Die türkische Regierung schickt nun eigene Ermittler nach Deutschland. Neun Menschen sind am Rosenmontag in Ludwigshafen einem Hausbrand zum Opfer gefallen, darunter fünf Kinder und eine Schwangere, allesamt türkische Staatsbürger. Ministerpräsident Beck betont, es gebe keine Hinweise auf einen fremdenfeindlichen Anschlag.
Beck hat sich damit sehr früh festgelegt, indem er einen xenophoben Hintergrund ausschloss, bevor irgendein Ermittler das Haus überhaupt betreten konnte. Hoffentlich beruht diese Festlegung auf Informationen der Sicherheitskräfte und nicht nur auf verständlichem Wunschdenken. Die „Rheinpfalz“ berichtet von Drohungen gegen die im Haus ansässige Familie Kaplan, nachdem dort ein türkisches Café eingerichtet worden sei.
Eine umgekehrte Festlegung zu der Aussage Becks kann man in der türkischen Presse beobachten, die seit Tagen schon suggeriert, ein Anschlag sei bereits erwiesen – mit teils unverantwortlichem Zungenschlag. Türkiye etwa schreibt heute mit Bezug auf Solingen: „Sie haben uns schon wieder verbrannt“. Die Polizei ermittelt derweil in alle Richtungen. Ein Kind will vor Ort »einen Knall« gehört, ein anderes einen Mann »mit einem Feuerzeug« im Flur gesehen haben. In Ankara hat Ministerpräsident Erdogan den deutschen Innenminister Schäuble darum gebeten, die türkischen Ermittler an der Untersuchung zu beteiligen. Ist das ein Misstrauensvotum gegen die deutschen Behörden?
Nein. Wolfgang Schäuble hat gut daran getan, den türkischen Wunsch freundlich aufzunehmen. Die Anwesenheit der Ermittler hilft zunächst einmal, das Aufkommen von Verschwörungstheorien zu verhindern, die im derzeitigen erregten Debattenklima gut gedeihen. In der türkischen Presse wird ja bereits über Neonazis als Brandstifter spekuliert. Wenn Erdoğan hofft, es werde »kein neues Solingen« geben, spricht er der deutschen Politik damit aus dem Herzen. In diesen Tagen wird er in Deutschland erwartet. Es wird zur Sachlichkeit beitragen, wenn der türkische Regierungschef sich ein Bild vom Schreckensort macht.
Die Ludwigshafener Tragödie weckt nicht nur Erinnerungen an den rassistischen Anschlag von Solingen, sondern auch an Berlin-Moabit, wo vor drei Jahren neun Menschen durch das Zündeln eines Zwölfjährigen starben.
Was auch immer die Experten finden werden, die türkische Beteiligung an den Ermittlungen kann einen Flächenbrand verhindern helfen.
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