Herzliche Einladung zu einer Veranstaltung im Haus der Kulturen der Welt, Berlin, am Mittwochabend dieser Woche:
Der bedeutendste arabische Vernunft- und Gesellschaftstheoretiker, Mohammed Abed al-Jabri (geb. 1935) ist in Deutschland nahezu unbekannt. Warum wurde das Werk al-Jabris bisher in Deutschland ignoriert? Eine Übersetzung auch nur eines seiner über 30 Werke und Aufsätze ins Deutsche, gab es bis vor kurzem nicht. 1995 machte die Islamwissenschaftlerin Sonja Hegasy den Verleger Reginald Grünenberg mit dem Werk von Mohammed Abed al-Jabri bekannt. Seitdem verfolgt Grünenberg das Projekt al-Jabris Hauptwerk auf Deutsch zu verlegen.
Aber erst Anfang 2009 konnte eine Einführung auf Deutsch herausgegeben werden. Dieses Buch ist Grundlage für die Veranstaltung des Zentrums Moderner Orient, Haus der Kulturen der Welt und des Perlen Verlags.
Mohammed Abed Al-Jabri Foto: Verlag
Seit über vierzig Jahren arbeitet der marokkanische Philosoph Mohammed Abed Al-Jabri an einer umfassenden und kritischen Reflexion des Niedergangs der arabischen Kultur. Sein Hauptwerk Naqd al-‚aql al-‚arabî, zu Deutsch: Kritik der arabischen Vernunft, erschien von 1984 bis 2001 in vier Bänden und löste von Marokko über Ägypten bis in die Golfstaaten kontroverse Diskussionen aus. Al-Jabri ist im besten Sinne ein ‚public intellectual’. Er will die rationale intellektuelle Tradition im islamischen Denken, die er insbesondere im arabischen Westen tradiert sieht, stärken. Hierzu greift er auf die Werke des andalusischen Aristoteleskommentators Averroes/Ibn Rushd zurück.
Mohammed Abed Al-Jabri absolvierte nach der Koranschule eine Schneiderlehre, wurde anschließend Volksschullehrer sowie Übersetzer und begann 1958 ein Philosophiestudium in Damaskus. 1970 promovierte er mit einer Dissertation über Ibn Khaldun. Sein Wirken ist besonders einflussreich, da Al-Jabri Inspektor und Bildungsplaner für die Ausbildung von Philosophielehrern in Marokko war. 1973 gab er das Buch „Einblick in die Probleme der Schulausbildung“ mit einer Sammlung seiner Artikel heraus. Bis 1981 war er politisch in der oppositionellen ‚Union Nationale des Forces Populaires’ engagiert. Heute ist Al-Jabri Professor emeritus für Philosophie und islamisches Denken an der Universität Mohammed V. in Rabat, wo er bis 2002 unterrichtete. Im Dezember 2008 erhielt al-Jabri den Preis für freies Denken der Ibn Rushd Stiftung in Karlsruhe. Viele andere Preise hat er abgelehnt, etwa 1989 den Saddam-Hussein-Preis oder 2002 den Gaddafi-Preis für Menschenrechte.
Einführung: Stefan Weidner (Journalist, Autor), Moderation: Jörg Lau (DIE ZEIT). Mit Sonja Hegasy (Zentrum Moderner Orient, Berlin), Gudrun Krämer (Islamwissenschaftlerin, FU Berlin), Vincent von Wroblewsky (Philosoph und Übersetzer)