Selten formuliert die Internationale Energie Agentur so pointiert. „Wir können uns nicht weitere 20 Jahre Apathie leisten“, sagte IEA-Geschäftsführerin Marion van der Hoeven während der Präsentation des aktuellen IEA-Reports Tracking Clean Energy Progress. Man brauche jetzt einen schnellen Ausbau der CO2-armen Energietechnologien, um die Klimaerwärmung in den Griff zu bekommen. Die vielen Sonntagsreden der Staatschefs und der Boom der Erneuerbaren Energien reichten nicht aus.
Das sind ungewöhnlich scharfe Worte aus Paris. Frau van der Hoeven macht vor allem diese Grafik Sorgen:
Sie zeigt die CO2-Intensität in der Energieproduktion, die IEA nennt das etwas umständlich Energy Sector Carbon Intensity Index. Vereinfacht gesagt zeigt die Grafik, wie klimafreundlich wir inzwischen unseren Strom produzieren.
Man kann Peter Altmaier glauben, dass er die Energiewende tatsächlich für ein sinnvolles Projekt hält. In seinem 10-Punkte-Programm vom vergangenen August vertrat er sogar die Meinung, die Energiewende sei nach der Staatsschuldenkrise die zweitwichtigste „gesamtpolitische und gesamtgesellschaftliche Aufgabe“.
Am Dienstagmorgen erzählte er gar im Fernsehen: „Ich hab‘ fast jedes Windrad persönlich gestreichelt und jede Biogasanlage beschnuppert.“ So viel, wie Peter Altmaier durch Deutschland tourt und quatscht, nehme ich ihm das fast ab (aber nur fast, schließlich gibt´s inzwischen mehr als 23.000 Windräder in Deutschland).
Wenn Altmaier nun die Energiewende am Herzen liegt und sie gerade ein gesamtpolitisches Projekt sein soll, dann erweist er ihr mit der aktuellen Debatte über die EEG-Umlage wohl vorerst einen Bärendienst. Nur noch mal kurz ein paar Erklärungen zum Problem: Deutschland klagt über steigende Strompreise. Und die Ursache scheint klar zu sein: Die Ökostrom-Umlage ist schuld. Jeder Ökostrom-Produzent erhält ja eine gesetzlich garantierte Vergütung für seine eingespeiste Kilowattstunde Ökostrom. Das Geld dafür bringen alle Stromkunden durch eine Umlage auf den Strompreis auf. Die Höhe dieser EEG-Umlage berechnet sich aus der Differenz zwischen dem Börsenpreis und der gesetzlichen Vergütung.
Jüngst ist die Umlage um einen Rekordwert auf 5,277 Cent je Kilowattstunde gestiegen. Das Problem ist. Sie ist Opfer des eigenen Erfolgs: Je mehr Ökostrom ins Stromnetz eingespeist wird, desto stärker sinkt der Börsenpreis. Und desto höher muss die Umlage am Ende ausfallen.
Altmaier hat nun insgesamt fünf Vorschläge ins Gespräch gebracht, wie er den Anstieg der Umlage drosseln will. Er teilt in alle Richtungen aus: Damit sich die EEG-Umlage verlässlich, berechenbar und bezahlbar entwickelt, will er sie erstmals deckeln. Nächstes und übernächstes Jahr soll sie nicht weiter steigen.
Und wie will er das machen? Schließlich gehen jedes Jahr neue Solaranlagen und Windräder ans Netz (und a propos Dilemma: Das ist politisch ja auch so gewollt!). Altmaier hat einen Mix vor: Auf der einen Seite soll die energieintensive Industrie, die bislang Ausnahmen genießt, auf einen Teil dieser Privilegien verzichten. 500 Millionen Euro erhofft sich Altmaier dadurch.
Weitaus bedenkenswerter finde ich allerdings die Vorschläge für die Ökostrombranche. Auf der einen Seite bekomme all diejenigen, die schon heute Ökostrom produzieren, die garantierte Vergütung (und bei Solarstrom sind die alten Fördersätze aus heutiger Sicht eine wahre Gelddruckmaschine). Die Betreiber dieser Altanlagen sollen sich einmalig mit einem „Energie-Soli“ beteiligen und auf einen Teil der Vergütung verzichten – 300 Millionen Euro will Altmaier so einsparen.
