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Besser nach dem Wind greifen – die ausfahrbaren Rotorblätter

Der New Scientist berichtet seiner aktuellen Klimawandel-Ausgabe über ausfahrbare Windradflügel. Rajnish Sharma aus Neuseeland will die Ausbeute eines Windrads erhöhen, indem sich die Länge der Rotorblätter an die Windstärke anpasst. Je stärker der Wind weht, desto kürzer sind sie idealerweise – denn zu lange Rotorblätter erhöhen die Lasten für die Anlage und machen sie bei Sturm anfällig. Er arbeitet an so genannten Teleskop-Rotorblättern, die sich aus- und einfahren lassen. Mit ihnen will er die Ausbeute einer Windanlage gar verdoppeln. Sein Mini-Prototyp, eine 1,5 Kilowatt-Anlage, zeige, dass die Idee funktioniere: Bei schwächeren Windstärken komme die Testanlage auf eine höhere Ausbeute als ein normales Windrad.

Die Idee ist grundsätzlich nicht neu, seit Jahren forschen auch deutsche Rotorblatthersteller etwa an Klappen , um die Windausbeute zu optimieren. Jeder zusätzliche Prozent Wirkungsgrad zählt, denn hochgerechnet auf einen Windpark lässt sich so natürlich mehr Erlös erwirtschaften.

Doch Fachleute aus der Praxis sind eher skeptisch, dass sich ausfahrbare Flügel oder Klappen durchsetzen werden. Jedes zusätzliche, bewegbare Teile erhöht natürlich auch die Anfälligkeit einer Anlage. Dabei ist ein reibungsfreier Betrieb das Allerwichtigste, erst Recht, wenn es um Offshore-Anlagen im Meer geht, die nur schwer erreichbar sind. Am Ende geht es eben um Ertragssicherheit und die Kosten je Kilowattstunde. Sharma glaubt allerdings, dass sich die Investition selbst dann rentiere, wenn die Teleskop-Rotorblätter vier Mal so teuer seien als normale. Na, mal schauen.

 

Neue Skepsis über weltweiten Emissionshandel

Wenn Wunsch auf Realität trifft, dann sieht das ungefähr so aus: Eigentlich sollen die CO2-Emisionen weltweit sinken, um die Erderwärmung in Griff zu bekommen. Doch die niederländische Umweltagentur meldete erst kürzlich eine ganz andere Entwicklung: Weltweit nahmen zwischen 1990 und 2010 die globalen Klimagasemissionen um – Achtung – 45 Prozent  zu.

Das hat nicht nur Folgen für den Temperaturanstieg, sondern auch für die politische Akzeptanz eines Emissionshandels. Auf einer Konferenz in Berlin waren sich die Energieexpertin Claudia Kemfert vom DIW und Hermann Ott, klimapolitischer Sprecher der Grünen, einig, dass der CO2-Markt in seiner jetzigen Form nicht funktioniert. Die Preissignale seien einfach nicht stark genug, damit Unternehmen sie als Kostenfaktor wahrnehmen würden. Dabei waren beide, inbesondere Kemfert, immer  große Anhänger des Emissionshandels.

Vor allem im Hinblick auf die Klimakonferenz in Durban warnen die beiden davor, sich auf einen globalen Emissionshandel zu versteifen. Sobald man das fordere, sei die Idee tot, schließlich werde man es nicht schaffen, dass sich die Weltgemeinschaft darauf einige.

Das ist also der neue Realismus, der seit dem gescheiterten Klimagipfel in Kopenhagen herrscht.

Was aber ist die Alternative? Glaubt man Kemfert, lautet sie so: ambitionierte, nationale Klimaschutzziele. Denn langfristig sei klar, dass die Energiepreise steigen würden. Und dann käme auch ganz schnell das Thema Klimaschutz wieder auf die Agenda – auch wenn es zurzeit von der Schuldenkrise verdrängt werde.

 

 

 

Wissenschaftler drängen auf mehr Energieeffizienz

Es ist ein Thema, das gerne vergessen wird: Energieeffizienz. Vielleicht, weil sich die Gespräche dann schnell um so sperrige Begriffe wie „Nationale Energieeffizienz-Aktionspläne“ oder „Energieeinsparverordnung“ drehen. Gerd Hauser, Leiter des Fraunhofer Instituts für Bauphysik, hat es heute auf der Jahrestagung des Forschungsverbunds Erneuerbare Energien markig formuliert:

„Ohne beachtliche Maßnahmen im Bereich Energieeffizienz werden wir das Ziel 100 Prozent Erneuerbare Energien nicht schaffen.“

Richtig verärgert wirkt Hauser, wenn es um die geplante steuerliche Abschreibungsmöglichkeit von Gebäudesanierungen geht. Die Bundesregierung will Hauseigentümern ermöglichen, Investitionen in Wärmedämmung und effiziente Heizungen über zehn Jahre bei der Steuererklärung abzuschreiben, um Investitionen in Schwung zu bringen. Doch der Gesetzesvorschlag scheiterte kürzlich im Bundesrat, da die Länder weniger Steuereinnahmen fürchten. Sogar der Vermittlungsausschuss wurde bislang nicht angerufen.

