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Robert Kagan: Kaukasus-Krieg ist eine Zeitenwende

Robert Kagan, der führende politische Kopf der Neocons und John McCains aussenpolitischer Berater, erkennt in der russischen Aggression gegen Georgien einen historischen Einschnitt von der Dimension der Wende von ’89.

Rußland – genauer gesagt Putin – vetrete mit unverhohlener Brutalität seine geopolitischen Interessen, und darin zeige sich die „offizielle Wiederkehr der Geschichte im Stil des 19. Jahrhunderts“:

„Diplomats in Europe and Washington believe Saakashvili made a mistake by sending troops to South Ossetia last week. Perhaps. But his truly monumental mistake was to be president of a small, mostly democratic and adamantly pro-Western nation on the border of Putin’s Russia.

Historians will come to view Aug. 8, 2008, as a turning point no less significant than Nov. 9, 1989, when the Berlin Wall fell. Russia’s attack on sovereign Georgian territory marked the official return of history, indeed to an almost 19th-century style of great-power competition, complete with virulent nationalisms, battles for resources, struggles over spheres of influence and territory, and even — though it shocks our 21st-century sensibilities — the use of military power to obtain geopolitical objectives. Yes, we will continue to have globalization, economic interdependence, the European Union and other efforts to build a more perfect international order. But these will compete with and at times be overwhelmed by the harsh realities of international life that have endured since time immemorial. The next president had better be ready.“

Hier der ganze Text in der Washington Post von heute.

Praktischer Weise hat Robert Kagan soeben ein Buch veröffentlicht, das diese These vom „Return of History“ untermauert.

 

Mutloses Kabarett

Der Kabarettist Bruno Jonas im Gespräch mit dieser Zeitung:

ZEIT: Warum genau machen Sie keine Witze über den Islam – um die religiösen Gefühle der Gläubigen nicht zu verletzen oder um keinen Ärger zu kriegen?

Jonas: Religiöse Gefühle muss man immer respektieren, aber ich bin zutiefst überzeugt: Einen tiefgläubigen Menschen kann ein Witz nicht verletzen! Wie sollte er? Nein, ich finde die Erfahrungen mit dem Karikaturenstreit so extrem, dass ich mich hüten werde, auf der Bühne das Falsche zu sagen.

ZEIT: Zensieren Sie sich damit nicht selbst?

Jonas: Ja, täglich, immer wieder. Wo kommen wir hin, wenn jeder sagt, was er denkt. Ich bin doch auch unsicher! Henryk M. Broder hat uns allen sehr polemisch vorgehalten, dass wir vor den islamischen Fundamentalisten in die Knie gehen. Er hat recht, es ist so. Und das betrifft uns alle. Ich glaube nicht, dass die ZEIT sich da ausnehmen kann, und ebenso wenig glaube ich, dass das Kabarett hier verpflichtet ist, als Speerspitze zu agieren.

Das ist schon bitter, aber immerhin ehrlich.

Und doch fatal. Denn damit überläßt man den Fundamentalisten die Definition des Erlaubten. Sie haben gewonnen. Sie haben die Bedingungen des Möglichen diktiert.

Wie kann man, wenn man sich auf dieses Spiel eingelassen hat, erhobenen Hauptes  Witze über die deutsche Politik oder die Kirche oder werweißwen machen und sich dabei nicht sehr mickerig vorkommen?

Diejenigen Muslime, die auch gegen ihre eigenen Glaubensgenossen für das Recht auf Kunst- und Meinungsfreiheit eintreten, sind damit  im übrigen auch gekniffen und allein gelassen. Kabarett also nur, wenn garantiert nichts passiert und keiner sich verletzt fühl? Rätselhaft, wie Bruno Jonas sich mit dieser Einstellung auf Karl Kraus berufen zu können glaubt.

p.s. Im übrigen begrüße ich alle, die aus den Ferien zurück sind. Zu meiner Freude konnte ich feststellen, dass in meiner Abwesenheit die halbe Million bei den Besuchern voll geworden ist.