Man weiß kaum, wo man anfangen soll, diesen Irrsinn zu kritisieren: „Politiken“, die dänische Tageszeitung, hat sich auf ein Settlement mit einem saudiarabischen Anwalt eingelassen, der über 90.000 „Nachfahren des Propheten“ vertritt. (Hier ein englischsprachiger Artikel der Zeitung dazu.)
In einem gemeinsamen Communiqué entschuldigt sich Politiken bei „anyone who was offended by the reprinting of the Cartoon Drawing.“
Jawohl: Reprinting! Politiken hatte die Karikaturen nicht in Auftrag gegeben und nicht zuerst gedruckt, sondern nur dokumentiert, nachdem die Konkurrenz von Jyllands Posten die ganze Sache gestartet hatte. Und dafür wälzt man sich nun im Staub! Der Chefredakteur Toger Seidenfaden ist sich nicht zu schade, auch noch mit dem Vertreter der Kläger zu posieren. Peinlicher geht’s nimmer.
Das ist die Selbstabdankung einer Zeitung. Schwer zu fassen, dass die Kollegen diese Geste mittragen.
Warum ist das so fatal?
Es ist offensichtlich verlogen: Man entschuldigt sich bei denen, deren Gefühle angeblich verletzt wurden und gibt damit dem reaktionärsten Element in der heutigen islamischen Öffentlichkeit Recht, eben jenen Akteuren, die die Karikaturen bereitwillig benutzt haben, um den antiwestlichen Hass aufzustacheln, der sich keineswegs spontan regte.
Zur Erinnerung: Eine ägyptische Zeitung hatte – schon im Oktober 2005! – Karikaturen nachgedruckt – zunächst ohne Folgen, bis Monate später die antidänische Welle endlich losbrach. Al Fager hatte die Karikaturen mitten im Ramadan veröffentlicht. Hier die Titelseite vom 17. Oktober 2005 (Quelle):
Kein Hahn krähte danach, bis die antidänische, antiwestliche Kampagne zu greifen begann. Und nun stellt sich Herr Seidenfaden reumütig hin und gibt den „Nachfahren des Propheten“ Recht, dass man mit guten Gründen indigniert gewesen sei. Unfasslich.
Dann: Was reitet „Politiken“ die Kläger aus Saudiarabien als legitime Wortführer der Muslime und ihrer Gefühle zu behandeln? Ist Herrn Seidenfaden nicht klar, welch ein Schlag ins Gesicht aller vernünftigen Muslime das ist, wenn er einen Saudi-Anwalt mit zweifelhafter Agenda als Sprachrohr „des Islams“ anerkennt? Wieder unfasslich.
Und schließlich: Welche Meinung man auch immer von der Qualität und Wirkung der Karikaturen hat – das schändliche Arrangement von Politiken mit den Klägern ist ganz einfach Verrat an den Idealen der Meinungsfreiheit, für die alle anderen Medien stehen, die die Karikaturen veröffentlicht haben- wenn auch manche mit Bauchschmerzen wie diese Zeitung.
Politiken scheint tatsächlich zu glauben, sich aus der Affäre gewieselt zu haben: In der gemeinsamen Presseerklärung mit dem Anwalt heißt es: Both parties express their satisfaction with this amicable understanding and settlement, and express the hope that it may in some degree contribute to defusing the present tense situation.
Diese Hoffnung – wenn sie denn echt ist und nicht einfach verlogenes Gewäsch – wird sich schon bald als trügerisch erweisen. Wer diesen Leuten nachgibt, erntet nur Verachtung. Und das auch noch zu Recht.