Aber auch für die Neuanlagen hat Almaier eine Idee: Sie sollen erst dann eine Vergütung bekommen, wenn genug Cash da ist, wenn also das sogenannte EEG-Konto, das die Differenz zwischen Börsenpreis und Vergütung darstellt, im Plus ist.
Verständlicherweise läuft die Ökobranche gerade gegen letzteren Vorschlag Sturm. Die gesamte Branche fürchtet einen Kollateralschaden: Die Neuregelungen könnten Investoren komplett verschrecken. Von einem massiven Vertrauensverlust ist die Rede. Warum sollte auch meine Volksbank einen Kredit für die Solaranlage gewähren (oder ein Bankenkonsortium für einen riesigen Offshore-Windpark), wenn ich noch nicht einmal sagen kann, mit welchen Einnahmen ich zukünftig kalkulieren werde, damit ich ihr erst einmal den Kredit abzahlen kann und dann auch von der Investition profitiere. Der bisherige Erfolg der Erneuerbaren ist ja gerade der aktuellen Investitionssicherheit per Gesetz geschuldet. Und wie Altmaier den bisherigen Investoren Bestandsschutz zusichern will, wenn er ihnen zugleich einen Energie-Soli abzwacken will, ist mir auch unklar.
Eine Baustelle hat Peter Altmaier meiner Ansicht nach komplett vernachlässigt. Wenn es ihm denn um die Entlastung der Stromkunden geht, warum setzt er nicht dann genau bei deren Stromrechnung an, sondern nur bei der reinen EEG-Umlage? Wie wäre es etwa damit, auch die Stromversorger zur Verantwortung zu ziehen? Eine Idee, die etwa auch das Öko-Institut schon einmal ins Spiel gebracht hat, wäre ein verpflichtendes Angebot von Strompreisen, welche die Entwicklung an den Spotmärkten wiederspiegeln. Bislang geben die Stromkonzerne die finanziellen Vorteile aus sinkenden Börsenpreisen nicht an die Stromkunden weiter, stattdessen können sie ihre Gewinnmargen erhöhen.
Sicher, Altmaiers Vorschlag ist ein politischer Coup, niemand war vorgewarnt. Vor allem aber ist er ein typischer Altmaier: Denn unser Bundesumweltminister ist natürlich auch ein perfekter Wahlkampfstratege. Der Vorschlag mag scheitern, an juristischen Hürden, am Widerstand des zukünftig rot-grün dominierten Bundesrats. Aber Altmaier kann sich am Ende öffentlich hinstellen und sagen: Seht her, ich hab´s doch versucht, die Strompreise in Griff zu bekommen. An mir ist es nicht gescheitert. Und die Strompreise werden sicherlich ein großes Thema sein, erst recht im September, wenn Deutschland wählt – und zum gleichen Zeitpunkt die neue Höhe der EEG-Umlage berechnet wird.
Daher würde ich sagen: Gut, dass wir jetzt auch über die Kostenseite der Energiewende sprechen: Danke, Herr Altmaier. Aber dann lieber mit Vorschlägen, die juristisch wasserdicht sind und die eine Branche nicht von heute auf morgen abwürgen könnten.
Revolutionäres aus dem Nachbarland: Belgien will den Windstrom, der auf hoher See erzeugt wird, mithilfe einer künstlichen Insel vor der Küste speichern. Vor der Hafenstadt Zeebrugge plant der Vize-Premier und Nordsee-Minister (auch ein wunderbares Amt) Johan Vande Lanotte eine hufförmige Insel mit einem Wasserkraftwerk.
Wenn viel Wind weht – es aber an Nachfrage fehlt – soll Windstrom dazu genutzt werden, das Wasserreservoir in der Mitte der Insel leerzupumpen. Wenn die Nachfrage nach Strom wieder groß ist, werden die Schleusen geöffnet. Das Wasser strömt dann in das ausgebuddelte Inselinnere und treibt dabei Turbinen an, die Strom erzeugen.
Das Idee ist natürlich nicht neu, es handelt es sich um ein bewährtes Pumpspeicherkraftwerk. Nur diesmal wird kein Höhenunterschied genutzt, sondern das Prinzip auf die Ebene übertragen.
Vande Lanottes hat die Insel schon in einen Plan integriert, der die Nutzung der Nordsee ordnet. Die Küstenländer sind inzwischen verpflichtet, auszuweisen, welche Flächen sie wie nutzen, etwa zur Fischerei, für Seefahrtwege oder Windparks. Ausdrücklich hat nun Vande Lanotte eine Fläche für eine Stromspeicherinsel reserviert.
