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Der Luna Ring soll Solarstrom vom Mond liefern

Was ich an den Japanern mag, ist ihre extreme Technikbegeisterung. Jüngstes Beispiel ist Shimizu, einer der größten Baukonzerne Japans (operativer, geplanter Gewinn: 90 Millionen Euro in 2013). Das Unternehmen will – ernsthaft – einen riesigen Solaranlagen-Gürtel namens Luna Ring entlang des Mond-Äquators bauen. Hier ein Video des Chefs des Entwicklungssparte von Shimizu, Tetsuji Yoshida, der die Pläne ganz seriös erklärt:

Die Idee in Kurzform: Ein bis zu 400 Kilometer und 11.000 Kilometer breites Band aus Solaranlagen soll einmal komplett den sich drehenden Mond umspannen. Es produziert auf der sonnenzugewandten Seite Solarstrom, der mithilfe von Kabeln auf die der Erde zugewandte Seite transportiert wird.

Mithilfe von Mikrowellen und Lasern wird der Strom wiederum zur Erde geschickt und dort in riesigen Konvertern umgewandelt. Nach Angaben des britischen Telegraphs ließen sich so 13.000 Terawattstunden Solarstrom produzieren. In welchem Zeitraum ist allerdings unklar (zum Vergleich der deutsche Strombedarf: rund 500 Terawattstunden im Jahr). Spätestens im Jahr 2035 lasse sich, so Shimizu, ein solches gigantisches Energieprojekt realisieren.

Nun lässt sich das alles leicht als Humbug abtun. Spielt man die Pläne einmal durch, stößt man nur auf Probleme: Wie soll sich der Mond in eine gigantische Energiewenden-Baustelle verwandeln? Werden künftig Astronauten-Bautrupps im Schichtdienst auf dem Mond Betonmischer rühren? Wie steht es um die Eigentumsrechte? Und überhaupt: Die letzte bemannte Mondmission war im Jahr 1972. Damals haben wir dort oben das Sammeln von Gesteinsbrocken perfektioniert. Eine Baustelle im Weltall zu unterhalten und ein Technikprojekt zu warten, das ist wohl eine andere Liga.

Mir gefällt allerdings an dem Projekt, an dem Shimizu bereits seit Jahren feilt, das Visionäre. Shimizu präsentiert den Luna Ring gleich zu Beginn auf seiner Homepage unter der Rubrik „Träume“. Dort gibt es noch andere abgefahrene Ideen wie etwa eine künstliche, schwimmende Öko-Insel.

Auch wenn das Konzept extrem unrealistisch ist und vielleicht auch einfach gar keinen Sinn macht: Wann haben deutsche Konzerne mal nicht über die Energiewende geklagt, sondern einfach mal unkonventionelle Ideen präsentiert? Das kann gerne als Aufruf verstanden werden: Her mit den Präsentationen: marlies.uken@zeit.de

 

Altmaier und Kraft planen Trip nach Brüssel

Man könnte es eine Fortbildungsreise nennen. Am Donnerstag wollen Peter Altmaier (CDU) und Hannelore Kraft (SPD), die für eine mögliche Große Koalition gerade die Energiethemen verhandeln, gemeinsam nach Brüssel reisen. Über den Besuch aus Berlin darf sich EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia freuen. Der kleine Spanier spielt inzwischen eine Schlüsselrolle, wenn es um die Förderung und Nicht-Förderung erneuerbarer Energien geht. Also um das, was Kraft und Altmaier zurzeit verhandeln.

Das deutsche Duo will bei der EU-Kommission – salopp gesagt – die Lage abchecken. Deutschland muss sein Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) reformieren, denn die Kosten drohen langsam aus dem Ruder zu laufen. Da ergibt es Sinn, einmal in Brüssel nachzufragen, was denn an möglichen neuen Regelungen auf die nächste Bundesregierung zukommt. Und wie man eine Reform des EEG möglichst wasserdicht hinbekommt.

