Bekanntlich war der norwegische Massenmörder Breivik in einem ersten Gutachten für unzurechnungsfähig erklärt worden. Ich hatte diese Wendung hier bereits kommentiert. Breivik, so wurde berichtet, gefällt diese Diagnose naturgemäß nicht, denn er hält sich für einen Aufhalter des Untergangs des Abendlands, einen Widerständler gegen die Selbstabschaffung Norwegens und Europas.
Er hat seinen Verteidiger darum gebeten, gegen die psychiatrische Diagnose zu argumentieren. Und nun kommt der Clou, wie der Wiener Standard berichtet. Breivik will zu seiner Verteidigung radikale islamische Extremisten aufrufen lassen:
Für den Prozess gegen den geständigen Attentäter haben zwei bekannte norwegische Islamisten, Arfan Bhatti und Moyeldeen Mohammad, der Verteidigung die Teilnahme als Zeugen zugesagt. Sie erfüllten gern ihre „Bürgerpflicht als gute Norweger“, so Anwalt Christian Elden, der die Männer in den vergangenen Jahren mehrfach vertreten hatte. Seine Klienten seien bestrebt, norwegische Spielregeln einzuhalten, „auch wenn sie von einer künftigen Änderung der Gesellschaftsstruktur träumen“.
Für Breivik und seine Anwälte spielt die Vernehmung der Islamisten eine zentrale Rolle. Das erste psychiatrische Gutachten – ein zweites Gutachten soll bis zum 10. April vorliegen – hatte Breivik als geisteskrank erklärt. Der mutmaßliche Mörder von 77 Menschen hält sich selbst für gesund.
Als Verteidiger müsse er dem „dringenden Wunsch“ seines Klienten entsprechen, den psychiatrischen Befund zu widerlegen, argumentiert Breiviks Anwalt Geir Lippestad. Die Zeugen aus dem extremen muslimischen Milieu könnten dem Gericht deutlich machen, dass Breiviks Furcht vor einer Machtübernahme durch Muslime nicht unbedingt eine krankhafte Zwangsvorstellung sei: „Hier handelt es sich um Personen, die tatsächlich dafür argumentieren, dass die Muslime Europa übernehmen.“
Großartig! Ein Wahn stützt den anderen! In meinem Studium war der Ansatz des radikalen Konstruktivismus sehr populär, vor allem in seiner Rezeption durch die soziologische Systemtheorie. Ein schöner, wenn auch leicht perverser Anwendungsfall, dieser Terrorprozess: Weil Mullah Krekar seinen Wahn für richtig hält, in dem er mal eben das Töten von Abtrünnigen dekretieren kann, weil die Scharia das so gebietet, soll auch Anders Breiviks Wahnwelt richtig sein, in der die drohende Übernahme Europas durch Mullah Krekar et al. zur Exekutierung von jungen Sozialdemokraten berechtigt.
(In gewisser Weise funktioniert auf Basis dieser Logik allerdings die gesamte so genannte Islamkritik von PI, Nürnberg 2.0 und Konsorten: Ein Wahn stützt den anderen, eine Enthemmung erzeugt die andere. Immer gibt es irgendeinen Mullah Krekar als Kronzeugen für die eigene geistige Gesundheit und politische Zurechnungsfähigkeit.)
Krekar und Breivik: ein Dreamteam. Ich weiß ja nicht, ob es sich einrichten lassen wird – aber wäre es nicht möglich -Mullah Krekar ist ja soeben zu fünf jahren Haft verurteilt worden – dieses geschlossene System in einer Haftzelle zusammenzulegen und einfach zu sehen, was passiert?
Es könnte der Beginn einer wunderbaren Freundschaft sein.