Seine Sprecherin betont allerdings, dass es nicht die belgische Regierung sei, die das Projekt am Ende realisieren würde. Das sollen Privatfirmen machen – und das Interesse sei groß. Namen will sie allerdings nicht nennen. Auch zu den Kosten mag sich die Regierung nicht äußern. Sie hängen natürlich stark von der Größe der Insel und der Kapazität des Kraftwerks ab. Zurzeit hat die Insel einen Durchmesser von rund 3,5 Kilometern. Die Regierung rechnet mit mindestens fünf Jahren Plan- und Bauzeit.
Belgien will die Doughnut-Insel zum Speichern seines Offshore-Windstroms nutzen. Klar ist aber auch: Die Pläne sind ambitioniert. Zurzeit drehen sich Offshore-Windräder mit 380 Megawatt Kapazität vor der Küste, das entspricht etwa einem kleinen Kohlekraftwerk. Sieben Windparks plant Belgien in den kommenden Jahren mit einer Leistung von mehr als 2.500 Megawatt. Das entspricht theoretisch der Kapazität von zwei großen Atomkraftwerken. Insgesamt machte die Windenergie im Jahr 2011 in Belgien knapp drei Prozent der Energienachfrage aus. Unser kleines Nachbarland plant ebenfalls den Atomausstieg. Im vergangenen Sommer entschied Belgien, bis zum Jahr 2025 die beiden Atomkraftwerke vom Netz zu nehmen. Sie liefern bislang noch den Großteil der Energie.
Ist nun die Speicherinsel eine Quatschidee? Schwer zu sagen. Für Deutschland und seine Mengen Ökostrom wäre das wohl nichts, für ein kleines Land mit knapp elf Millionen Einwohnern könnte es tatsächlich sinnvoll sein. Was dagegen spricht: Der Aufwand und die Kosten werden riesig sein. Schon jetzt sind ja die meisten Offshore-Projekte in der Nordsee, und erst recht vor Deutschland, in zeitlichem Verzug. Wenn die Insel fertig ist, sind wir vielleicht schon viel weiter darin gekommen, die aktuelle Stromnachfrage an das Angebot anzupassen – und brauchen am Ende gar keine Megaspeicher draußen auf See. Einmal davon abgesehen von dem enormen Eingriff in das Ökosystem Nordsee.
Germany is undergoing the Energiewende, a milestone project in transfering the energy and transport sector from nuclear power and fossil energies to renewables and energy efficiency. I found an impressive chart from the Heinrich-Böll-Foundation, an institution close to Germany´s Green Party. On energytransition.de they compared numbers from the Ministry of Environment und from the Ministry of Economics concerning the job growth in the old and new energy sectors. Result: Renewables are the main job driver. (In eigener Sache: Vielleicht wundert sich der ein oder andere Leser, dass ich diesmal auf Englisch gebloggt habe. Aber das Thema „Energiewende“ wird besonders auch vom Ausland mit Interesse verfolgt: Wie bekommt eine Industrienation wie Deutschland die Wende hin. „Energiewende“ ist inzwischen ja selbst im englischsprachigen Raum ein feststehender Begriff, so wie „Kindergarten“. Und daher hier einmal ein Experiment, auch die englischsprachigen Leser mit Informationen zu versorgen.)
Warren Buffet hat ein neues Spielfeld entdeckt. Das „Orakel von Omaha“, wie der 82-Jährige auch genannt wird, investiert im großen Stil ins Solargeschäft. Für rund 2.5 Milliarden US-Dollar kauft MidAmerican Solar, eine Tochter von Buffets Investmentfirma Berkshire Hathaway, das Solarprojekt Antelope Valley Solar Project in Kalifornien. Es hat eine Kapazität von 579 Megawatt – das entspricht ungefähr der eines kleinen Kohlekraftwerks. Damit ist der Solarpark nach Angaben von SunPower der größte bislang genehmigte Solarpark der Welt. Noch in den kommenden Monaten will MidAmerican mit dem Bau des Solarparks beginnen, der ungefähr so groß sein wird wie knapp 1.860 Fußballfelder. MidEnergy rechnet mit rund 650 Arbeitsplätzen – zumindest in der Bauphase bis zum Jahr 2015. Während des Betriebs arbeiten diese Solarparks ja praktisch vollautomatisch.
