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Hamas-Chef: Wir wollen einen Staat in den Grenzen von ’67

 

Das diplomatische Geplänkel zwischen der Hamas und der neuen amerikanischen Regierung geht weiter, diesmal mit einem Vorstoß von der palästinensischen Seite.
Der Politbüro-Chef der Hamas, Khaled Meshal, hat der New York Times ein Interview gegeben, das sich ganz offensichtlich an die neue amerikanische Regierung richtet. Es fällt in eine Zeit intensiver politischer Neubestimmung im Nahost-Prozess. In zwei Wochen wird der isralische Premier Netanjahu in Washington erwartet, um Obama die neue Linie seiner Regierung vorzustellen. Von einer Zweistaatenlösung wird dabei wohl nicht mehr die Rede sein. Die neue israelische Regierung versucht das Thema zu wechseln – vom Friedensprozess weg zur iranischen Bedrohung. In dieser Woche ist Avigdor Lieberman, der neuen Aussenminister, in Europa unterwegs, um seine Antrittsbesuche zu machen.
Nun also der Hamas-Chef: Meshal ruft auf, die 20 Jahre alte Hamas-Charta zu ignorieren, in der zur Zerstörung Israels aufgerufen wird. Er bietet einen zehn Jahre langen Waffenstillstand an. Und er beschränkt die Gebietsansprüche auf die Grenzen von 1967. Er beharrt auf dem vollen Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge. Damit entspricht sein Angebot dem saudischen Friedensplan – bis auf einen Punkt: Die Anerkennung Israels ist von Meshal nicht zu haben. Arafat habe eben dies getan, argumentiert Meshal, und die Besatzung sei trotzdem weitergegangen.
Das ist nicht leicht von der Hand zu weisen.
Dieses Angebot Meshals ist bemerkenswert, obwohl es viele Hürden enthält. Es wird keinen vollständigen Rückbau aller Siedlungen geben können, sondern höchstens einen Deal, bei dem Land gegen einige wenige verbleibende Siedlungen getauscht wird. Und das vollständige Rückkehrrecht aller Flüchtlinge nach Israel ist schlicht nicht durchsetzbar, weil es das Ende des jüdischen Staates bedeuten würde. Hier wird es eine Kompensationslösung geben müssen.
Aber das Angebot eines langen Friedens ist schon bedeutsam. Es ist eine für den Hamas-Chef diplomatisch vertretbare Form der Anerkennung. Ein Land, mit dem man 10 Jahre Frieden hätte, wäre eine Realität, mit der man schließlich auch leben könnte/müsste.
Die Äusserungen können natürlich auch vorwiegend taktisch bedingt sein. Aber dass Hamas sich genötigt sieht, überhaupt Bewegungsfähigkeit zu demonstrieren, ist interessant.
Im übrigen sucht Meshal seine Ernsthaftigkeit zu untermauern, indem er auf den nahezu völligen Stopp der Raketenangriffe auf Israel im April hinweist.
Ob Hamas einen islamischen Staat in Palästina errichten wolle? Das liege am Ende in der Hand der Menschen. Hamas werde ihn nicht aufzwingen, so Meshal. Daran allerdings kann man – siehe die brutale Machtübernahme der Hamas in Gaza – Zweifel haben.