Diesmal hat die französische Umweltministerin Ségolène Royal sich wohl vergriffen. In einer Talkshow auf Canal Plus rief die Ex von Frankreichs Staatspräsident Hollande am Montagabend dazu auf, künftig auf Nutella zu verzichten. Das hat sicherlich nicht nur den Moderator zwischenzeitlich schockiert, der entrüstet entgegnete: „Mais c’est bon, Nutella“ („Aber Nutella ist doch gut“). Weiter„Nutella gehört diesmal zu den Guten“
Im vergangenen Jahr hat daher das Fairphone aus den Niederlanden für Furore gesorgt. Es kostet rund 325 Euro – im Gegenzug kann sich der Käufer sicher sein, ein fair und ökologisch produziertes Smartphone in der Hand zu halten. Das Gerät wird zu sozialverträglichen Arbeitsbedingungen, ökologisch und mit fairen Löhnen produziert. Und am Ende soll es im besten Fall gar vollständig recycelt werden, in den wichtigsten Elektroschrottländern will das Unternehmen Recyclingkapazitäten aufbauen. Dafür sind etwa der Akku und das Display-Glas austauschbar.
Wer Fisch essen will, ohne zur Überfischung beizutragen, hat es schwer. Die richtige Auswahl zu treffen, wird immer komplizierter. Das zeigt der am Donnerstag von Greenpeace vorgestellte Fischratgeber 2014. Einmal im Jahr präsentiert Greenpeace diesen Einkaufsführer, der Verbrauchern die Entscheidung für möglichst nachhaltig gefangenen Fisch erleichtern soll.
Die gute Nachricht: Manche Bestände erholen sich. Zum Beispiel die von Kabeljau. Der galt bisher als gnadenlos überfischt, doch jetzt empfiehlt Greenpeace den Kauf von Kabeljau aus dem Nordostatlantik wieder – unter der Voraussetzung, dass der Fisch dort mit Grundlangleinen gefangen wurde. Auch Kabeljau aus dem Nordostpazifik ist okay. Von Kabeljau aus anderen Regionen sollten die Verbraucher aber weiterhin die Finger lassen.
„Nur eine differenzierte Betrachtung ermöglicht Empfehlungen“, schreiben die Macher des Fischführers, „Pauschale Ja- oder Nein-Urteile pro Art sind weder korrekt, noch tragen sie zum Schutz der Fischbestände bei.“ Weiter„Verwirrung ums Fischstäbchen“
Die Bilder, die Worte, sie kommen mir irgendwie bekannt vor. Vor ein paar Jahren war es Atomkraft, heute ist es die Kohlekraft: Greenpeace hat eine Studie zu Gesundheitsgefahren von Kohlekraftwerken veröffentlicht, deren Grafiken in alarmierendem giftgelb gehalten sind. „Tod aus dem Schlot“, heißt es in der Studie plakativ. Im Auftrag von Greenpeace hat das IER, Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (dazu später noch ein paar Worte), Deutschlands 67 leistungsstärkste Kohlekraftwerke untersucht.
Das Ergebnis: Im Jahr 2010 sollen deutsche Kohlekraftwerke wegen der Emission von Feinstaub und Schwermetallen zu theoretisch rund 3.100 Todesfällen geführt habe. Rund 700.000 Arbeitsstunden seien verloren gegangen, weil Arbeitnehmer durch Kohlekraftwerke erkrankten.
Aus Sicht von Greenpeace ist der Zeitpunkt der Veröffentlichung natürlich naheliegend. 17 neue Kohlekraftwerke werden in den kommenden Jahren ans Netz gehen. Dagegen gilt es aus Sicht der Umweltschützer zu trommeln. Dass die neuen Meiler allerdings auch alte ineffiziente Kraftwerke ersetzen, unterschlägt Greenpeace gerne.
Sicher ist es richtig, auch die Energiewirtschaft zur Verantwortung zu ziehen, wenn es um Gesundheitsschäden geht. Für das Problem Feinstaub ist eben nicht nur der Verkehrssektor verantwortlich, sondern auch die konventionelle Energiebranche. Jedes Kohlekraftwerk, auch wenn es modernste Filteranlagen besitzt, emittiert nun einmal Schwefeldioxid, Stickoxide und Rußpartikel. Und dass Feinstaubemissionen gesundheitliche Folgen haben können, wurde in der jüngsten Vergangenheit immer wieder gezeigt, auch von der Weltgesundheitsorganisation und der OECD. Der IER-Studienautor Rainer Friedrich betont, dass der Zusammenhang zwischen Emissionen und Toten erst einmal ein rein statistischer, also nicht unbedingt kausaler ist (das erinnert doch auch an die Leukämie-Debatte bei Atomkraftwerken).
