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Eine Komödie über den Afghanistankrieg

 

Aus meiner Rezension des neuen Films „Der Krieg des Charlie Wilson“:

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„Diese drei Personen, in denen sich Lebenslust, Sendungsbewusstsein und laxe Sitten auf vitale und politisch folgenreiche Weise mischen, werden die Weltgeschichte verändern. Wenn ihr Ränkespiel vollendet ist, wird das Budget der US-Regierung für geheime Operationen in Afghanistan von 5 Millionen Dollar auf eine Milliarde gestiegen sein. Tausende Flugabwehrraketen werden auf geheimen Wegen an den Hindukusch gelangt sein. Die allmächtige Sowjetarmee sieht sich schließlich gedemütigt durch eine Horde frommer Bauern mit seltsamen Wollmützen, die zwar keine Panzer und Düsenjäger haben, aber einen unbeugsamen Glauben – und natürlich besitzen sie die neuesten Stinger- und Milan-Raketen, mit einem schönen Gruß von Charlie Wilson und dem Kongressunterausschuss für geheime Operationen.

Wir sehen den Triumph der drei Verschwörer, als die Russen 1988 gedemütigt aus Afghanistan abziehen. Doch der Jubel der Kalten Krieger klingt hohl, weil wir schon wissen, dass die asymmetrische Form der Kriegsführung, die die Mudschahedin gegen die Russen entwickelt haben, sich heute gegen den Westen richtet, vor allem in Afghanistan und im Irak. Ein junger Mann namens Osama Bin Laden war unter jenen, die durch Charlie Wilsons Schule gingen. Das vom Westen nach dem Abzug der Russen fallen gelassene Afghanistan wurde ihm zum Rückzugsraum.

Das Großartige an diesem Film ist, dass er sich dennoch nicht in rückwärtsgewandter Besserwisserei ergeht. Die Kalten Krieger, die hier die Strippen ziehen, sind keine antiamerikanischen Abziehbilder. Charlie, Joanne und Gust sind alles andere als böse Imperialisten. Es geht ihnen nicht um die amerikanische Macht per se – wie später den Neocons, die sie beerben.

Die drei Akteure gehören zur untergegangenen Spezies der cold war liberals, der Antikommunisten aus dem Lager der Demokraten, die aus genuinem Freiheitssinn für eine harte Haltung gegen das Sowjetimperium waren. Kongressmann Charlie Wilson fand es unerträglich, dem Gemetzel der sowjetischen Armee an afghanischen Zivilisten zuzuschauen. Hatte er damit etwa nicht recht? Hätte man dabei zusehen sollen? Der historische Wilson war immer dagegen, das Land einfach den Warlords zu überlassen, nachdem die Sowjets abgezogen waren. Man hat ihn nicht gehört.

Mike Nichols bricht nicht den Stab über ihn, und Tom Hanks’ wunderbare Leichtigkeit macht es uns schwer, uns über Wilson zu erheben. Das ist gut so: Denn die Bush-Regierung hat es der Welt allzu leicht gemacht, sich in der Opposition gegen die amerikanische Politik auf der sicheren Seite einzurichten. Charlie Wilson nimmt uns diese falsche Selbstgewissheit. Er führt uns zurück in eine politische Welt vor der großen Spaltung, die Bush, Cheney und Rumsfeld mit ihren Kriegen bewirkten. Der Krieg des Charlie Wilson ist mehr als ein Film über die Fehler der achtziger Jahre: Er legt uns Fragen vor, die wir uns auch nach dem Abgang Bushs wieder stellen müssen. In dieser Welt kann sich niemand davor drücken, zu beantworten, wann Nichteinmischung zum Verbrechen wird und wann Einmischung zur Dummheit, wann ein Rückzug politisch geboten und wann er moralisch verwerflich ist.“

Der Rest hier.