Dabei ist das Thema wichtig, kaum ein Energieexperte, der nicht vom „schlummernden Riesen“ spricht, wenn es um den Gebäudesektor und die dort möglichen Energieeinsparpotenziale geht. Denn egal ob Fachwerkhäuschen oder Plattenbau: Gebäude sind wahre Energiefresser, rund 40 Prozent des Energieverbrauchs fallen beim Heizen und bei der Warmwasseraufbereitung an.

Auch wenn man es nicht auf den ersten Blick vermutet: Das Thema hat sogar noch mehr Konfliktpotenzial. Denn die Frage, ob der Stromverbrauch in Deutschland ansteigen wird oder nicht, lässt sich nicht so einfach beantworten. Die Bundesregierung hat in ihrem Energiekonzept ehrgeizige Pläne vorgelegt:

„Bis 2050 wollen wir unseren Bedarf an Primärenergie um 50 Prozent senken. Das ist nur zu erreichen, wenn wir überall massiv auf Energiesparen und Energieeffizienz setzen. (…) Der Wärmebedarf des Gebäudebestandes soll bis 2020 um 20 Prozent sinken.“

Die Frage ist nur: Wird der Stromverbrauch tatsächlich sinken? Oder wird es nicht so sein, dass Elektroautos und Wärmepumpen ihn erhöhen? Das eine wäre ein politisches Ziel, das andere die tatsächliche Entwicklung.

„Vielleicht tut sich da eine gewaltige Scheere auf“, warnt Wolfgang Eberhardt, Professor für Energieforschung am Helmholtz Zentrum Berlin. Umso wichtiger ist ihm, dass die Forschritte der Energiewende wissenschaftlich begleitet werden und es ein „Monitoring“ gibt, um Fehlentwicklungen zu vermeiden. Am liebsten hätte Eberhardt sogar einen Energiewende-Beauftragten im Bundestag.

 

 

 

Klimaschädigende Subventionen explodieren, warnt IEA

Die Internationale Energie-Agentur macht sich dieser Tage bei Regierungen unbeliebt, indem sie die klimaschädigenden Subventionen für die fossilen Energien weltweit anprangert. Insgesamt hätten Regierungen im vergangenen Jahr 409 Milliarden US-Dollar ausgegeben, die dazu führten, dass der Ölpreis künstlich niedrig gehalten wird. Bis zum Jahr 2020 könnten sich die Subventionen sogar auf mehr als 660 Milliarden US-Dollar aufsummieren. Also mehr als eine halbe Billion US-Dollar!

Das größte Problem: Die Subventionen führen zu einer dramatischen Fehlentwicklung, weder sorgen sie für Arbeitsplätze noch Wirtschaftswachstum, so die IEA. Stattdessen führen sie zu Energieverschwendung  und gefährlichen Preisschwankungen:

„(…) that subsidies to fossil-fuel consumers often fail  to meet their intended objectives: alleviating energy poverty or promoting economic development, and instead create wasteful use of energy, contribute to price volatility by blurring market signals, encourage fuel smuggling and lower competitiveness of renewables and energy efficient technologies.“

Da kann man nur sagen: Weg damit! Oder kann mir jemand ein Pro-Subventionen-Argument liefern?

 

 

 

Ambitionierte Pläne von Siemens im Offshore-Geschäft

… nur flott zwei Zahlen, die ich gerade in einer aktuellen Pressemiteilung von Siemens zum Thema Offshore- Wind entdeckt habe:

„Die Mitarbeiterzahl von Siemens Wind Power in Hamburg soll sich bis 2013 von derzeit 170 auf über 500 verdreifachen.“

Und:

„Allein in Europa rechnet Siemens bis 2030 für die Offshore-Windenergie mit einer installierten Leistung von mehr als 80 GW. Dies entspricht der Leistung von etwas mehr als der Hälfte des derzeit in Deutschland installierten Kraftwerksparks. Von diesen 80 GW sind derzeit erst sechs Prozent erschlossen.“

Manmanman, das ist ambitioniert und optimistisch. Vor zwei Jahren hatte Siemens übrigens mittelfristig (!) mit nur 70 Mitarbeitern gerecht.

