Keine Schweigeminute für die 1972 in München ermordeten israelischen Athleten während der Spiele in London.
Wenigstens ist der deutsche DOSB-Chef Thomas Bach ehrlich:
Im Interview der Deutschen Welle sagte Bach, das Nein zu einem Gedenken bei der Eröffnungsfeier sei auch in der Haltung arabischer Staaten begründet. Ein Boykott der Spiele durch diese Staaten „könnte eine Auswirkung sein nach Ansicht vieler“.
Für „angemessen“ hält Herr Bach hingegen, wenn die Israelis das, wie bisher bereits üblich, unter sich ausmachen:
Er plädiere für eine Gedenkfeier am Rande der Spiele, die allein von israelischer Seite veranstaltet werde.
Auf die Frage hin, wie er mit dem Plädoyer des deutschen Außenministers für eine Gedenkminute bei der Eröffnungsfeier umgehe, antwortet Bach:
Der Sport müsse jedoch, um seine Position wahren zu können, politische Neutralität wahren. Politische Demonstrationen aller Art bei Sportveranstaltungen widersprächen dem Sinn des Sports und wären „im Übrigen auch nicht durchführbar“.
Und das ist nun die Stelle, wo die Sache wirklich infam wird. Ein stilles Totengedenken an die unschuldigen, zweifellos zivilen Opfer eines Terroranschlags ist eine „politische Demonstration“? Hanebüchen.
War die Tat von München nicht auch ein Anschlag auf die sonst so gern hochgehaltene „olympische Idee“ – Sie wissen schon, friedlicher Wettstreit, Jugend der Welt und so? Hätte das Olympische Komitee also nicht eigene Gründe, mit einer Gedenkminute der Welt zu zeigen, für welche Werte es angeblich doch steht?
Anders gefragt: Würde das Olympische Komitee sich auch einer entsprechenden Bitte der amerikanischen (oder russischen, chinesischen, deutschen) Regierung verweigern, wenn diese darum bitten würden, eines Anschlages gegen Amerikaner, Russen, Chinesen, Deutsche bei einer Olympiade zu gedenken?
I do not think so. Die Schweigeminute für die Opfer des 11. September bei den Spielen 2002 ist der Beweis für die Heuchelei.
Nein, weil es um Israelis geht, ist die Sache eben „zu politisch“. Niemand erwartet einen Kommentar zum Friedenprozeß, zu den Siedlungen oder zum Gaza-Krieg. Es geht um ein stilles Gedenken, um eine Geste der Menschlichkeit.
Gerade von einem deutschen Funktionär, der also das Land vertritt, das in München versagt hat, ist dieser Kommentar beschämend – allerdings erfrischend zugleich in der Aussage über die befürchteten arabischen Absagen. (Später hat Bach diese offenbar unfreiwillige Ehrlichkeit dann wieder zurücknehmen wollen. Hilft nichts.)
The Games must go on? Ohne mich.