In Indonesien, dem Land der Erde mit der größten islamischen Bevölkerung, hat der Präsident am Montag ein Dekret unterzeichnet, das die Ahmadiya-Muslime de facto ihrer Religionsfreiheit beraubt.
Sie unterliegen nicht direkt einem Verbot, müssen aber aufhören, ihren Glauben zu praktizieren, oder sie werden mit Gefängnisstrafen rechnen müssen.
Dies ist offenbar eine Reaktion auf die gewaltsamen Aussschreitungen gegen Ahmadis in Manis Lor in West Java im letzten Dezember.
Der Präsident stellt sich also nicht vor die Minderheit, sondern er zwingt sie in den Untergrund. Das ist ein Freibrief für die Fanatiker, ihnen weiter zu Leibe zu rücken. Die Ahmadis erkennen Mohammed als Propheten an, sehen ihren Gründer, Mirza Ghualm Ahmad, aber ebenso als Gottgesandten Mahdi an. In seinen späten Jahren propagierte er die Vereinigung aller Weltreligionen unter seinem Banner. Sie selbst sehen sich als Reformbewegung.
Von vielen offiziellen Islamvertretern werden sie als als außerhalb des Islam stehend gesehen. In Indonesien sind die Ahmadis unter dem Druck der Radikalen schon bis an den Rand der Selbstverleugnung gegangen, indem sie ihren Propheten zu einem „Lehrer“ heruntergestuft haben.Es hat ihnen nichts genutzt, wie die neue Verfolgungswelle zeigt.
Mirza Gulam Ahmad, Gründer der Ahmadiya Foto: Creative Commons
Für die deutsche Debatte, speziell für Berlin, beinhaltet die indonesische Wendung eine bittere Ironie. Denn in Berlin gab es einen häßlichen Streit um ein Moscheebauprojekt der Ahmadis in Berlin-Pankow. Dort wurden sie als Inbegriff des Verdächtigen und Finsteren am Islam angegriffen – ausgerechnet jene Ahmadis, die selbst Hassobjekte der fundamentalistischen Sunniten in Pakistan und Indonesien sind. Das wirft ein Schlaglicht auch auf die Kenntnislosigkeit vieler Protagonisten der hiesigen Islamkritik und Antimoscheebau-Bewegung.
Der Vorgang in Indonesien ist bedeutsam: Er spricht Bände über die Radikalisierung des Islams in Indonesien, das sich gerne als Musterland des islamischen Pluralismus präsentiert.
Der Präsident will sich nun offenbar vor den Radikalen als Bewahrer der reinen sunnitischen Lehre profilieren. Im kommenden Jahr wird es wahrscheinlich Wahlen geben, bei denen Susilo Bambang Yudhoyono zur Wiederwahl antritt. Eine feine Art, Wahlkampf auf Kosten der Menschenrechte zu machen.
Die deutsche Regierung muss sich für die Rechte der Ahmadis in Indonesien einsetzen.
Die Ahmadis haben eine lange, friedvolle Geschichte in Deutschland. Die erste Berliner Moschee von 1925, die Wilmersdorfer Moschee, ist ihr Wahrzeichen.
Wilmersdorfer Moschee Foto: Axel Mausruszat (CC)