Wir haben kein Bild von Osama bin Ladens Ende. Kathryn Bigelow arbeitet zwar an einem Film, für den sie offenbar vom Weißen Haus mit Informationen über den Hergang der Nacht von Abottabad versorgt wird. Aber wir werden in absehbarer Zeit wahrscheinlich kein Bild des toten Führers der Kaida sehen. Für den größten Bilderproduzenten des neuen Jahrhunderts (die Zerstörung der Twin Towers wird uns bald wieder – zum nahen 10. Jahrestag – heimsuchen) ist das ein bitteres Ende – diese Bilderlosigkeit seines Todes. Die amerikanische Regierung hat gut daran getan, den Bilderkrieg mit den Terroristen so weiterzuführen. Osamas Anhänger versuchen nun, mit 100 Attentaten zu Ehren ihres Chefs wieder in die Vorhand zu kommen. Das ist eine Strategie, die sich selbst besiegt.
Ich warte unterdessen gespannt auf das Schlußbild zu der wahrlich auch bilderreichen Karriere Muammar Gadhafis. Wie wird der Mann, der Zeit Lebens die Bildwelt des verrückten, mörderischen Clowns variierte, sich in die Ikonografie des Tyrannensturzes einfügen? Wenn man seiner Rhetorik und seiner Selbstinszenierung in den letzten Monaten folgt, schwebt ihm ein Endkampf im Führerbunker vor, allerdings wahrscheinlich ohne Zyankali-Kapseln.
Zwei Bilder, die er sicher zu vermeiden suchen wird, haben in den letzten Jahren zwei andere einst starke Männer der arabischen Welt geliefert.
Saddam Husseins Zahnuntersuchung markierte den Nullpunkt seiner Macht. Es hätte der späteren Bilder von seiner Hinrichtung nicht mehr bedurft, um seine Entmachtung darzustellen.
Hosni Mubaraks Auftritt vor Gericht vor wenigen Tagen markiert ein anderes mögliches Ende, in meinen Augen noch viel schlimmer für den Tyrannen (obwohl dieser Tyrann in keiner Weise mit einem Massenmörder wie Saddam Hussein oder einem Terrorfürsten wie Gadhafi gleichgesetzt werden kann): Der Machthaber als kranker alter Mann, dem der Prozess gemacht wird.