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Friesen lassen das Bürgerstromnetz floppen

Gerade einmal 100 Bürger in Schleswig-Holstein wollen sich an einer Stromleitung vor ihrer Haustür beteiligen. Das hat der Stromkonzern Tennet, der die Anleihe ausgegeben hat, am Mittwoch mitgeteilt. Er hatte rund 160.000 Haushalte in den Landkreisen Dithmarschen und Nordfriesland eingeladen, in die sogenannte Bürgerleitung zu investieren. Sie beteiligen sich an der Westküstentrasse, einer rund 150 Kilometer langen Stromleitung, die Ökostrom aus dem Norden Richtung Süden abtransportieren soll. Im Gegenzug erhalten sie eine Rendite von anfangs drei, später fünf Prozent.

Doch die Bürger sind zurückhaltend. Insgesamt konnte der Konzern nur eine Million Euro einsammeln. Nun sind alle zerknirscht, wenn nicht gar abgeklärt: Bei Tennet heißt es, dass die hohen Erwartungen immer nur von außen an den Konzern herangetragen worden seien, man selbst habe das weitaus realistischer gesehen. Tennet-Chef Lex Hartman sagte:

Der Erfolg des Projekts bemisst sich für uns nicht in der Anzahl der gezeichneten Anleihen. Im Vordergrund steht die Erweiterung unseres intensiven Dialog-Verfahrens um ein weiteres Element.

Die Erwartungen an die Bürgerleitung waren enorm und politisch aufgeladen. Es geht schließlich um die Energiewende und inwiefern die Politik die Bürger eigentlich mitnimmt. Die Bürgerleitung sollte die Lösung sein. Wenn sich Menschen aus der Region an den Gewinnen aus dem Stromnetzbetrieb beteiligen können, dann leisten sie vielleicht weniger Widerstand gegen den Bau der neuen Strommasten, die gerade in Schleswig-Holstein dringend benötigt werden. Selbst Noch-Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) hatte sich für die Idee stark gemacht und betont, dass die Bürgeranleihe „erheblich dazu beitragen (könne), die Akzeptanz für den überregionalen Netzausbau zu stärken“.

Warum also war das Interesse sogar so gering, dass selbst die Zeichnungsfrist Ende August noch einmal verlängert werden musste? Ich glaube, es lag einfach an der Konstruktion des Wertpapiers. Tennet hatte es als Hybrid-Anleihe an der niederländischen Tennet Holding gestaltet – und das war sicherlich den Bürgern einfach zu kompliziert. Eine Hybridanleihe ist, vereinfacht gesagt, ein Mix aus Fremdkapital und Eigenkapital. Geht Tennet pleite, dann werden Inhaber des Bürgerleitungspapiers nur nachrangig bedient. Man ist eben kein Premiumgläubiger. Will man vorher verkaufen, ist unklar, wie hoch der Verkaufspreis sein wird, zumal es sich um einen extrem kleinen, kaum liquiden Markt handelt.

Die Verbraucherzentralen hatten daher im Vorfeld die Bürgeranleihe scharf kritisiert und sie wegen der Risiken als „ungeeignet“ für Verbraucher bezeichnet. Die NordLB, die in ihrer Analyse zum Urteil „fair“ kommt, betont auch, dass die Renditen entscheidend vom Baubeginn der Trasse abhängen. Tennet verspricht, anfangs drei Prozent Zinsen zu zahlen. Sobald allerdings der Bau losgeht, sollen es fünf Prozent sein. Anleger müssten sich, so die NordLB, bewusst sein, dass der Zinssatz vom Baubeginn, aber auch von den Bedingungen der Bundesnetzagentur abhänge, die den Stromnetzbetrieb reguliert.

„Die Anleihe war nur für risikofreudige Anleger interessant“, sagt Peter Ahmels vom Forum Netzintegration, der seit Monaten den Stromnetzausbau im Norden mitbegleitet. Den „Normalbürger“, der ja Zielgruppe gewesen sei, habe sie eindeutig nicht erreicht. Trotzdem bleibt Ahmels gelassen. „Ein Versuch war es wert.“

Und der nächste Schritt? Tennet will jetzt einen „intensiven Dialog“ mit allen Beteiligten starten. In den nächsten Wochen werden nun die Anfragen der Bürger sowie Umfragen ausgewertet. Was war falsch, was richtig? Es wird spannend, ob sich bis dahin die Politik, respektive der Bundesumweltminister, zu dem gescheiterten Pilotprojekt äußern werden. Und ob es nicht einfachere Alternativen zu einer Hybridanleihe gibt.

