Ich begrüße, dass Geert Wilders seinen Rassismus universalisiert. Zur Zeit sorgt eine Website seiner „Partei für die Freiheit“ für Aufsehen, die sich als „meldpunt“ (Meldestelle) für „Mittel- und Osteuropäer“ anbietet:
Heeft u overlast van MOE-landers? Of bent u uw baan kwijtgeraakt aan een Pool, Bulgaar, Roemeen of andere Midden- of Oost Europeaan? Wij willen het graag horen.
„Werden Sie von Mittel- und Osteuropäern belästigt? Oder haben Sie ihren Job an einen Polen, Bulgaren oder Rumänen oder andere Mittel- und Osteuropäer verloren? Wir wollen davon gerne hören.“
Nun haben 10 Botschafter betroffener Länder protestiert. Das ist verständlich, wird aber wenig Folgen haben, weil Mark Ruttes Minderheitsregierung von Wilders Duldung abhängt.
Interessant ist die Sache als Symptom der Transformation des Rechtsextremismus. Das Massaker von Utoya hat der islamophoben Ausrichtung gewisse politische Grenzen aufgezeigt. Die EU- und Euro-Krise eröffnet eine andere mögliche Front: Agitation gegen das Europa der 27 (und der 17). Aberwitzig ist es schon, dass Wilders unter dem Banner der „Freiheit“ gegen die Freizügigkeit der Arbeitskräfte in der EU agitiert.
Für jeden wahren Wirtschaftsliberalen ist Freizügigkeit im Gegenteil doch ein Kernbestandteil eines wiedervereinigten Europas ohne Mauern. Ein Grund der Strukturprobleme des europäischen Wirtschaftsraums ist mangelnde Beweglichkeit des Faktors Arbeit (im Vergleich mit den USA, wo sich regionale Krisen durch Wanderung leichter ausgleichen können).
Wilders interessiert sich für solche Dinge überhaupt nicht. Er ist ein Protektionist mit rassistischem Einschlag. Die muslimischen Migranten drängten sich nach 9/11 und van Gogh als Hauptgegner auf. Aber die Agitation in diese Richtung stößt nun an ihre Grenzen.
Muslime bleiben zwar mit Sicherheit aus ideologischen Gründen die Hauptgruppe, an der er sich auch in Zukunft abarbeiten wird. Aber Osteuropäer sind ihm nun eben auch recht. Überall in West- und Nordeuropa sind tief verankerte Stereotypen über die „Ostmenschen“ mit ihrer „kriminellen Ader“ und ihrer „niederen Kultur“ immer noch leicht abrufbar. Man betrachte die zitierten holländischen Headlines auf der Website: „Osteuropäer immer kriminieller“, „Schamlose Diebe“, „Könnt ihr nicht lieber zurückkehren“.
Weil die Regierung Rutte Wilders bisherige Agenda schon weitgehend übernommen hat, nutzt sich seine Anti-Islam-Pose zusehends ab. EU und Euro sind also die nächste Arena für seine Polemik. (Ein deutscher Erfolgsautor bereitet dem Vernehmen nach auch ein neues Buch auf diesem Feld vor.)
Ich begrüße diese Ausweitung der Kampfzone, weil damit deutlich wird, dass Wilders nicht das Problem der Muslime und ihrer Vertreter ist. Er ist eine Herausforderung für alle Europäer, denen etwas an der Freiheit liegt.