Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Kofi Annan für „respektvolle“ Selbstzensur

 

kofi.jpg

Der aus dem Amt geschiedene UN-Generalsekretär hat sich ein Jahr nach dem Karikaturenstreit Gedanken über die Grenzen Pressefreiheit gemacht:

Ich bin dafür, die Chefredaktionen und die Karikaturisten selbst entscheiden zu lassen, was publiziert werden darf. Sie müssen sich über ihre Verantwortung im Klaren sein und zumindest darüber nachdenken, wie ihre Arbeit von verschiedenen Gruppen wahrgenommen und interpretiert werden könnte.

Wäre dies „Selbstzensur“? Ja, in gewissem Sinne schon, aber eine Selbstzensur, die, so wage ich zu hoffen, in einer respektvollen Haltung für die Gefühle der anderen ausgeübt würde. Sie wäre nicht von Furcht bestimmt.

Impliziert dies „politisch korrektes“ Verhalten? Nein, so wage ich zu hoffen, wenn es bedeuten könnte, langweilig und anbiedernd zu werden. Aber ja, trotz allem, wenn es bedeuten würde, einen Sinn für die Gefühle der anderen zu haben. Einen Teil der Gesellschaft, der sich bereits verletzbar und verängstigt fühlt, mit Beleidigungen zu überhäufen: Daran ist nichts bewundernswert, witzig übrigens auch nichts.

Kofi Annan übernimmt die Deutung der Islamisten um den dänischen Imam Abu Laban, die den Karikaturenstreit in die arabische Welt trugen: Die Karikaturen zu veröffentlichen sei eine Beleidigung der islamischen Minderheit.

Das ist fahrlässig. Und eine Selbstzensur, die nicht von Furcht bestimmt ist, kann ich mir in diesem Klima nach dem Karikaturenstreit nicht vorstellen. Im übrigen hat sie in weiten Teilen der westlichen Welt stattgefunden: Die amerikanischen Zeitungen haben die Karikaturen nicht gedruckt, und auch die BBC hat sie nicht gezeigt. Selbt wenn man die Karikaturen nicht mochte, muss einen das doch wohl beunruhigen.
Ein oder zwei Worte für die Pressefreiheit, vor allem in der arabischen Welt, wären in diesem Zusammenhang nicht schlecht gewesen. Und ein Wort des Bedauerns über die Todesopfer, die den „verletzten Gefühlen“ geschuldet sind. Statt dessen wird die Verantwortung einzig der Presse aufgeladen, die sich wohlwollend präventiv selbst zensieren soll.