 

Warum Biobauern aufgeben

Vielleicht kennen Sie das: Man kommt aus dem Urlaub zurück, der Kühlschrank ist leer und es ist prinzipiell Sonntag. Erst am Wochenende trieb mich diese Notlage in einen Lidl – und ich war einmal mehr baff, wie groß doch das Bioangebot der Billigbilligbilliger ist. Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft bestätigt den Eindruck: Allein in den vergangenen vier Jahren hat das Handelsvolumen mit Bioprodukten um 21 Prozent zugelegt, so der BÖLW. Der Sieben-Milliarden-Euro-Markt in Deutschland wächst stetig, immer mehr Verbraucher wollen Bio.

Das Verrückte ist nur: Das Angebot kommt nicht hinterher. Zahlreiche Biobauern in Deutschland geben ihre Betriebe auf. Warum viele nicht durchhalten, hat das Von-Thünen-Institut, das Forschungsinstitut des Landwirtschaftsministeriums, erstmals umfassend untersucht. Mehr als 600 Biobauern geben demnach jährlich auf, das sind fünf Prozent der Biobauern. Die Autoren sprechen von einer „nicht unerheblichen Zahl“ von Betrieben, die aus der Ökoproduktion aussteigen. Der Großteil von ihnen baut wieder klassisch an (3,4 Prozent), darf also wieder Pestizide einsetzen und genverändertes Futter in den Trog schütten. Manche geben den Betrieb ganz auf. Das hat zur Folge, dass im vergangenen Jahr die Ackerfläche, die ökologisch bewirtschaftet wird, nur um 1,8 Prozent zunahm – ein Rekordtief.

Auf mehr als 300 Seiten analysieren die Wissenschaftler ausführlich, warum die Biobauern einknicken. Es ist immer ein Mix aus Gründen: fehlende Wirtschaftlichkeit; strenge Vorgaben der Ökorichtlinie, die gerade für kleine Betriebe nicht erfüllbar sind; manchmal ist es auch einfach pure Desillusion. Oder Frustration darüber, dass man ein Einzelkämpfer ist. Dass die Direktvermarktung nicht klappt oder Bundesländer – wie etwa Brandenburg – Umstellungsprämien für neue Biobauern einfach aussetzen.

Spannend daran ist, dass die finanziellen Spritzen des Staates, also etwa die Umstellungsprämien der Bundesländer und ihre Planbarkeit, für Biobauern weniger wichtig sind als die Marktpreise, die sich am Ende für Bioprodukte erzielen lassen. Der Vorwurf, dass nur Förderprämien die wirtschaftliche Grundlage für Biobauern sind, läuft also ins Leere.

Die Studie stellt die Politik vor ein Problem. Denn Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, dass mindestens 20 Prozent der deutschen Äcker ökologisch bewirtschaftet werden. Aktuell sind es laut BÖLW gerade einmal 6,2 Prozent. Zwar nimmt netto die Zahl der Biobetriebe immer noch zu. Aber was ist sinnvoller, als zumindest die Biobauern, die man schon an Bord hat, auch dort zu behalten und so das Ziel einfacher zu erreichen?

Hiltrud Nieberg, Mitautorin der Studie, sieht sowohl die Politik also auch die Biobauern in der Pflicht. Sie empfiehlt, dass Biobetriebe am Anfang einen regelmäßigen Betriebscheck durchlaufen müssen. „Wenn die Politik die Ökolandwirtschaft unterstützen will, dann muss sie selbst nicht nur verlässliche finanzielle Rahmenbedingungen gewährleisten, sondern darf auch von den Biobetrieben verlangen, sich zu den Voraussetzungen, Chancen und Risiken der Umstellung beraten zu lassen.“ Das gelte vor allem in den ersten Jahren nach der Umstellung.