Trotzdem finde ich den Aufschlag von Greenpeace wenig gelungen, weil er mit Emotionen arbeitet. Hängen bleibt irgendwie der Eindruck: Wer in der Nähe von großen Kohlemeilern wie Jänschwalde (Brandenburg) oder Niederaußem (Nordrhein-Westfalen) lebt, der risikiert sein Leben.
Einmal davon abgesehen, dass die Auflagen strenger wurden, sich die Filtertechnologien in den vergangenen Jahren stark verbessert haben und somit die Emissionen stark gesunken sind: Die Diskussion über die Energieart Kohle sollte energiepolitisch geführt werden. Wer sich für die Energiewende entschieden hat, der muss auch Konsequenzen daraus ziehen, den Ausbau der Erneuerbaren fördern und das Energiesystem radikal umbauen. Neue Kohlekraftwerke sind langfristig „stranded investments“, wie Fachleute sagen: gestrandete Investitionen. Sie werden sich langfristig kaum rechnen, legen aber unseren Energiepark erst einmal für die kommenden Jahrzehnte auf Kohle fest. Smarter wären flexible Gaskraftwerke, die sich aber aktuell nicht rechnen. Also muss man die Energiemärkte neu strukturieren, von einem neuen Marktdesign sprechen hier die Fachleute. Angstmacherei hilft dabei nicht weiter.
Bislang war übrigens das Stuttgarter IER nicht unbedingt für kohlekritische Studien bekannt. Noch vor einem Jahr bescheinigte es in einer Studie der Braunkohle eine „hohe energiewirtschaftliche Bedeutung(…), um die energiepolitischen Ziele der Bundesregierung für die Sicherstellung einer umweltschonenden, zuverlässigen und bezahlbaren Energieversorgung (zu) erreichen (…)“.
Auch spannend, wie sich Einschätzungen im Zuge der Energiewende so ändern können.
Seit Donnerstag nachmittag diskutieren ja in Brüssel die Staats- und Regierungschefs über den EU-Haushalt. Es ist ein Milliardenspiel: Für die kommenden sieben Jahre wird rund eine Billion Euro verplant. Einer der größten Ausgabenposten sind dabei die Zuschüsse für die Bauern. Allein im vergangenen Jahr gab Brüssel für die gemeinsame Agrarpolitik 57 Milliarden Euro aus. Davon entfielen 43,9 Milliarden Euro auf Direktzahlungen.
Nun wird in Brüssel erneut um die Agrarhilfen geschachert. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen, ein Beratergremium der Bundesregierung, warnt heute in einer Studie, dass die Agrarhilfen zukünftig an Bedingungen geknüpft werden sollen. Von Greening spricht die Fachwelt. Vereinfacht gesagt bedeutet es, dass die Bauern nur Gelder erhalten, wenn sie Umweltauflagen erfüllen. Dazu gehört unter anderem, dass Landwirte sieben Prozent ihrer Ackerfläche als ökologische Vorrangfläche ausweisen müssen, Dauergrünland nicht mehr umbrechen dürfen und sie Vorschriften für einen möglichst vielfältigen Pflanzenanbau einhalten. Für „unverzichtbar“ hält der Umweltrat diese Auflagen für Europas Landwirte.
Noch immer sei die Landwirtschaft „ein Hauptverursacher des Verlustes der biologischen Vielfalt und der Überfrachtung von Böden und Gewässern mit Nährstoffen“, so der Umweltrat. Ohne eine Trendwende würden die deutschen und europäischen Ziele für die biologische Vielfalt und den Klimaschutz verfehlt.
Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner wird diese Kritik sicher nicht gern hören. Wichtig sei, dass bisherige Umweltmaßnahmen in Deutschland ohne Abstriche auf das sogenannte Greening angerechnet werden könnten, forderte sie erst kürzlich im Interview. Eine andere Frage sei, ob anstatt die Äcker brachliegen zu lassen, dort Pflanzen gezogen werden könnten, die keinen Stickstoffdünger brauchten, so die Ministerin. Es wird spannend, ob die Stimme der Umweltschützer heute und morgen in Brüssel Gehör findet.
Die Daten, die die Böll-Stiftung und die Umweltorganisation BUND in ihrem Fleischatlas heute veröffentlichen, erinnern mich an meine Kindheit. Da gab es jeden Tag ein warmes Tellergericht – und Fleisch gehörte selbstverständlich dazu.
Offenbar hat sich seit den achtziger Jahren, in denen ich aufwuchs, nicht viel verändert. Der Vegetarierbund rechnet vor, dass jeder Deutsche im Durchschnitt am Ende seines Lebens 1.094 Tiere verzehrt hat, darunter vier komplette Rindviecher und 945 Hühner (siehe Grafik hier links).