Es ist eine spannende, allerdings auch komplexe Konstellation von Akteuren. SunPower stellt Solarzellen her und gehört seit zwei Jahren mehrheitlich dem französischen Energiekonzern Total. Vier Jahre lang hat das Unternehmen den Solarpark entwickelt und ihn jetzt an MidAmerican Solar verkauft.
Unverhohlen wirbt Firmenchef Tom Werner damit, den Investor Warren Buffet gewonnen zu haben: Das stärke die Glaubwürdigkeit seiner Firma gegenüber den Banken. Die sind natürlich auch in den USA zurzeit zurückhaltend bei Solarinvestments, schließlich hat die Branche weltweit mit Überkapazitäten zu tun. Es mag der Anlagestrategie Buffetts entsprechen, dann zuzuschlagen, wenn der Preis möglichst günstig ist und wenn der Rest der Investoren zumindest kurzfristig skeptisch ist. Dieser Augenblick ist jetzt.
MidAmerican Solar gehört wiederum zur MidAmerican Energy Holdings Company, einem Stromversorger, der wiederum Teil von Berkshire Hathaway ist. Bislang hat das Unternehmen vor allem auf Windkraft gesetzt, nun vergrößert es seinen Solaranteil. Schon im Herbst 2011 kaufte es einen Solarpark in Kalifornien, damals vom Dünnschichtspezialisten First Solar.
Hinter dem Deal steckt natürlich die Aussicht auf relativ stabile Erträge. Kalifornien will bis 2050 seine Treibhausgasemissionen um 80 Prozent mindern. Um das zu erreichen, setzt es vor allem auf einen CO2-Zertifikatehandel und Solarprojekte. Auch der Käufer des Solarstroms steht bereits fest. Es ist der kalifornische Stromkonzern Southern California Edison.
Das US-Magazin Forbes nennt sie bereits ein Wunderkind – und tatsächlich: Danielle Fong hat einen beeindruckenden Lebenslauf. Heute 25 Jahre alt, schmiss sie vor Jahren die Schule, um erst in Princeton zu studieren (mit 17) und anschließend ihre Firma Lightsail Energy zu gründen. Das Start-up aus Berkeley entwickelt zurzeit einen Speicher, um überschüssigen Ökostrom zu speichern. Fong und ihr Team haben ambitionierte Pläne, natürlich im Superlativ-Format: Man wolle den „weltweit saubersten und energieeffizientesten Speicher für erneuerbare Energien“ bauen.
Dabei setzt das Unternehmen auf Druckluft. Das ist eigentlich nichts Neues: Der überflüssige Ökostrom wird dazu genutzt, Luft unter Hochdruck zu komprimieren. Wenn der Strombedarf besonders hoch ist, lässt sich die Druckluft ablassen und damit eine Turbine zu Stromproduktion antreiben.
Die Technik macht einige kleine und größere Probleme. Ein großes Problem: Wenn Luft verdichtet wird, erhitzt sie sich auf bis zu 600 Grad Celsius. Die Frage ist nun, wohin mit der Wärme? Schließlich handelt es sich um Energie, die genutzt werden sollte. Sie zu verschwenden, mindert den Effizienzgrad.
Also nehmen die Entwickler noch Wasser dazu. Während die Luft zusammengepresst wird, wird Wasser in den Tank gesprüht. Das absorbiert die Hitze. Danach werden Wasser und Luft getrennt und jeweils in abgeschlossenen Tanks gespeichert. Wird nun Strom benötigt, läuft der Vorgang genau andersherum ab: Die abgekühlte, verdichtete Luft wird mithilfe des aufgehitzten Wassers erwärmt und treibt wiederum eine Turbine zu Stromproduktion an. Natürlich ist das kniffelig, denn das Sprühen der Wassertröpfchen darf wiederum nicht zu viel Energie kosten.
Mal schauen, was aus der Idee wird. Im kommenden Jahr will das Unternehmen eine größere Pilotanlage bauen. Dass die Idee vielversprechend klingt, zeigt eine Geldsammelaktion. Rund 38 Millionen US-Dollar wollen der US-Investor und PayPal-Mitbegründer Peter Thiel, Microsoft-Gründer Bill Gates und der Investmentfonds Khosla Ventures zur Verfügung stellen.
