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Na dann viel Glück!

 

Die einen tragen neue Unterwäsche, andere werfen Blumen, und manche Leute schlachten Karpfen. Zu Silvester gibt es die unterschiedlichsten Bräuche

Von Katrin Hörnlein

© Jens Schlueter/ddp

Es könnte eine Nacht sein wie jede andere. Aber wer nach dem gregorianischen Kalender lebt (er gilt seit dem Jahr 1582 bei uns in Deutschland), für den endet am 31. Dezember das alte Jahr, und am 1. Januar beginnt ein neues. Besonders Erwachsene schreiben zu diesem Anlass oft und gern ellenlange Listen mit guten Vorsätzen – an die sie sich dann doch nicht immer halten. Um aber zumindest gut ins neue Jahr zu starten, haben sich die Menschen über Hunderte von Jahren einige lustige Bräuche überlegt.

Schon vor Mitternacht versuchen viele, das Glück auf ihre Seite zu ziehen. Die Italiener schwören dabei auf neue rote Unterwäsche. Auch die Brasilianer achten auf ihre Unterbüxen: Rote Höschen sollen die große Liebe bringen, weiße Ruhe und Harmonie.

Viele Menschen verschenken Glücksbringer: vierblättrigen Klee, kleine Schornsteinfeger und Schweine. Mancher Österreicher setzt sich sogar eine Glücksschweinmütze auf den Kopf. Das sieht besonders lustig aus, wenn er damit um Mitternacht einen Wiener Walzer tanzt – eine Tradition!

Das richtige Silvestermahl: Linsen oder Trauben?

Im Norden von Großbritannien gilt: Wer als Erster nach Mitternacht ein Haus betritt, ist zuständig fürs Neujahrsglück. Er muss ein Glas Whisky, ein Stück Kohle, Früchtekuchen, Kekse und Salz über die Schwelle tragen. Dieser Brauch heißt first footing, und einige glauben, dass nur dunkelhaarige Männer dabei wirklich Glück bringen.

Auch aufs richtige Essen achten viele zum Jahreswechsel: Geflügel sollte nicht auf den Tisch, dann könnte das Glück davonfliegen. Das behauptet jedenfalls ein alter Aberglaube. Dann besser Linsen in Hülle und Fülle. Die bringen zwar kein Glück, aber in Italien glauben die Menschen, dass sie einem im neuen Jahr Geld bescheren. Die Form der Linsen erinnert schließlich ein wenig an Münzen. In Deutschland schwören viele auf den Karpfen. Den Fisch soll man an Silvester essen und eine Schuppe in seinen Geldbeutel legen. So erreicht man, dass dieser im neuen Jahr stets gut gefüllt ist.

Die Spanier strengen sich für ihr Glück richtig an. Sie essen um Mitternacht zwölf Trauben – na ja, sie versuchen es. Denn bis die zwölf Glockenschläge der Uhren verklungen sind, muss der Mund wieder leer sein. Das schafft man nicht so leicht. Deshalb kaufen besonders Pfiffige eine extra kleine Traubensorte.

Was das neue Jahr bringen mag, wollen viele Menschen schon im Voraus wissen. Sie versuchen zum Beispiel beim Bleigießen in die Zukunft zu blicken. Über Kerzen schmelzen sie Bleiklumpen (in einigen Ländern nehmen die Menschen auch Zinn), gießen das flüssige Blei in Wasser und weissagen aus den verkrüppelten Gebilden die Zukunft. Ein älterer Brauch hieß Lichtorakel. Man setzte Kerzenstummel in Nussschalen und ließ sie in einer Schüssel zu Wasser. Schafften es die Kerzenboote, den Schüsselsee zu überqueren, ohne zu erlöschen, konnte man sich auf ein gutes Jahr freuen.

Eine lange Geschichte hat auch die Knallerei: Um Mitternacht gibt es vielerorts Feuerwerke mit farbenprächtigen Raketen, die wahre Funkengemälde an den Himmel zeichnen. Dazu werden Knallerbsen, Böller und zischende Feuerhummeln über die Bürgersteige gejagt. Das alles macht ordentlich Lärm – und den veranstalteten die Menschen schon früher. Sie knallten mit Peitschen, warfen alte Teller und Töpfe auf die Straße oder schossen mit Gewehren. Dazu läuteten die Kirchenglocken in Dörfern und Städten. Dieses Tohuwabohu sollte böse Geister vertreiben, dachten einige – und noch heute glauben das manche, wenn sie ihre Raketen in den Himmel jagen.

In einigen Orten gibt es zum Jahreswechsel ein besonderes Programm für Kinder. In Norddeutschland existiert ein alter Brauch, der Rummelpottlaufen heißt. Rummeln ist Plattdeutsch und bedeutet lärmen. Kinder ziehen am frühen Abend von Tür zu Tür, singen alte Lieder und machen Krach. Dabei sind sie bunt verkleidet und bemalt. Einen ähnlichen Brauch gibt es bei Antwerpen in Belgien. Dort gehen Kinder nieuwjaarszingen (Neujahrssingen). Viele hängen sich einen Sack aus Leinen um, in dem sie Kleingeld, Süßigkeiten oder Obst sammeln.

Mit Dichtkunst und Schönschrift ins neue Jahr

Anstrengender ist es für Kinder in Flandern in Belgien. Dort sieht ein alter Brauch vor, dass sie einen nieuwjaarsbrief (Neujahrsbrief) schreiben. Damit wünschen Kinder ihren Eltern und Paten alles Gute für das neue Jahr. Geschrieben wird in Schönschrift – und in Gedichtform! Wenn die ganze Verwandtschaft an Neujahr zusammensitzt, müssen die Kinder ihre Briefe vortragen.

In den Niederlanden beißen am 1. Januar viele Menschen die Zähne zusammen – beim nieuwjaarsduik (Neujahrstauchen). Tausende von Menschen steigen in die eiskalte Nordsee.

Wärmer haben es die Menschen in Rio de Janeiro in Brasilien. Viele feiern dort Silvester am Strand – bei sommerlichen Temperaturen und weiß gekleidet. Weiß ist nämlich die Farbe der Meeresgöttin Yemanjá, die an Silvester angebetet wird. Dafür bauen Frauen und Mädchen Altäre aus Sand, zünden bunte Kerzen an und werfen Blumen ins Meer. Schlucken die Wellen die Blüten, geht der Wunsch fürs nächste Jahr in Erfüllung. Werden die Blumen zurück an den Strand gespült, weist die Meeresgöttin den Wunsch zurück.