Allerdings gibt es große Unterschiede: Männer, vor allem zwischen 19 und 24 Jahren, essen deutlich häufiger Fleisch als Frauen. Diese entdecken ihre Fleischleidenschaft etwas später, ihr Fleischkonsum ist zwischen 25 und 34 Jahren am höchsten.
Ein Videotipp via Guardian: China konsumiert inzwischen die Hälfte der weltweiten Schweinefleisch-Produktion. Früher wurde Schweinefleisch rationiert und war nur mit besonderen Coupons erhältlich. Jetzt hat es den Massenmarkt erreicht – mit enormen Folgen für die Umwelt.
Man man man, Maria Damanaki ist ehrgeizig. Die EU-Fischereikommissarin will im Nordostatlanik ein Fischereiverbot für die Tiefsee durchsetzen. In einem Vorschlag zur Neuregelung der Tiefseefischerei fordert sie ein komplettes Verbot für Grundschleppnetze und Stellnetze ab 1000 Metern, für manche Fischereien in der Region sogar schon ab 500 Meter. Den Fischern will sie eine Übergangsfrist von zwei Jahren gewähren.
Chapeau, sagen selbst die Umweltschützer – die oft ja vieles an der EU-Kommission zu bekritteln haben. Sie sorgen sich seit Jahren um das sensible und bislang kaum erforschte Ökosystem in der Meerestiefe. De facto wird der Meeresboden mit Grundschleppnetzen einmal umgefräst. Stephan Lutter vom WWF:
„Der Kommissionsvorschlag kann die Fischerei revolutionieren, indem er die destruktivste aller Fischereimethoden in der sensiblen Tiefsee abschafft. Das wäre ein echter Durchbruch für den Schutz der Meeresumwelt und ein Vorbild für die weltweite Fischerei.“
Der Vorschlag der EU-Kommissarin ist revolutionär, weil es bislang kein umfassendes Verbot für die Tiefseefischerei in der Region gibt, sondern nur einen Flickenteppich an Schutzgebieten. Umweltschützer müssen um jedes Gebiet, in dem strengere Standards herrschen sollen, oftmals jahrelang Kämpfe ausfechten.
So vielleicht auch in diesem Fall. Jüngst grätschte der ehemalige französische Landwirtschaftsminister und aktuelle Binnenmarktskommissar Michel Barnier seiner Amtskollegin in die Beine und stoppte ihr Vorhaben zwischenzeitlich. Seine Motive sind offensichtlich: Er sorgt sich vor allem um das Geschäft der französischen Supermarktkette Intermarche. Der Konzern besitzt mehrere Trawler, die gerade in der Tiefsee fischen. Kaum überraschend, dass Barnier bereits Klientelpolitik vorgeworfen wird.
Das wird umso deutlicher, wenn man sich ein aktuelles Q&A der EU-Kommissarin anschaut. Darin bewertet sie die wirtschaftliche Bedeutung der Tiefseefischerei. Demnach machen Tiefseefische wie der Granatbarsch oder der Schwarze Degenfisch gerade einmal ein Prozent der gesamten Anlandungen aus der Region Nordostatlanik aus. Auch die Jobs sind, wenn man das große Bild vor Augen hat, aus Sicht der EU-Kommission vernachlässigbar:
“ The Commission believes that the overall economic importance of deep-sea catches is small.“
Ob Damanaki sich allerdings gegen die Fischereinationen Spanien, Portugal und Frankreich durchsetzen kann, ist unklar. Umweltschützer hoffen jetzt auf eine breite Unterstützung im EU-Parlament.
Ein Haushaltsausschuss-Mitglied betont, dass das Verfahren sehr verwaltungsaufwändig gewesen sei, die Auswahl der Projekte „nach nicht immer durchsichtigen Kriterien“ erfolgt sei und dass die Kompensation keine Lenkungsfunktion gehabt habe.
