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Nächster Klimagipfel in Polen – ausgerechnet

Ausgerechnet Polen, fällt mir da nur ein. Heute wurde in Doha, wo gerade der Klimagipfel tagt, bekannt, dass unser Nachbar Polen im kommenden Jahr die nächste Klimakonferenz ausrichtet.

Polen ist bislang nicht gerade als Verfechter einer ehrgeizigen Klimaschutzpolitik aufgefallen – im Gegenteil. Das Land boykottiert ehrgeizigere Klimaschutzziele auf EU Ebene und hat in den vergangenen Monaten, so Greenpeace, gleich drei Mal gegen ehrgeizigere CO2-Einsparziele sein Veto eingelegt. Für einen Eklat sorgte Polens Haltung im Frühjahr zur Verabschiedung von ehrgeizigeren Reduktionszielen bis 2050 – nur wegen Warschau konnte ein Abkommen nicht verabschiedet werden. Zudem sitzt das Land auf einem großen Batzen Emissionszertifikaten, die es nur bekam, weil nach 1990 die Ostblockwirtschaft zusammenbrach. Diese „hot air“ sorgt jetzt dafür, dass der Zertifikatspreis am Boden liegt und kein der Handel mit Verschmutzungsrechten einfach nicht die erfolgreich ist – CO2 ist einfach zu billig.

Polen diskutiert außerdem gerade die Eröffnung weiterer Braunkohleminen, schließlich ist seine Industrie vor allem auf den billigen, heimischen Kohlestrom angewiesen. Und die Kohle lässt sich hervorragend in alle Welt exportieren.

Dem Ausrichter einer Klimakonferenz kommt oftmals in den letzten Stunden des Verhandlungsmarathons eine entscheidende Position zu. Das Land muss Kompromisse zwischen Regierungen finden, muss Vorschläge machen, die Diskussion am Laufen halten. Die Chancen, dass ein erfolgreiches Abkommen verabschiedet wird, sind in der Regel größer, wenn der „Dealmaker“ selbst ehrgeizig ist – das kennt man ja aus dem Privaten.

Mal schauen, ob Polen eine 180-Grad-Wende bis zur nächsten COP19 hinlegt.

 

 

Nordostpassage: Gastanker in Tabuzone

Die BBC meldet, dass erstmals ein Gastanker eine Abkürzung durchs Nordpolarmeer gewählt hat. Ob River, ein Tanker mit rund 150.000 Kubikmetern Gas an Bord, ist unterwegs vom Flüssiggas-Terminal Hammerfest in Nordnorwegen nach Japan. Statt, wie normal, den Weg durch den Suezkanal und an Indien vorbei zu wählen, fährt das Schiff entlang der russischen Küste nach Japan. Das spart Zeit und Geld, schließlich ist diese Passage rund 8.000 Kilometer kürzer als die Suez-Route.

Es ist das erste Mal, dass ein Gastanker diese Strecke fährt – und damit ein Tabu bricht. Bislang interessieren sich vor allem Containerreedereien und Massengutfrachter für die Strecke. Immer wieder gibt es Berichte darüber, dass Handelsschiffe die Strecke nutzen, weil das Nordpolarmeer wegen des Klimawandels immer öfter eisfrei ist.

Nun geht es um heiklere Fracht an Bord. Der russische Gaskonzern Gazprom schickt Flüssiggas durch die Passage. Umweltschützer warnen vor Schiffsunglücken in der sensiblen Polarregion. Sie befürchten, dass dem Gastanker in Kürze schon der erste Öltanker folgen könnte. „Wir verfolgen diese Entwicklung mit großer Sorge“, sagt Greenpeace-Experte Jörg Feddern. Während sich die Crew, so der BBC-Bericht, vor allem darüber freut, Eisbären in freier Natur zu sichten, verweist Feddern auf mögliche Schiffsunfälle und austretendes Schweröl.