 

Sommerhitze treibt den Strompreis

Hier in Berlin sind es aktuell 30 Grad Celsius, ein perfekter Einstieg ins Wochenende. Nein, ich werde jetzt garantiert nicht über die Hitze jammern. Stattdessen war ich kurz auf der Internetseite der Leipziger Strombörse. Und da gibt es einige ganz spannende Entwicklungen zu entdecken: Der Börsenstrompreis auf dem Spotmarkt, der die kurzfristigen Entwicklungen abzeichnet, zieht nämlich seit ein paar Tagen kräftig an. Am Donnerstag kostete die Megawattstunde mehr als 51 Euro, so viel wie seit Ende Mai nicht mehr.

Warum das so ist, zeigt folgende Grafik von Agora Energiewende, einem Berliner Think Tank.

Sie haben die Daten der EEX und den Übertragungsnetzbetreibern grafisch aufbereitet. Daran sieht man: Deutschland erlebt gerade schönsten Sonnenschein (viele gelbe Kegel über Tag) und eine Windflaute (wenig Blaues). Den Großteil der Stromnachfrage decken zurzeit also konventionelle Kraftwerke.

Stromangebot und Nachfrage © Agora Energiewende
Stromangebot und Nachfrage © Agora Energiewende

Die Windproduktion liegt laut EEX bei gerade einmal rund 500 Megawatt. Für Tobias Federico, Geschäftsführer von Energy Brainpool, ist das sehr wenig: „4.000 Megawatt wären normal“, sagt er.

Und nun wird der Strompreis natürlich durch Angebot und Nachfrage gebildet: Die Nachfrage ist wegen des hohen Kühlbedarfs relativ hoch (wobei die Ferienzeit ein wenig dämpfend wirkt). Auf der anderen Seite ist das Angebot zumindest an Ökostrom nicht gerade richtig groß: Es ist zwar heiß, aber nicht unbedingt sonnig. Eigentlich sind in Deutschland rund Solaranlagen mit 32.000 Megawatt Leistung installiert. Laut EEX werden aber aktuell nur etwa 14.000 Megawatt eingespeist, also nur die Hälfte.

Warum? Den Solaranlagen ist es einfach zu heiß. Je heißer es wird, desto schlechter arbeitet eine Solaranlage, sie mag es eben sonnig, aber nicht zu heiß.

Auf eine Zahl werden die Stromkonzerne nun in den kommenden Tagen besonders schauen: die Wassertemperatur der Flüsse. Denn ob AKW oder Kohlekraftwerk: Die Meiler müssen gekühlt werden. Und irgendwann sind Elbe oder Rhein einfach zu warm, 28 Grad gilt als Grenzmarke. Dann müssen die Betreiber in der Regel ihre Kraftwerke noch besser kühlen oder eben zurückfahren. Noch aber ist Federico gelassen: „Wir haben keine Versorgungsengpässe“, sagt er. Die Elbe ist aktuell 23 Grad warm.

 

Weltgrößte Förderbank wendet sich von Kohle ab

Die Europäische Investmentbank (EIB), nach eigenen Angaben die weltgrößte staatliche Förderbank, hat am Dienstag eine kleine Revolution beschlossen. In ihren neuen Förderrichtlinien, welche die Bank heute bekannt gab, findet sich de facto das Aus für die Finanzierung von Kohlekraftwerken. Zukünftig will die EIB, die so etwas ist wie die KfW für Europa, nur noch Kraftwerke mitfinanzieren, die maximal 550 Gramm Kohlendioxid je Kilowattstunde emittieren. Damit will die Bank die 28 EU-Mitgliedsstaaten bei der Umsetzung der europäischen Klimastrategie unterstützen. Die neuen Emissionsstandards würden garantieren, dass die Bank durch ihre Förderpolitik im Energiebereich einen nachhaltigen und positiven Beitrag zu mehr Wachstum leiste, sagt Vizepräsident Mihai Tanasescu.

Was die neuen Richtlinien für die einzelnen Energieträger bedeuet, zeigt diese Grafik:

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Ökostrom ersetzt Atomstrom

Frisch vom Markt: NeBruttostromerzeugung 2012 in Deutschland, Quelle: Statistisches Bundesamtueste Zahlen vom Statistischen Bundesamt zum Strommix in Deutschland. Braunkohle ist immer noch der wichtigste Energielieferant, gefolgt von den Erneuerbaren Energien. Im Jahr 2010 lag der Kernenergieanteil noch bei 22,4 Prozent, jetzt sind es 16,1 Prozent. Der Atomausstieg (beziehungsweise die Energiewende) klappt also. Der Ökostromanteil Ist nur leider mühsamer als gedacht.

