allerdings wird es ergänzt: Die Nationalstaaten sollen selbst entscheiden, wie sie die Vorgaben umsetzen wollen. Die Einsparziele der EU würden weiterhin unterstützt und auch nicht abgeschwächt.

„Wir wollen verbindliche Ziele und verbindliche Maßnahmen. Welche Maßnahmen das sind, darüber sollen die Mitgliedstaaten weitgehend selbst entscheiden können“, sagt Bundesumweltminister Norbert Röttgen.

Von einer wirklichen Einigung zwischen Bundeswirtschafts- und Umweltministerium kann man also offenbar noch nicht reden…

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Die Bundesregierung will die Energiesparziele der EU abschwächen. Philipp Rösler (FDP) und Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) haben sich heute bei einem informellen Treffen darauf geeinigt, auf verbindliche Einsparvorgaben in der Energieeffizienz-Richtlinie zu verzichten.

Das Thema mag Sie vielleicht schon nerven – aber tut mir leid: Es ist wichtig. Denn schaut man die Klimaschutzziele der Bundesregierung an, dann gibt es nur zwei Wege, um sie zu erreichen: der radikale Ausbau der erneuerbaren Energien und Energieeffizienz.

Brüssel will per Richtlinie den EU-Staaten verbindliche Einsparziele vorgeben, die Stromversorger sollen  jährlich 1,5 Prozent Energieeinsparung im Vergleich zum Vorjahr nachweisen. Am Donnerstag werden sich die EU-Energieminister in Brüssel treffen, um den Richtlinien-Entwurf zu besprechen. Deutschland wird dort nun mit wenig Ehrgeiz auftreten und konkrete Einsparvorgaben ablehnen.

Dass das 1,5-Prozent-Ziel nicht mehr verfolgt wird, ist ein Erfolg des Bundeswirtschaftsministerium, immer wieder hatte Minister Rösler es als „Planwirtschaft“ bezeichnet.

Auf Unverständnis stößt die Entscheidung der Bundesregierung bei ausgewiesenen Energieexperten. Hans-Joachim Ziesig ist einer von ihnen. Er ist nicht irgendwer, er ist der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen, so etwas also wie der – salopp gesagt – „Graf Zahl der Energiewende“. Die AG Energiebilanzen erstellt jedes Jahr die Energiebilanz Deutschlands, ermittelt den Energieverbrauch und die Entwicklungen beim Ausbau der Erneuerbaren Energien.

Glaubt man Ziesig, dann ist die EU-Richtlinie nur eine kleine Maßnahme im Vergleich zum Großprojekt Energiewende in Deutschland. „Die Vorgaben der Effizienzrichtlinie reichen noch nicht einmal aus, um die deutschen Klimaschutzziele zu erreichen“, sagt er. Das sei ein enormes Problem. „Deutschland hinkt in der Umsetzung aller seiner Klimaschutz-Ziele hinterher.“

 

 

 

Solarbranche in der Krise: China toppt – Deutschland floppt

Die Schweizer Bank Sarasin, spezialisiert auf Nachhaltigkeitsberichterstattung und erneuerbare Energien, hat heute eine neue Studie zur Entwicklung der Solarindustrie veröffentlicht. In den kommenden Monaten werde es zu einer immensen „Marktbereinigung“ – Klartext: zu zahlreichen Insolvenzen – kommen. Von den deutschen Unternehmen sehen die Analysten eigentlich nur den Bonner Solarworld-Konzern so gut aufgestellt, dass er die Krise übersteht. Q-Cells, der Solar-Fabrik und Sunways bescheinigt Sarasin dagegen nur bescheidene Wachstumsaussichten.

Beeindruckend ist die Bewertung der chinesischen Firmen. Suntech Power, Trina Solar und Yingli Solar seien gut für die nächsten Jahre aufgestellt. Aha? Da könnte man natürlich mal die Kriterien hinterfragen, die Sarasin unterstellt. Und vielleicht spekulieren, dass die Bank nicht auf Sozial- oder Umweltstandards geachtet hat.

Dem aber ist nicht so. Sarasin hat nicht nur die Unternehmensgröße, die Wachstumskraft (Liquidität) und die Internationalisierung bewertet, sondern auch die Nachhaltigkeit der Unternehmen. Und selbst hier holen die chinesischen Solarfabriken auf, sie sind inzwischen nach internationalen Umwelt- und Arbeitsstandard-Normen (ISO) zertifiziert. Sicherlich, es gebe immer noch Skandale in China, wie etwa die giftigen Abwassereinleitungen von Jinko Solar vor einigen Wochen. „Mittlerweile habe sich aber die großen Unternehmen in China zu Qualitätsherstellern entwickelt“, sagt Sarasin-Analyst Matthias Fawer.

Ein wenig unwohl wird dem Leser der Sarasin-Studie übrigens bei der Analyse der Produktionskapazitäten. Denn weltweit gebe es ein riesiges Überangebot: Bis Ende des Jahres würden weltweit Solarmodule mit einer Leistung von 21 Gigawatt nachgefragt werden. Die Produktionskapazitäten würden aber bei rund 50 Gigawatt liegen. Betont sei hier das Wort Produktionskapazitäten. Denn bei solch mauer Nachfrage lassen die Unternehmen natürlich ihre Produktion nicht auf Anschlag laufen. Sind die Linien aber nur zur Hälfte ausgelastet, erhöht das natürlich wieder die Kosten. Der Teufelskreis der Überkapazität.