Er legt damit den Finger in die Wunde, denn bislang ist die Region regulatorisch noch Wilder Westen. Die Internationale Maritime Organisation (IMO) hat bislang nur für die Südpolarregion Richtlinien verabschiedet. Hier dürfen Schiffe nicht mit Schweröl als Treibstoff unterwegs sein. Diese zähe Pampe ist ein Abfallprodukt aus den Raffinerien und würde bei einem Unfall die Polarregion aus dem ökologischen Gleichgewicht bringen. Für den Nordpol aber gibt es noch keine entsprechenden Vorgaben. Zwar entwickelt die IMO zurzeit einen Polarcode. Er bezieht sich aber auf technische Bedingungen ans Schiff, die Frage „Schweröl als Treibstoff“ rührt er nicht an. Und seine Verabschiedung wird wohl noch Jahre dauern.

Das Verrückte an der Erstdurchquerung des Gastankers: Sie ist die Folge des Gasbooms in den USA. Das Flüssiggas-Terminal in Hammerfest war ursprünglich geplant, damit Norwegen Unmengen Flüssiggas (LNG) in die USA exportieren kann. Nun erschließen sich die USA selbst ihre Gasreserven – und irgendwo muss das LNG ja hin. Traditionell schon immer ein Abnehmer, kauft Japan jetzt die Mengen. Sicher, unter Klimaschutzaspekten ist Erdgas immer noch besser, als Kohle zu verbrennen. Aber die Fahrt des LNG-Tankers zeigt: Diese Entwicklung hat möglicherweise Kollateralschäden.

 

Internationaler Klimaschutz: So wird das nichts

Klimaschutz-Demonstration in Berlin (Archiv); Copyright: David Gannon/AFP/Getty Images
Klimaschutz-Demonstration in Berlin (Archiv); Copyright: David Gannon/AFP/Getty Images

Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen hat heute der Welt mal eben kräftig den Kopf gewaschen. Wenn die Politik so weitermache wie bisher, dann würde sie das Zwei-Grad-Ziel nicht nur haarscharf, sondern gewaltig verpassen, heißt es in einem neuen Report, wenige Tage nachdem die Weltbank in einer Studie zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen war. Ohne massive Einschnitte werde der Ausstoß an Treibhausgasen bis 2020 voraussichtlich auf 58 Gigatonnen steigen, so Unep-Exekutivdirektor Achim Steiner. Um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen, dürften es nach früheren Studien aber höchstens 44 Gigatonnen sein. Das sind 14 Prozent zu viel.

Der Report The Emission Gap hält noch eine weitere unbequeme Wahrheit parat: Selbst wenn die ehrgeizigen Pläne noch realisiert werden, sind so oder so acht Gigagtonnen CO2 zu viel in der Atmosphäre:

The Emissions Gap Report 2012 points out that even if the most ambitious level of pledges and commitments were implemented by all countries-and under the strictest set of rules-there will now be a gap of 8 Gt of CO2 equivalent by 2020.

Was also tun? Natürlich müssen die Staaten, die sich ab Montag in Doha  zu ihrer 18. Klimakonferenz treffen, ihre Zusagen einhalten. Für vielversprechend hält die UNEP außerdem CO2-Einsparungen im Gebäudesektor. Bis 2050 könnte der Bereich seinen Strombedarf um ein Drittel im Vergleich zu 2005 reduzieren  – obwohl im gleichen Zeitram laut Prognosen die Gebäudefläche weltweit um 130 Prozent zunehme.

Ein Blick nach Deutschland zeigt den Nachholbedarf. Seit Jahren können sich Bund und Länder nicht über die steuerliche Absetzbarkeit von energetischen Sanierungsmaßnahmen einigen. Heute abend wird das Thema im Vermittlungsausschuss verhandelt. Mal wieder.

 

NYT: Das Klimabüro des CIA wird geschlossen

Der Auslandsgeheimdienst der USA schließt offenbar seine Klimaabteilung, berichtet die New York Times. Das Büro hatte nationale Sicherheitsfragen unter dem Aspekt des Klimawandels analysiert. Ob das Aus politische Gründe hat oder einfach Kosten gespart werden mussten,  ist unklar.