 

Energieschiffe sollen auf den Weltmeeren kreuzen

 © Segelenergie
© Segelenergie

Eine der abgefahrensten Ideen zur Stromspeicherung kommt zurzeit von Michael Sterner, einem Energiewende-Spezialisten an der Technischen Hochschule Regensburg, der sich vor allem um die Speicherung von Ökostrom kümmert. Segelenergie nennt er sein Konzept. Auf dem Atlantik will er Energieschiffe kreuzen lassen: Das könnten etwa Segelschiffe sein oder Schiffe, die mit sogenannten Flettner-Rotoren betrieben werden, aber das ist was für Eingeweihte. Am Rumpf im Wasser würden die Schiffe mithilfe eines Propellers Strom produzieren. Oder sie haben eine Turbine im Schlepptau, die Strom produziert.

Der Strom wird an Bord dazu genutzt, Wasserstoff herzustellen. Der lässt sich relativ problemlos ins Gasnetz einspeisen. Diese Power-to-Gas-Technologie macht gerade die ersten Schrittchen von der Testphase zur kommerziellen Nutzung. Erst vergangene Woche hat E.on eine Power-to-Gas-Anlage für die Speicherung von Windstrom in Betrieb genommen.

Der Charme seiner Energieschiffe sei, dass man auf See Ökostrom konstanter produzieren können, sagt Sterner. Die einzelnen Technologien seien allesamt bekannt. Sie werden also nur auf den Energieschiffen einmal neu zusammengepuzzelt. Auf See würden die Power-to-Gas-Anlagen etwa doppelt so gut ausgelastet werden wie an Land, weil an Land der Windstrom stärker schwankt. Die Energieschiffe könnten so rund um die Uhr Wind-Wasser-Strom produzieren. Man spare sich den Stromnetzausbau und habe zugleich einen Stromspeicher gefunden. Und die darbende Schiffindustrie an der Küste profitiere auch noch.

Klingt ja alles erstmal prima. Ein bisschen kompliziert wird es allerdings, wenn es konkret wird. Bislang gibt es noch kein echtes Energieschiff, Sterner plant zurzeit eine Machbarkeitsstudie. Die Zahl der Schiffe ist natürlich schon entscheidend, schließlich wird auf den Weltmeeren so langsam auch der Platz knapp (Offshore-Windparks, Fischerei, Erdölförderung, Kreuzfahrtschiffe).

Sterner stellt eine etwas komplexe Potenzialrechnung auf, und zwar im Vergleich zu Biosprit. Zurzeit verbrauchen wir rund 2,4 Millionen Hektar Fläche für den Anbau von Raps und anderen Energiepflanzen, um auf einen Biospritanteil von fünf Prozent zu kommen. Das ließe sich auch mit rund 2.200 Schiffen schaffen, die jeweils eine Kapazität von fünf Megawatt haben. Der Vorteil: Von den Energieschiffen bekommt kaum jemand etwas mit – im Unterschied zu den neuen Monokulturen in der deutschen Landwirtschaft.

Es ist eine ganz schön unkonventionelle Idee. Sterner gilt aber nicht als unseriöser Daniel Düsentrieb, er berät auch die Bundesregierung. Allerdings zeigen einige Energiewende-Ideen, die auf der See spielen, wie widrig die Bedingungen sind und dass die Kosten schnell aus dem Ufer laufen. Auch Sterners schwimmendes Kraftwerk kommt nur auf einen Wirkungsgrad von etwa 30 Prozent für den gesamten Prozess. „Wir wollen nicht Desertec sein“, sagt der Erfinder. Seine Schiffe sollen nur ein Baustein im großen Bild der Energiewende sein. Die kommenden Monate werden zeigen, wie realistisch das ist. Ein Patent hat er bereits angemeldet.