Zumindest in den USA hat ein Wettrennen um den besten Ökospeicher begonnen. Neben Lightsails forschen auch andere Firmen an der Technologie. SustainX setzt etwa ebenfalls auf Wasser und Luft als Speichermedium. Das US-Unternehmen General Compression bedient sich einer anderen Speichertechnik: Salzkavernen.
Das ist mal eine gute Nachricht. Das Modeunternehmen Zara, das zu der spanischen Kette Inditex gehört, hat Greenpeace zugesichert, bis zum Jahr 2020 alle umwelt- und gesundheitsschädlichen Chemikalien aus der Produktion zu verbannen. Bis zum Frühjahr kommenden Jahres will das Unternehmen außerdem veröffentlichen, welche Risiko-Chemikalien die Zulieferer verwenden, darunter 40 Firmen aus China – und zwar in welchen Mengen, an welchen Standorten und in welchem Jahr. Zudem sichert Zara zu, in den kommenden Jahren auf PFC zu verzichten. Diese Chemikalien machen unter anderem Textilien wasserabweisend – und gelten langfristig als gesundheitsschädlich.
Als einen „Meilenstein für saubere Textilproduktion“ und eine „Transparenz-Revolution“ bezeichnet Greenpeace die Entscheidung von Zara. Dass da etwas dran ist, zeigen allein die Marktdaten von Inditex: Der Konzern ist die größte Modekette der Welt, rund 850 Millionen Tonnen Textilien verkauft der Konzern weltweit im Jahr. In Deutschland sind vor allem die Töchter Zara und Massimo Dutti bekannt. Mehr als 5.600 Filialen betreibt das Unternehmen auf der ganzen Welt. Inditex erwirtschaftete im vergangenen Jahr einen Umsatz von 13,8 Milliarden Euro.
Greenpeace legt nun Wert darauf, dass es die Konsumenten selbst waren, die den Modekonzern zum Einlenken bewegt haben. Diese wollten eben keine giftigen Chemikalien in ihrer Kleidung.
Das ist sicherlich richtig. Greenpeace hatte in Kinder-Jeans von Zara krebserregende Amine festgestellt. Zugleich betont die Organisation, dass das Tragen der Zara-Kleidung keine unmittelbar gesundheitlichen Folgen habe.
Der weit wichtigere Erfolg der internationalen Detox-Kampagne ist jedoch der Schutz der Arbeiter und der Umwelt in den Produktionsländern. Der Brand in der Textilfabrik in Bangladesch am vergangenen Wochenende hat erneut einen Einblick in die Nähstuben dieser Branche gewährt – und die teilweise katastrophalen Umstände deutlich gemacht. Gerade die Textilindustrie ist extrem wasserintensiv, sauberes Trinkwasser wird in den Herstellungsländern immer knapper. Allein in China hat ein Drittel der Bevölkerung keinen Zugang dazu. Die Textilproduktion gilt dort als einer der größten Verschmutzer der Gewässer.
Wenn die Textilwirtschaft aufgrund von Kampagnen wie nun von Greenpeace umdenkt, dann mag das wichtig für die Käufer hierzulande sein. Aber es ist ebenso ein großer Erfolg für die Umwelt und die Gesundheit der Arbeiter in Asien und anderswo. Nun müssen nur noch andere Ketten wie Benetton, Esprit und Victoria´s Secret folgen.
Ausgerechnet Polen, fällt mir da nur ein. Heute wurde in Doha, wo gerade der Klimagipfel tagt, bekannt, dass unser Nachbar Polen im kommenden Jahr die nächste Klimakonferenz ausrichtet.
Polen ist bislang nicht gerade als Verfechter einer ehrgeizigen Klimaschutzpolitik aufgefallen – im Gegenteil. Das Land boykottiert ehrgeizigere Klimaschutzziele auf EU Ebene und hat in den vergangenen Monaten, so Greenpeace, gleich drei Mal gegen ehrgeizigere CO2-Einsparziele sein Veto eingelegt. Für einen Eklat sorgte Polens Haltung im Frühjahr zur Verabschiedung von ehrgeizigeren Reduktionszielen bis 2050 – nur wegen Warschau konnte ein Abkommen nicht verabschiedet werden. Zudem sitzt das Land auf einem großen Batzen Emissionszertifikaten, die es nur bekam, weil nach 1990 die Ostblockwirtschaft zusammenbrach. Diese „hot air“ sorgt jetzt dafür, dass der Zertifikatspreis am Boden liegt und kein der Handel mit Verschmutzungsrechten einfach nicht die erfolgreich ist – CO2 ist einfach zu billig.