Mal wieder eine Aktion aus der Kategorie „kurzfristiges Denken“. Als ob die Bedrohung durch Erderwärmung, Wasserknappheit, Ressourcenkämpfe abnehmen wird.

 

 

Kalifornien startet CO2-Emissionshandel

Sechs Jahre hat´s gedauert – nun ist es endlich so weit. Diese Woche hat Kalifornien, immerhin eine der zehn größten Volkswirtschaften der Welt, den Handel mit CO2-Verschmutzungsrechten gestartet.

Kohlekraftwerk in den USA  © Saul Loeb/AFP/Getty Images
Kohlekraftwerk in den USA © Saul Loeb/AFP/Getty Images

Der ist nicht klein, sondern groß: Es ist der zweitgrößte Emissionshandel der Welt – nach dem System der EU. 62 Millionen Zertifikate sind am Mittwoch versteigert worden. Jedes von ihnen erlaubt die Emission von einer Tonne CO2. In der ersten Runde sind die großen Klimasünder wie Zementwerke und Raffinerien an der Reihe. Rund 350 Firmen ersteigern die Zertifikate.

Allerdings ist die Situation ähnlich wie beim Start des CO2-Zertifikatehandels in Europa: Die Firmen müssen nur einen kleinen Anteil der Verschmutzungsrechte tatsächlich ersteigern. 90 Prozent der benötigten Zertifikate bekommen sie umsonst. Trotzdem hofft Kalifornien auf viel Geld: Bis Ende kommenden Jahres könnte die Versteigerung dem Westküsten-Staat laut LA Times rund eine Milliarde Dollar in die Staatskasse schwemmen. Ergebnisse über den Zertifikatspreis will das zuständige Air Resources Board am kommenden Montag bekanntgeben.

Widerstand gibt es, kaum überraschend, von der Industrie. Noch kurz vor dem Start legte die kalifornische Handelskammer Einspruch gegen den CO2-Handel ein, konnte aber die Auktion nicht verhindern. Sie befürchtet steigende Energiepreise und keine positiven Folgen fürs Klima.

„The business community has repeatedly underscored the fact that the auction will raise energy costs significantly in the state, harm the economy and impact California’s competitiveness, without providing any additional environmental benefits.“

Nach der EU und Kalifornien wollen auch Australien und Südkorea den Handel mit CO2-Zertifikaten einführen. Das europäische System steckt allerdings zurzeit tief in der Krise. Die Verschmutzungsrechte sind wegen zu vieler Zertifikate so billig wie nie. Die EU-Kommission will es jetzt reformieren.

 

Emissionshandel: Connie setzt auf Risiko

Die EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard hat heute Mittag alles auf eine Karte gesetzt: Sie schlägt vor, den Emissionshandel für die Luftfahrt für mindestens ein Jahr auszusetzen. Eigentlich hätte es in wenigen Wochen losgehen sollen: Airlines, die in der EU starten und landen, hätten dann für ihre CO2-Emissionen Verschmutzungsrechte kaufen müssen (nun gut, in der Anfangsphase wären sie sowieso noch verschont geblieben, einen Großteil der Zertifikate hätten sie kostenlos erhalten). Hedegaard verschiebt diesen Termin nun um ein Jahr.

Warum wählt Hedegaard diesen Weg, den Christoph Bals von Germanwatch als „high-risk-strategy“ bezeichnet? Der Hintergrund ist folgender: Die EU hat, weil die Internationale Zivilluftfahrtorganisation ICAO es jahrelang nicht hinbekommen hat, irgendwann entschieden: Auch Airlines müssen ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten und sollen daher Teil des europäischen Emissionshandelssystem ETS werden.

Das sorgte für internationalen Zoff. Gerade die USA und China stellten sich quer. Sie sind der Ansicht, dass die EU sie nicht zur Teilnahme an dem Handel zwingen kann – tatsächlich ein kniffeliges juristisches Problem.