 

Atomkraft dümpelt auf dem Niveau von 1984

Als Abendlektüre habe ich mir so eben noch den Weltenergiebericht des Erdölgiganten BP vorgenommen. Liebe Leser, scrollen Sie doch mal in der Präsentation des Chefökonoms auf Seite 15. Da findet sich ein wirklich bemerkenswertes Detail zur Nutzung der Atomenergie weltweit. Die ist ja bekanntlich nicht nur in Deutschland auf dem Rückzug. Im vergangenen Jahr sank ihr Anteil am globalen Primärenergieverbrauch auf 4,5 Prozent.

Das ist der niedrigste Wert seit dem Jahr 1984. Eine beeindruckende Entwicklung. Ich erinnere mich, dass wir noch vor ein paar Jahren in Deutschland heftig über den Ausstieg aus dem Atomausstieg diskutierten. Und jetzt legt Atomkraft im bereits zweiten Jahr einen Rekordrückgang hin, vor allem wegen des japanischen Atomausstiegs.

Und wer überholt? Die Erneuerbaren. In China, Japan und Deutschland toppt Ökostrom inzwischen Atomstrom.

 

Statt der Erneuerbaren boomt die Kohle

Braunkohlekraftwerk Jänschwalde © Sean Gallup/Getty Images
Braunkohlekraftwerk Jänschwalde © Sean Gallup/Getty Images

Die AG Energiebilanzen hat heute neue Daten zu Deutschlands Energieverbrauch vorgelegt (das machen die Statistikliebhaber aus Köln ja in stoischer Regelmäßigkeit). Nur flott zur Erinnerung: Es war ein knackekalter, gefühlt nicht enden wollender Winter. Entsprechend ist der Energieverbrauch Deutschlands in den ersten drei Monaten des Jahres kräftig gestiegen. Er nahm um 3,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal zu. Die Energie wurde vor allem zum Heizen genutzt. Erdgas verzeichnete einen Zuwachs von 8,7 Prozent, das werden die Verbraucher vor allem an der gestiegenen Gasrechnung merken.

Das passiert also im Wärmemarkt. Spannend sind aber weitere Details aus der Energiestatistik, aus denen man Rückschlüsse auf den Stromsektor ziehen kann. Sie zeigen, wie sich gerade der Energiemix in Deutschland verschiebt. Denn ausgerechnet die Steinkohle wächst kräftig, im ersten Quartal stieg der Verbrauch um 10,5 Prozent an. Steinkohle ist unter den fossilen Brennstoffen gemessen an den Kohlendioxidemissionen der zweitdreckigste Energieträger. Nur die Braunkohle ist noch schmutziger. Deren Verbrauch sank in den ersten drei Monaten 2013 zwar um 2,6 Prozent – aber der Verbrauch von Steinkohle stieg kräftig an. Die Erneuerbaren wachsen dagegen nur verhalten um zwei Prozent, kein Wunder: Dieser Winter war grau und öde, kein Sturm, keine Sonne. Das schlägt sich auch prompt in den Energietabellen nieder.

Warum boomt bloß die Kohle? Die Antwort  ist einfach. Sie ist günstig zu haben. Die Importpreise Deutschlands für Steinkohle aus Ländern außerhalb der EU sinken seit Monaten, wie Zahlen des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle zeigen. Ende 2011 war eine Tonne für 110 Euro zu haben, ein Jahr später waren es nur noch 86 Euro. Der Grund ist vor allem auch die amerikanische Energiewende. Die USA setzen auf günstiges Schiefergas, das sie mit Hilfe von Fracking fördern. Es ersetzt in den USA die heimische Kohle, die dann einfach billig auf den Weltmärkten verhökert wird. Wie stark die USA ihre Kohleexporte seit des Frackingboom steigern, zeigen die Zahlen des US-Energieministeriums. Noch nie haben die USA so viel Kohle exportiert wie im vergangenen Jahr. Mehr als die Hälfte davon ging nach Europa.

Klar ist, dass die aktuellen Entwicklungen kaum zu unserem deutschen Großprojekt Energiewende passen. Nach Zahlen der Deutschen Umwelthilfe sind in Deutschland zurzeit mehr als zehn Kohlekraftwerke in Planung. Energiewende heißt, dass die Erneuerbaren ausgebaut werden müssen. Entsprechend müsste der Anteil der fossilen Brennstoffe am Energiemix gesenkt werden. Gerade passiert genau das Gegenteil.