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Gibt es Reformbedarf für den Islam?

 

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Bilkay Öney

Die migrationspolitische Sprecherin der Berliner Grünen, Bilkay Öney, hat einen Offenen Brief an den neuen Koordinationsrat der Muslime geschrieben. Darin sind die wesentlichen Bedenken formuliert, die ich auch hege. (Siehe zum Thema auch mein Interview mit dem Sprecher des KRM, Ayyub Axel Köhler, in der morgigen Print-Ausgabe.)
Ausserdem bringt Frau Öney auch ihre Betroffenheit angesichts des Mordes an drei Mitarbeitern eines christlichen Verlages in Malatya zum Ausdruck. Sie selbst stammt aus Malatya und betont, sie sei entsetzt, dass „Menschen in Gottes Namen Schandtaten ausüben können“.
Hier der Offene Brief im Wortlaut:

„Sehr geehrter Herr Köhler, sehr geehrte Mitglieder des Koordinierungsrates,

als integrationspolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus begrüße ich die Gründung des Koordinierungsrates für Muslime sehr. Sie übernehmen eine bedeutende und befriedende Rolle als Vermittler zwischen dem westlichen und dem islamischen Kulturkreis. Für die anstehende Arbeit wünsche ich Ihnen viel Erfolg und hoffe auf gute Zusammenarbeit!
Es gibt viel zu tun: Die rechtliche Gleichstellung des Islam und die flächendeckende Einführung des Islamischen Religionsunterrichtes sind nur wenige der wichtigen und verantwortungsvollen Aufgaben, die in Angriff genommen werden müssen.
Dennoch bleiben einige Fragen offen, um deren Klärung ich Sie bitten möchte:
1. Wie wird der Koordinierungsrat sicherstellen, dass die Mehrheit der Muslime, nämlich 85%, die nicht bei den vier Dachverbänden organisiert sind, wahr und ernst genommen werden?
2. Auf welche Weise werden Frauen in den Koordinierungsrat einbezogen?
3. Sind die vier Partner unabhängig ihrer Anzahl der Mitglieder gleichberechtigt? Wie wird mit inhaltlichen Differenzen umgegangen?
4. Wie werden die Muslime vertreten, die keinen türkischen Hintergrund haben?
5. Sieht der Koordinierungsrat Reformbedarf für den Islam?

Des weiteren bin ich im europäischen Vergleich auf Belgien gestoßen; dort fanden am 13.12.1998 Wahlen zur Bildung einer repräsentativen konstituierenden Versammlung der muslimischen Gemeinschaft statt. Diese wählt einen Exekutivrat der Muslime, der offizieller Gesprächspartner der belgischen Behörden ist. Belgien war übrigens das erste Land, welches den Islam offiziell anerkannte. Daher lautet meine letzte Frage: Ist solch eine Überlegung für Deutschland nicht eher anzustreben?

Die aktuellen Nachrichten zeigen: Es besteht Handlungsbedarf auch bei der Toleranz gegenüber anderen Religionen. Der heutige Anschlag in Malatya auf ein christliches Verlagshaus sowie die häufigen antisemitischen Übergriffe in Deutschland sind schreckliche Ereignisse, die es zu verhindern gilt. Ich hoffe, dass Sie auch bei diesen Themen als Koordinierungsrat eine wichtige vermittelnde Rolle einnehmen werden und Toleranz für alle Glaubensrichtungen einfordern werden. In der Hoffnung auf einen regen Austausch und eine gute und fruchtbare Zusammenarbeit verbleibe ich

Mit freundlichen Grüßen

Bilkay Öney, MdA“