Der türkische Kolumnist Mustafa Akyol (Hürriyet, Star), stellt in der New York Times die Frage der Zeit:
Even the ultra-Orthodox Salafis now have deputies sitting in the Egyptian Parliament, thanks to the ballots that they, until very recently, denounced as heresy.
For those concerned about extremism in the Middle East, this is good news. It was the exclusion and suppression of Islamists by secular tyrants that originally bred extremism. (Ayman al-Zawahri, Al Qaeda’s leading ideologue, was a veteran of Hosni Mubarak’s torture chambers.) Islamists will become only more moderate when they are not oppressed, and only more pragmatic as they face the responsibility of governing.
But there is another reason for concern: What if elected Islamist parties impose laws that curb individual freedoms — like banning alcohol or executing converts — all with popular support? What if democracy does not serve liberty?
Die drängendste Frage, so Akyol, sei nicht, ob Islam mit Demokratie vereinbar ist – sondern mit Liberalismus – mit einer freiheitlichen Ordnung, in der die Rechte der Individuen garantiert sind:
The real debate, therefore, is whether Islam is compatible with liberalism.
The main bone of contention is whether Islamic injunctions are legal or moral categories. When Muslims say Islam commands daily prayers or bans alcohol, are they talking about public obligations that will be enforced by the state or personal ones that will be judged by God?
Akyol zitiert das ambivalente Beispiel der Türkei, in der die AKP lange Zeit viel für die Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit getan hat. Nun aber scheint sie immer stärker den Staat, den sie beherrscht, als Werkzeug zu begreifen, der Gesellschaft die eigenen Werte aufzuzwingen.
Darum gebe es auch in der Türkei, meint Akyol, „reasons to worry that illiberal democracy could emerge. For Turkey still suffers from a paranoid nationalism that abhors minority rights, a heavy-handed judiciary designed to protect the state rather than its citizens, and an intolerant political culture that regards any criticism as an attack and sees provocative ideas as criminal.
These obstacles to liberal democracy are unrelated to religion though; they are the legacy of years of secular but authoritarian politics. But the A.K.P., which has been in power for almost a decade and has introduced important liberal reforms, has lately let its progressivism wane. The party has absorbed some of the traditional illiberalism of the establishment in Ankara, the capital, that it now fully dominates. It has not been too Islamic; it is just proving to be too Turkish.“
Die Herausforderung der AKP, darin gewissermaßen die Avantgarde der islamisch geprägten Parteien, die in der Region nun an die Macht kommen, besteht darin, den Staat nicht als Instrument der tugendhaften Volksmassage zu betrachten. Sie müsse die bürgerlichen Freiheiten verteidigen, darin eingeschlossen die „Möglichkeit zur Sünde“, statt die Staatsgewalt zur Verbreitung ihrer Werte zu benutzen.
And as new questions about religion and public life emerge — Should schools promote Islam? Should alcohol sales be restricted? Should the state instruct private TV channels to uphold “moral values”? — the government must protect civil liberties, including the “freedom to sin,” and constrain those who seek to use state power to impose their values on others.
Woher stammt eigentlich der Schwachfug, dass politische Bewegungen durchs Regieren moderater werden?
@ MR
Wahrscheinlich von den selben Leuten, die das vor 30 Jahren über Khomeini gesagt haben.
Atatürk for ever
Wahrscheinlich von der Idee, dass Macht korrumpiert und zur opportunistischen Aufgabe ideologischer Positionen führt. Nur bedeutet das nicht zwangsweise weniger religiösen oder ideologischen Extremismus; es ist gut möglich, dass die fehlende Frömmigkeit an der einen Stelle durch Fanatismus an einer anderen Stelle kompensiert wird. Und dass eine korrupte Diktatur per se menschenfreundlicher wäre als ein Fanatikerregime, ist auch eher Wunschdenken.
Liberalismus lebt von freier Marktwirtschaft. Von der Freiheit, etwas zu unternehmen und die Früchte der Unternehmung zu ernten. Zentrale Elemente dieser Freiheit ist die Meinungsfreiheit. Es braucht sie, damit Fehlentwicklungen benannt werden können, oder auch neue Ideen eingebracht werden können. Der Staat muss dafür sorgen, dass das funktioniert. (Sollte zumindest.)
Der Islam besteht aus Einschränkungen, die nicht diskutiert werden dürfen, weil sie von Gott kommen..
Zentrales Element ..
@ JL
die Avantgarde der islamisch geprägten Parteien
Da sitzen Sie türkisch-islamistischer Eigenwerbung auf.
Welcher stolze Araber braucht heute noch türkische Islamisten?
Gemäß der neuesten Pew-Umfrage, präferieren 61% der Ägypter eher das saudische Modell:
http://www.pewglobal.org/2012/05/08/egyptians-remain-optimistic-embrace-democracy-and-religion-in-political-life/
(Und zwei Drittel wollen den Friedensvertrag mit Israel in die Tonne treten.)
Durchaus lesenswert:
http://de.wikipedia.org/wiki/Liberalismus
etc
Der Kant-Satz ist nicht Teil des Textes, sondern Bildunterschrift.
„Die drängendste Frage, so Akyol, sei nicht, ob Islam mit Demokratie vereinbar ist – sondern mit Liberalismus“
Mit Liberalität, mit einem konkurrierenden „-ismus“ bestimmt nicht.
Islamische Strömungen können „liberale“ Phasen haben, Phasen von Nicht-Observanz-Toleranz unter sehr bestimmten Voraussetzungen. Nämlich dann, wenn sich ein frömmelnder Machtgebrauch zu einer unpopulären Plage ausgewachsen hat und in der Öffentlichkeit breiten Anstoß erregt.
Beispiel:
„“They say I drink.“
There was a half- or one-second pause. Then he said,
„Yes I drink!“
Again there was a pause of the same duration. .. then all of a sudden there was such a tumultuous applause from the people that for minutes nothing but clapping, thumps of dancing and slogans were audible. …
„I do drink alcohol, but I do not drink people’s blood.“
Again the deafening encore echoed for minutes.
After Bhutto’s public admission of his drinking his opponents, „the guardians of Islam“ by their own definition, stopped accentuating his alcoholic sin.“
Wo das Volk von den Blutsäufern enttäuscht wurde, da hat eine liberale Strömung zeitweilig eine Chance. Aber wir wissen alle, wie die Bhuttos endeten …
http://www.gowanusbooks.com/party.htm