 

Das beste Abfallprodukt: die Kraftwerksliste Deutschland

Es ist eigentlich ein Unding, dass es diese Liste bislang nicht gab. Mit dem heutigen Bericht zum Reservekraftwerk hat die Bundesnetzagentur erstmals eine Liste über alle Erzeugungskapazitäten in Deutschland veröffentlicht. Es ist das beste Abfallprodukt des Berichts. Denn bislang hatte niemand einen Gesamtüberblick, wieviele Kraftwerke es eigentlich genau in Deutschland gibt.

Die Daten besitzen die Übertragungsnetzbetreiber (allerdings auch nicht immer komplett und nur für ihr jeweiligs Netzgebiet). Bislang wurden sie nicht von einer Bundesbehörde zentral gesammelt.

Jetzt hat die Bundesnetzagentur die Angaben der Übertragungsnetzbetreiber erstmals mit Listen des Umweltbundesamts und des Bundeskartellamts verglichen. Das war nötig, um einzuschätzen, wie dringend ein Kaltreserve-AKW in Deutschland benötigt wird. Somit liegen zum ersten Mal recht zuverlässige Daten zum Kraftwerkspark Deutschland vor:

Danach sind zurzeit 100,2 Gigawatt Kraftwerkskapazität am Netz (die Netzagentur hat nur Anlagen mit mehr als 20 Megawatt betrachtet). 1,8 Gigawatt sind zurzeit als Kaltreserve stillgelegt. Und die acht vom Netz gegangenen Atomkraftwerke kommen auf eine Leistung von 8,4 Gigawatt.

Es ist doch verrückt, dass die Behörde, die gerade für den Netzausbau zuständig ist, bislang nicht wusste, welche Kraftwerke es eigentlich genau in Deutschland gibt. In Nord- und Ostsee entstehen gigantische Offshore-Windparks und das verlangt den Transport des Windstroms gen Süden – und zwangsläufig den Netzausbau. Nur die zuständige Regulierungsbehörde hatte keinen Überblick.

Jetzt ist Schluss mit dem Herrschaftswissen der Netzbetreiber. Nun muss die Bundesnetzagentur nur noch  die Kompetenz bekommen, die Daten zukünftig zentral zu erfassen. Damit sie nicht, wie die Grünen es formuliert haben, noch einmal „detektivisch auf die Suche nach Kraftwerkskapazitäten“ gehen muss.

 

Geothermie-Kraftwerk außer Betrieb

Es ist ein Renommierprojekt von Vattenfall, das erste deutsche Geothermie-Kraftwerk Deutschlands in Neustadt-Glewe. Seit 2003 ist die 230 kw-Anlage am Netz und produziert – eigentlich – Strom und Wärme.

Doch ein Anruf bei Vattenfall in Berlin ergab heute: Das Kraftwerk ist zurzeit gar nicht am Stromnetz. Offenbar hat es einen Schaden in der Leitwarte gegeben, Näheres konnte die Sprecherin allerdings nicht sagen. Sogar nicht, seit wann es den Schaden gebe und ob er repariert wäre.

Mit viel Herzblut scheint Vattenfall das Projekt zumindest nicht zu verfolgen. Auf der Homepage gibt es keine weiteren Informationen. Andere Gerüchte lauten, dass die Stromproduktion schon seit mehr als einem Jahr nicht mehr funktioniere. Schade, dass diese Technologie nicht weiter verfolgt wird – und wenn es auch ja erst einmal nur zu Forschungszwecken ist.

 

Chinas neuer Solarstrom-Tarif

Dass Chinas Energiemix umweltfreundlicher werden muss, das wissen die Verantwortlichen. Trotzdem überraschte die Nachricht, dass die Regierung nun die Einspeisevergütung für Solarstrom hochschrauben will: Fast einen Yuan soll es je Kilowattstunde Solarstrom geben, berichtet Reuters. Das wäre mehr als eine Verdopplung. Die neuen Sätze könnten so in den kommenden Jahren einen Solarboom auslösen, schätzt ein Analyst im PV Magazin die Entwicklung ein.

Dementsprechend überschlagen sich zurzeit auch die Prognosen. Schon in vier Jahren, also 2015, könnte Solarstrom in China mit konventionellem Kohlestrom konkurrieren. Das wäre tatsächlich beeindruckend, setzt aber voraus, dass tatsächlich radikal zugebaut wird. Zurzeit hat China eine Solarstromkapazität von 900 Megawatt. Bis Ende kommenden Jahres könnte sich die Zahl auf rund zwei Gigawatt mehr als verdoppelt haben.

