Die Washington Post berichtet heute mit Bezug auf Zahlen des seriösen Pew Research Instituts, dass immer mehr Amerikaner der Meinung sind, Obama sei nicht Christ, sondern Muslim. Die Zahlen wurden – wohlweislich! – vor den Bemerkungen des Präsidenten zu dem islamischen Kulturcenter am Ground Zero erhoben. Sie reflektieren also noch nicht die Reaktion auf die präsidentielle Unterstützung des Rechts von Muslimen auf den Bau von Gebetshäusern.Das macht die Sache noch schlimmer.
Es sind jetzt fast 20 Prozent der Bevölkerung, die den im Internet verbreiteten Gerüchten folgen, Obama sei „heimlich“, „eigentlich“ Muslim. Entsprechend ist seit der Amtseinführung die Zahl derer zurückgegangen, die Obama korrekt als Christen einordnen. Damals waren es etwa die Hälfte der Befragten, heute sind es nur noch 34 Prozent.
Unter konservativen Republikanern hängt ein Drittel der Meinung an, der Präsident bete heimlich zu Allah. Das zeigt deutlich, wie sehr die Bezeichnung Muslim politisiert worden ist. Muslim ist (für diese Menschen) offenbar ein Codewort für „unamerikanisch“, „illoyal“, „verräterisch“. Schlicht: Nicht wie wir. Ich vermute auch, dass die Entpolitisierung des Rassethemas durch den sichtbar schwarzen Präsidenten zu einer zusätzlichen rassistischen Aufladung des Religiösen geführt hat: Manchem fällt es offenbar schwer zu akzeptieren, dass dieser schwarze, (relativ) linke Präsident Christ ist. Er kann nicht „einer von uns“ sein. Er muss anders sein, das Andere sein. An der Hautfarbe läßt sich das nicht mehr festmachen (-> Condi). Er muss also ein Agent der islamischen Verschwörung gegen Amerika sein.
„Among those who say Obama is a Muslim, 60 percent say they learned about his religion from the media, suggesting that their opinions are fueled by misinformation.
But the shifting attitudes about the president’s religious beliefs could also be the result of a public growing less enamored of him and increasingly attracted to labels they perceive as negative. In the Pew poll, 41 percent disapprove of Obama’s job performance, compared with 26 percent disapproval in its March 2009 poll.“
Etwas Neues ist das nicht. Man denke an den antijapanischen Rassismus im WKII. Katholiken ist es bis zu Kennedy nicht besser ergangen, immer stand ihre Loyalität zur WASP-Gesellschaft zur Debatte, mit teilweise wütenden antipapistischen Ausfällen. Juden wurden bis tief in die dreißiger Jahre hinein an den Universitäten (-> Columbia, Lionel Trilling) diskriminiert.
Und dass Franklin Delano Roosevelt in Wahrheit Jude und Teil der Weltverschörung gegen Amerika war, wurde immer wieder von seinen Gegnern verbreitet. (-> Hoftsadter, The paranoid Style in American Politics)
Ich fürchte, meine Bedenken gegen den Begriff der Islamophobie werden gerade von der Wirklichkeit überholt.