Am vergangenen Freitag nun gab es einen Durchbruch bei der ICAO. In den kommenden Monaten will der Verband, in dem Airlines und Regierungen vertreten sind, einen Vorschlag vorlegen, wie die Branche ihre CO2-Emissionen reduzieren kann. „Congratulations to ICAO leadership!“ twitterte Hedegaard daraufhin.

Wenn die ICAO erfolgreich ist, wäre tatsächlich ein großer Schritt geschafft. Erstmals würde eine Branche sich gemeinsam internationalen Klimaschutzzielen verpflichten. Bislang hat sich noch kein Sektor weltweit einem wirklichen Regime unterworfen, auch etwa die internationale Schifffahrt nicht.

Ist die ICAO allerdings nicht erfolgreich, dann wird´s schwer für Connie Hedegaard. Kann sie dann tatsächlich zur alten Verhandlungsposition zurückkehren? Wird die EU dann wirklich den Emissionshandel für Airlines weiterhin im Alleingang durchziehen? Der Verkehrsclub Deutschland, die „Öko-Variante“ des ADAC, ist da skeptisch. Deren Fachmann Heiko Balsmeyer warnt davor, dass mit der Entscheidung Hedegaards das einzige aussichtsreiche Instrument für Klimaschutz geschwächt werden könnte.

 

Obamas zweite Chance, die Climatesilence zu beenden

Climatesilence hat die Twitter-Welt es genannt – die Tatsache, dass der Klimawandel so gar keine Rolle im US-Wahlkampf spielte (das unten stehende Video zeigt, wie Mitt Romney auf diese Vorwürfe reagierte, er lächelte sie einfach weg).

Seit heute Nacht ist klar: Obama bekommt eine zweite Amtszeit. Die ersten vier Jahre waren, zumindest was das Thema Klimaschutz angeht, gelinde gesagt: ein Reinfall. Das Abgeordnetenhaus hat zwar vor drei Jahren einen ambitionierten Entwurf für ein Klimaschutzgesetz verabschiedet, mit verbindlichen Klimaschutzzielen und Ökostromanteilen. Doch das Gesetz verreckte am Ende im Senat, mit Genuss sabotierten die Republikaner jeden Versuch einer Klimaschutz-Gesetzgebung.

Ein paar Worte widmete Obama heute früh in seiner Dankesrede dem Klimaschutz. In einem Nebensatz brach er zumindest die Climatesilence:

We want our children to live in an America that isn’t burdened by debt, that isn’t weakened by inequality, that isn’t threatened by the destructive power of a warming planet.

Doch was bedeutet das für die konkrete Energiepolitik bis 2016? An den Machtverhältnissen zwischen Republikanern und Demokraten hat sich ja de facto wenig geändert. Also wird Obama Klimapolitik nur auf dem Umweg machen können. Eine Möglichkeit wäre die Umweltbehörde EPA. Die machtvolle Institution könnte jetzt etwa CO2-Grenzwerte für Kohlekraftwerke festlegen. Im Frühjahr hatte die EPA einen Entwurf vorgelegt – und damit Republikaner und die Industrielobby aufgebracht.

Wenn er jetzt mutig ist, dann nimmt Obama diesen Plan wieder auf. Sein Prestigeprojekt, die Gesundheitsreform „Obamacare“, hat er schon durchgebracht, da muss er keine Rücksichten mehr nehmen. Und natürlich hat er den Vorteil der zweiten und damit letzten Amtszeit. Wenn er smart ist, dann nutzt er diese einmalige Chance – und löst damit Versprechen ein, die er der Welt 2008 gegeben hat.

 

Abgabe auf Flugtickets: ein Mini-Erfolg für die Airlines

Boing 747 beim Start in Frankfurt/Main © Daniel Roland/AFP/GettyImages
Boing 747 beim Start in Frankfurt/Main © Daniel Roland/AFP/GettyImages

Glaubt man Lufthansa, Air Berlin TuiFly und zig anderen Airlines, dann ist die Lage sehr sehr dramatisch. Zur Abgabe auf Flugtickets fallen den Luftfahrtsunternehmen nur Schlagzeilen ein:

Zu teuer für die Passagiere!