Zur Einordnung sei allerdings ergänzt: Im Vergleich zu Deutschland handelt es sich in China nur um eine kleine Größenordnung. Ende 2010 waren hierzulande Anlagen mit einer Kapazität von 17.500 Megawatt am Netz.

Und wer profitiert nun vor allem von den höheren Einspeisetarifen? Wahrscheinlich wohl erst einmal die heimischen Produzenten, also Firmen wie etwa Yingli. Der chinesischen Modulspezialist gab vergangenen Freitag einen Rekordabsatz bekannt. Zwar sinken die Margen, aber das Unternehmen schaffte trotzdem im zweiten Quartal einen Nettogewinn von 58 Millionen US-Dollar. Dieses Jahr will Yingli um 60 Prozent wachsen – und das vor allem auf dem chinesischen Markt, so jüngst in der Pressemitteilung:

„With the announcement of the unified national solar feed-in-tariff, we are expecting a stronger growth in China in the years to come.“

Fragt sich nur, ob die deutschen Zellhersteller auch in China einen Fuß in die Tür bekommen. Der deutsche Solarspezialist und ehemalige Weltmarktführer Q-Cells hat allerdings gerade andere Sorgen. Das Unternehmen aus Bitterfeld-Wolfen hat wegen hoher Verluste einen harten Sparkurs angekündigt. Und ist damit nicht allein. Dem Berliner Modulhersteller Solon droht sogar die Insolvenz.

 

Termin: Festival „Über Lebenskunst“ in Berlin

Zum gelungenen Start in die Woche diesmal ein Terminhinweis: Ab Mittwoch läuft in Berlin das Festival „Über Lebenskunst“ im Haus der Kulturen der Welt. Ein überraschender Mix, was Kunst dazu beitragen kann, unser Leben (Achtung: Tabuwort:) „nachhaltiger“ zu machen. Ein paar Beispiele: Im mobilen Restaurant Nekko servieren etwa Künstler Sushi vom Reh oder von der Makrele – also aus ungefährdeten Beständen. Wie lässt sich aus dem Luftzug in U-Bahn-Schächten Energie gewinnen? Und wie können Anwohner einer Straße zum Energie Sparen motiviert werden – ganz einfach: mit dem Energy Street Fight. Die Macher von „Berlin summt“ werden zudem in der Stadt Bienenstöcke aufstellen und über das Imkern und das dramatische Bienensterben informieren. Tolle Ideen! Hingehen!

 

Steuern runter für Klimaschützer

Die Deutsche Energieagentur macht Druck: Sie fordert, dass sich Bundesregierung und Bundesrat möglichst flott einigen, wie Gebäudesanierungen steuerlich absetzbar sein könnten. Der Bundesrat hatte kürzlich einen Entwurf eines (Achtung: Wortungetüm:) „Gesetzes zur steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen an Wohngebäuden“ abgelehnt.

Die Idee der Bundesregierung: Wer sein Haus energetisch auf Vordermann bringt, eine neue Heizung installiert und die Fenster isoliert, soll jedes Jahr zehn Prozent der Kosten als Sonderausgaben beim Finanzamt geltend machen können – und zwar zehn Jahre lang. Das Vorhaben zielt vor allem auf Unternehmen bzw. Besitzer von Mehrfamilienhäusern ab. Für sie lohnen sich nämlich in der Regel die Zuschüsse und zinsgünstigen Kredite der KfW nicht so sehr.

Doch der Bundesrat lehnte ab – zu teuer sei das Vorhaben. 1,5 Milliarden Euro soll das Steuerentlastungsgesetz kosten. 900 Millionen Euro würden entgehen, klagten die Länder.

Doch das sei eine kurzsichtige Rechnung, so die dena. Jeder Euro, den der Staat für die energetische Sanierung aufwende, löse das Sechsfache an Investitionen aus, rechnet sie den Länderchefs vor.

Nun bleibt´s spannend, wie es in den kommenden Wochen weitergeht. Die Bundesregierung kann einfach auf ihre geplante Steuerentlastung verzichten. Oder einfach die Zuschüsse der KfW erhöhen. Oder sie einigt sich im Vermittlungsausschuss mit dem Bundesrat.

Sicherlich wäre es sinnvoll, wenn es verschiedene Förderwege gibt. Für einige Hausbesitzer ist der KfW-Geldzuschuss Anreiz genug, um beim Handwerker neue Fenster zu bestellen. Andere – in der Regel wohlhabendere – Gebäudeeigentümer werden dagegen nur dann tätig, wenn sich ihre gesamte Steuerlast mindert. Da die Energie-Einsparpotenziale gerade in den Heizungskellern Deutschlands enorm sind, sollte der Bundesregierung möglichst viel dran gelegen sein, hier Investitionen auszulösen.