Polen diskutiert außerdem gerade die Eröffnung weiterer Braunkohleminen, schließlich ist seine Industrie vor allem auf den billigen, heimischen Kohlestrom angewiesen. Und die Kohle lässt sich hervorragend in alle Welt exportieren.
Dem Ausrichter einer Klimakonferenz kommt oftmals in den letzten Stunden des Verhandlungsmarathons eine entscheidende Position zu. Das Land muss Kompromisse zwischen Regierungen finden, muss Vorschläge machen, die Diskussion am Laufen halten. Die Chancen, dass ein erfolgreiches Abkommen verabschiedet wird, sind in der Regel größer, wenn der „Dealmaker“ selbst ehrgeizig ist – das kennt man ja aus dem Privaten.
Mal schauen, ob Polen eine 180-Grad-Wende bis zur nächsten COP19 hinlegt.
Der Auslandsgeheimdienst der USA schließt offenbar seine Klimaabteilung, berichtet die New York Times. Das Büro hatte nationale Sicherheitsfragen unter dem Aspekt des Klimawandels analysiert. Ob das Aus politische Gründe hat oder einfach Kosten gespart werden mussten, ist unklar.
Mal wieder eine Aktion aus der Kategorie „kurzfristiges Denken“. Als ob die Bedrohung durch Erderwärmung, Wasserknappheit, Ressourcenkämpfe abnehmen wird.
Spricht man dieser Tage mit E.on-Mitarbeitern, dann reiben die sich schon verwundert die Augen. Inzwischen seien Dinge in dem Konzern möglich, die man vor einigen Jahren kaum für möglich gehalten hätte. Der Konzern öffne sich. Das Atomzeitalter sei jetzt wirklich vorbei.
Noch sind es allerdings zarte Pflänzchen, die da im E.on-Reich sprießen. In diesem Jahr hat etwa E.on in Bayern zusammen mit Energiegenossenschaften fünf Windparks realisiert. Das mag vielleicht banal klingen, aber hier treffen zwei Weltanschauungen aufeinander. Wie kein anderer deutscher Energiekonzern stand E.on bislang für Zentralismus, für große Kraftwerke und große Strukturen (eine Politik, die E.on bei der Offshore-Windenergie auch fortsetzen kann). Und jetzt liebäugelt E.on mit der anderen Seite, mit Energiegenossenschaften, die für dezentrale Strukturen stehen; die Energiewende auf dem Garagendach.
Mit dem Atomausstieg muss sich der Konzern jetzt plötzlich neu aufstellen. Inzwischen gibt es sogar eine neue Einheit „dezentrale Energielösungen“. Etwas mehr als ein Dutzend Mitarbeiter sind in der Zentrale auf der Suche nach neuen Geschäftsmodellen. Die Herausforderung ist es, Ideen zu entwickeln, die zu E.on passen und eben nicht kleinklein sind. Das könnten etwa Solarmodule fürs Gewerbe sein, etwa für Supermarktketten, Baumärkte oder Möbelhäuser.
Und inzwischen wirbt E.on sogar im Radio für Solaranlagen. Die stellt das Unternehmen zwar nicht selbst her, verkauft und installiert aber die Module.
In den Geschäftszahlen spiegelt sich der Umschwung teilweise wieder. Natürlich macht das Unternehmen noch immer den größten Gewinn mit seinen Kohle-, Gas- und Atomkraftwerken.
Aber diese drei Sparten verzeichneten etwa im ersten Halbjahr allesamt ein Umsatzminus von 1,4 Milliarden Euro. Allein die Kernkraftsparte musste in den ersten sechs Monaten einen Umsatzrückgang um 23 Prozent (617 Millionen Euro) im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verkraften. Erst vor ein paar Tagen verkaufte E.on zusammen mit RWE seinen Anteil an der britischen Atomtocher Horizon. An den Neubau von Gaskraftwerken ist derzeit nicht zu denken.
Der Umsatz in der Ökostromsparte wuchs dagegen um 70 Millionen Euro, vor allem wegen neuer Windparks in den USA.
Nun muss man abwarten, wohin die Reise des Energieriesen geht. Anfang Oktober hatte E.on Anteile an Windparks in den USA verkauft. In zwei Wochen legt der Energiekonzern die nächsten Quartalszahlen vor.