Zu teuer für die Luftfahrt!

Zu teuer für Deutschland!

heißt es in einer Stellungnahme des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft.

Dabei kann sich die Branche seit heute ein bisschen zurücklehnen. Einen ersten Erfolg hat sie verbucht: Die Bundesregierung verzichtet darauf, die Ticketabgabe wie angekündigt zum kommenden Jahr zu erhöhen. Nach Infos der Süddeutschen Zeitung sparen die Airlines allein dadurch 40 Millionen Euro (oder besser: die Kunden, denn schließlich wird die Abgabe einfach durchgereicht).

Worum geht´s eigentlich genau? Die Ticketabgabe ist ein Beispiel für die unglückliche Verbindung von Haushaltszielen und Klimaschutzzielen. Die Idee der Bundesregierung war: Wir führen eine Abgabe auf Flugtickets ein, um unseren Bundeshaushalt zu konsolidieren. Auf eine Milliarde Euro jährlich spekulierte die Bundesregierung, als sie die Steuer im vergangenen Jahr einführte. Sie beträgt zurzeit 7,50 Euro auf Inlandsflüge, bei Fernflügen sind es rund 42 Euro.

Nun hat allerdings auch Brüssel die Airlines im Auge: Die EU-Kommission will sie in den Handel mit CO2-Zertifikaten einbeziehen, weil der Flugverkehr mit drei Prozent (Tendenz ansteigend) stark zum Klimawandel beiträgt:  Laut EU-Kommission verursacht jemand, der einmal London-New York-London fliegt, ähnlich hohe Emissionen wie der durchschnittliche EU-Bürger, der ein ganzes Jahr heizt. Doch die Realisierung des EU-Emissionshandels zieht sich hin. Bislang brauchten die Airlines noch keine Zertifikate zu ersteigern, das soll wohl erst in den kommenden Wochen beginnen.

Die Bundesregierung hatte den Airlines daher ein Angebot gemacht: Okay, die Ticketabgabe kommt. Aber damit ihr nicht zu stark belastet werdet, deckeln wir Eure Gesamtbelastung aus Ticketabgabe und EU-Zertifikatehandel auf eine Milliarde Euro. Weil die Airlines aber eben noch keine Zertifikate kaufen mussten, hätte nun die Ticketabgabe steigen müssen. Genau darauf verzichtet jetzt das Bundesfinanzministerium.

Die Klimaschützer vom Öko-Verkehrsclub VCD halten das für ein fatales Signal. Die Fluglinien würden jährlich allein durch die Steuerbefreiung von Kerosin mit Milliarden subventioniert. Die Abgabe habe zudem auch nicht zu einem Rückgang der Passagierzahlen geführt. „Es ist absolut gerechtfertigt, dass mehr als eine Milliarde Euro Steuern im Luftverkehr eingenommen werden. Damit wird ein Teil des massiven Steuerprivilegs für den klimaschädlichsten Verkehrsträger abgebaut“, sagt Monika Ganseforth, stellvertretende VCD-Bundesvorsitzende.

 

Bill McKibben´s Mathematikstunde zur Erderwärmung

In den USA sorgte sein Text im Rolling Stones für Furore. Der US-Klimaaktivist BillMcKibben rechnet dort sehr verständlich durch, was passiert, wenn wir so weiter machen wie bisher, egal, ob bei der Ölförderung oder der verfehlten Klimapolitik. Hier ein Auszug:

2,795 Gigatons: This number is the scariest of all – one that, for the first time, meshes the political and scientific dimensions of our dilemma. It was highlighted last summer by the Carbon Tracker Initiative, a team of London financial analysts and environmentalists who published a report in an effort to educate investors about the possible risks that climate change poses to their stock portfolios. The number describes the amount of carbon already contained in the proven coal and oil and gas reserves of the fossil-fuel companies, and the countries (think Venezuela or Kuwait) that act like fossil-fuel companies. In short, it’s the fossil fuel we’re currently planning to burn. And the key point is that this new number – 2,795 – is higher than 565. Five times higher.