„Die Bundesregierung hat beschlossen, die Treibhausgasemissionen im eigenen Geschäftsbereich im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 30 % im Vergleich zum Basisjahr 1990 zu reduzieren. In diesem Zusammenhang hat das Bundeskabinett am 28. Februar 2007 auf Vorschlag von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel beschlossen, die Dienstreisen der Mitglieder und Beschäftigten der Bundesregierung „klimaneutral“ zu stellen. Das bedeutet, dass die bei unvermeidbaren Dienstflügen und Dienstfahrten mit dem Pkw produzierten Treibhausgase an anderer Stelle eingespart werden, indem in Klimaschutzprojekte investiert wird.“
Damit ist nun also Schluss. Einen Rüffel gab es dafür bereits vom Umweltbundesamt:
„Aus Sicht des Umweltbundesamtes ist das vorzeitige Ende der Kompensation der Dienstreisen der Bundesregierung bedauerlich. Wir halten die freiwillige Kompensation von Treibhausgasemissionen – richtig eingesetzt – für ein sinnvolles Instrument des Klimaschutzes. Eine Vorbildwirkung der Bundesregierung könnte hier ein wichtiges klimapolitisches Zeichen setzen.“
Am sinnvollsten wäre es natürlich, wenn die Emissionen erst gar nicht entstehen, wenn die Ministerien also etwa ihre Mitarbeiter anhalten: „Fahrt Bahn, innerdeutsche Flüge sind tabu.“
Das ist in der Praxis allerdings kaum umzusetzen. Was also tun? Ich würde sagen: Na, dann eben kompensieren, und zwar nach den höchsten Standards, die es dafür auf dem Markt gibt.
Oder was meinen Sie, liebe Leser? Wo sind die Grenzen der Kompensation? Ganz spannend in diesem Zusammenhang ist ja, dass Atmosfair – also einer der führenden Anbieter von Kompensationsprojekten – aktuell in einem taz-Interview auch von den Grenzen der Kompensation spricht:
„taz: Alle Welt gibt sich heutzutage klimaneutral: Der Vatikanstaat, die Leuphana Universität Lüneburg, der Reiseveranstalter Studiosus, die Stadtwerke Soest. Verkommt die Kompensation zum reinen PR-Instrument?
Dietrich Brockhagen/Atmosfair: Es geht leider in diese Richtung. Ich mache dies vor allem an den Produkten fest, die kompensiert werden. Wir arbeiten zurzeit an einer Studie zu den Grenzen von Kompensation.“
Der Vorstandsvorsitzende von ExxonMobil Central Europe, Gernot Kalkoffen, hat am Dienstag der Neuen Osnabrücker Zeitung ein bemerkenswertes Interview gegeben. Dabei geht es um das die Förderung von Schiefergas per Fracking. Fracking ist ja eine umstrittenen Fördermethode, bei der unter hohem Druck Wasser, Sand und Chemikalien ins Erdreich gepresst werden, um Erdgas zu fördern. Gerade in Niedersachsen und NRW wird dieses Verfahren unter heftigen Bürgerprotesten angewandt. Die Menschen vor Ort fürchten vor allem um ihr sauberes Trinkwasser.
Kalkoffen sagt nun in dem Interview Folgendes:
„Wir haben in den letzten zwei Jahren trotzdem die giftigen Komponenten, die wir gegebenenfalls einsetzen, von sieben auf vier reduziert. Unser Ziel ist, in spätestens zwei Jahren auf alle giftigen Chemikalien zu verzichten. Dafür prüfen wir zum Beispiel den Einsatz von UV-Licht. Schon jetzt versuchen wir, die einzelnen Mengen so gering wie möglich zu halten.„
Erstaunlich, dass gerade ein Vorstand so frei von „giftigen Chemikalien“ spricht, die da im Einsatz sind, oder? Die Grünen sind natürlich prompt darauf eingestiegen und fordern entsprechend ein zweijähriges Fracking-Moratorium für Deutschland, bis eine giftfreie Förderung möglich sei. Das wird Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler, der ja für die (un)konventionellen Energien zuständig ist, sicherlich begeistern: noch ein wunderbares Konfliktthema mit seinem Kabinettskollegen, Bundesumweltminister Norbert Röttgen.
Einmal ganz davon abgesehen, wie viele Bürgerinitiativen sich inzwischen in Deutschland gegen Fracking aussprechen: Auch international sorgt das Thema bei Umweltschützern für Proteste. In den USA machte ja 2010 der für den Oskar nominierte Film Gasland das Thema publik. Filmemacher Josh Fox zeigt darin die Umweltfolgen des Fracking-Hypes in den USA. Höhepunkt ist die Szene, in der ein Mann seinen Wasserhahn in der Küche aufdreht, ein Feuerzeug daran hält und eine riesige Flamme sich entzündet.
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Mal schauen, wie es in Deutschland weitergeht. Was aus der Ankündigung von Herrn Kalkoffen wird – ich lege mir das einmal auf Wiedervorlage in 2014. Auf jeden Fall bedarf es, wie schon bei der Energiewende, einer besseren Beteiligung und Aufklärung der Bürger. Das stellt sogar eine Studie fest, welche die EU-Kommission vergangenen Freitag in Brüssel präsentierte:
„An important aspect is public participation, since the exploration of shale gas raises significant concerns, especially in the field of environment. Our main finding is that public participation is rather limited.“ (S. 98, Final Report on Unconventional Gas in Europe)