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Wer Neonazi-Kameradschaften verbietet, muss auch Islamhasser im Blick haben

 

In den Kommentaren zum Verbot der Neonazi-Gruppe „Kameradschaft Aachener Land“ und zur Razzia in der Dortmunder Rechtsextremisten-Szene ist zu lesen, dies zeige, dass es sich nicht um ein rein ostdeutsches Problem handele.

Dah! Echt? Guten Morgen. Mich erfüllt das Vorgehen der Behörden in NRW mit einer besonderen Genugtuung, weil ich aus der betroffenen Gegend komme und daher weiß, dass das Aachener Land lange schon ein brauner Hotspot war. In den siebziger und achtziger Jahren war dort die mittlerweile verbotene Wikingjugend aktiv, deren „Bundesführer“ am Ort in Stolberg wohnte. In den Steinbrüchen um die Stadt herum wurden  „Wehrsport-Übungen“gemacht.   Seine beiden Söhne ginge auf das Goethe-Gymnasium, auf dem auch ich bis zur 11. Klasse war. Einer von ihnen ist heute ein Anwalt der Nazi–Szene in Berlin.

Die beiden Naraths ließen schon in ihrem Aufzug keinen Zweifel daran, wes Geistes Kind sie waren. Sie trugen Klamotten, die minimale Abweichungen zur Hitlerjugend aufwiesen. Vor den Ferien verteilten sie Schülerzeitungen, die witzig aufgemacht waren („Gäck“), aber knallharte Hetze gegen „Ausländer“ enthielten. Wir gründeten gegen diese Umtriebe einen „Antifa-Arbeitskreis“. Wir brachten eine Gegenzeitung heraus, für die ich meine ersten  Artikel schrieb. Das Wort Antifa, das wir arglos gewählt hatten, setzte bei meinem Vater schlimme DDR-Assoziationen frei, aber er unterstützte mich dennoch trotz oder gerade wegen seiner konservativ-katholischen Überzeugungen: Dieser Dreck durfte und musste bekämpft werden. Man hatte als zweifacher Ostflüchling – erst aus Westpreußen vor den Russen,  dann aus der DDR vor dem Kommunismus  –  alles verloren, weil Hass und Hetze gesiegt hatten.

Ich muss gestehen, ich habe bis vor einigen Jahren gedacht, dieser Neonazi-Irrsinn sei eine Episode in der Nachkriegsgeschichte gewesen, eine folgenlose Nachzuckung des Ungeists, mit dem die Deutschen abgeschlossen hatten. Ich glaube das immer noch in dem Sinne, dass der Neonazismus politisch nicht mehr wirkfähig ist in die Mitte hinein

Aber dass es das alles immer noch gibt, dass eine neue Generation von Rechtsradikalen nachgewachsen ist, die heute mehr Straftaten begeht und gewaltbereiter ist als damals   –  das ist schon irritierend.

Bei der Kameradschaft aktiv war  Manfred Rouhs, zunächst in meiner Heimatstadt Stolberg, dann  zeitweilig in der schönen Stadt Eschweiler, wo ich Jahre zuvor auf der Liebfrauenschule Abitur gemacht hatte.  Herr Rouhs saß später für „pro Köln“ im Stadtparlament der Domstadt. Er ist bis heute federführend bei der „Bürgerbewegung pro Deutschland“, die erst am letzten Wochenende in Berlin – glücklicher Weise erfolglos – versucht hat, mit Mohammed-Karikaturen die Moscheebesucher im Ramadan zu Gewalttaten zu provozieren. Herr Rouhs steht für den Versuch  der Rechtsextremen, sich an die „Islamkritik“ anzuhängen.

Insofern war es konsequent, dass seine Truppe wenige Tage nach der Mordtat von Anders Breivik vor der norwegischen Botschaft demonstrierte. Breivik ist der Held dieser Leute. Er ist für die islamhetzerischhe Rechtsextremen  das, was Andreas Baader  für die Linksextremen  der Siebziger war. Einer, der  endlich schließt, wo andere nur quatschen.  Mit dem Unterschied, dass  Breivik auch noch Meinhof sein will, der Manifeste  liefernde Kopf der (in seinem Fall imaginäre)  Bewegung.

 

Morgen  fliege ich nach Oslo, wo das  Urteil  in seinem  Fall erwartet wird.