In seiner aktuellen Ausgabe bringt das Greenpeace Magazin übrigens eine deutsche Version.

 

Der Öko-Flop des Jahres: die Biotüte

In meinem Bio-Laden ums Eck bekomme ich meine Einkäufe regelmäßig in einer Tüte ausgehändigt, auf der prangt „100 Prozent recycelbar“. Bitteschön – Dankeschön. Die Tüte ist aus einem Biokunststoff gefertigt, genauer gesagt aus Maisstärke.

Puppen aus Plastiktüten © Patrik Stollarz/Getty Images
Puppen aus Plastiktüten © Patrik Stollarz/Getty Images

Nun sind Plastiktüten ja erst einmal ein Ärgernis: Unglaubliche 5,3 Milliarden Plastiktüten verwenden wir Deutschen laut Deutscher Umwelthilfe jährlich. Das macht bei rund 80 Millionen Bundesbürgern im Schnitt etwa 66 Plastiktüten im Jahr. In der Regel landen sie einfach in der Müllverbrennungs-
anlage (so wie meine Plastiktüten, die erleben schließlich bei mir zu Hause ihre zweite Existenz als Müllbeutel).

Oder noch schlimmer: Die Tüten werden einfach achtlos weggeworfen, verstopfen Gullis und landen am Ende als schwimmender Müllteppich in den Ozeanen, wo sie Lebewesen und Ökosystemen schaden.

Und meine Bioladen-Plastiktüte? Die Bundesregierung förderte bislang solche Biotüten: Sie sind etwa vom Grüner-Punkt-System und den Lizenzgebühren an das Duale System Deutschland ausgenommen, um die Markteinführung zu fördern. Noch bis zum Jahresende gelten diese Ausnahmen.

Dabei entpuppt sich die Biotüte als alles andere als umweltfreundlich. Weder wird sie im großen Stil kompostiert noch hat sie einen Umweltnutzen. Das zeigt eine aktuelle Studie des Heidelberger ifeu-Instituts für das Umweltbundesamt. Das Ergebnis: Bio-Tüten sind nicht besser, sondern leider nur genauso schlecht wie herkömmliche Plastiktüten aus erdölbasierten Rohstoffen. Die Umweltexperten schauten sich nicht nur den Rohstoff an, sondern machen eine umfassende Ökobilanz. Sie schreiben:

Durch den Anbau und die Verarbeitung von Pflanzen für diese Verpackungen versauern Böden und eutrophieren Gewässer stärker als durch die Herstellung herkömmlicher Kunststoffverpackungen. Zudem entstehen höhere Feinstaubemissionen. Auch die vermehrt angebotenen Bioplastiktüten haben damit keinen Umweltvorteil.

Das ifeu kommt zu einem eindeutigen Schluss. Die Ausnahmeregelungen für die Biotüte in der Verpackungsverordnung müssten sofort beendet werden. Eine vernünftige Forderung, wenn man eine Bilanz des gesamten Lebenszyklus der Tüte macht. Der Präsident des Umweltbundesamts, Jochen Flasbarth, sagt:

Verpackungen auf der Basis von so genannten Biokunststoffen haben unter dem Strich keine Umweltvorteile. Die Klimabilanz von Biokunststoffen ist zwar günstiger, dafür gibt es Nachteile bei anderen Umweltbelastungen. Die Ergebnisse sprechen dafür, die Sonderregelung für solche Verpackungen, wie etwa die Befreiung von der Rücknahmepflicht des Handels, nicht zu verlängern.

Übrigens: Mein Bioladen gehört mit seinem Biotüten-Angebot offenbar zu einer seltenen Spezies. In der Masse konnte sich die vermeintlich grüne Tüte nicht durchsetzen. Im Jahr 2009 kamen Biokunststoffverpackungen in Deutschland gerade einmal auf einen Marktanteil von 0,5 Prozent.