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Ein harter Job

 

Hat es derzeit nicht leicht: US-Präsident Barack Obama/ Foto: Getty Images

Barack Obama wird von Freunden und Gegnern angefeindet, eine schlimme Gewalttat erschüttert die Amerikaner: Keine leichte Zeit für den Präsidenten der USA

Von Martin Klingst und Katrin Hörnlein

Seit zwei Jahren ist Barack Obama nun Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika (abgekürzt USA), die Hälfte seiner Amtszeit ist um. Häufig ist das ein Zeitpunkt, an dem Politiker, Journalisten und Bürger nachrechnen: Was hatte sich der Präsident vorgenommen? Was hat er davon umgesetzt? Seit dem vergangenen Wochenende beschäftigt die Menschen in Amerika aber eine andere Frage: Was ist los mit der Politik unseres Landes? Warum gibt es so viel Hass?

In Arizona ist etwas Schrecklichesgeschehen: Eine Politikerin wurde angegriffen, als sie an einem Stand die Fragen von Bürgern beantworten wollte. Ein junger Mann, der geistig krank oder verwirrt ist, hat wild um sich geschossen und dabei mehrere Menschen schwer verletzt, einige kamen gar ums Leben. Die Menschen in den USA sind besonders schockiert darüber, dass eine Abgeordnete attackiert wurde (man nennt solch eine Tat ein »politisches Attentat«). Denn sie ist schließlich mit Mehrheit vom Volk gewählt und vertritt nicht nur die Interessen ihrer Wähler – sie soll an das Wohl aller denken.

Trotzdem gibt es in einer Demokratie natürlich unterschiedliche Meinungen. Aber die Meinungen dürfen niemals mit Gewalt durchgesetzt werden. Es geht darum Argumente auszutauschen, der Gegenseite zuzuhören und oft auch zu versuchen, gemeinsam einen Kompromiss zu finden. Denn nie gibt es nur eine einzige richtige Lösung.

Gerade in Amerika ist Politik ein schwieriges, mühseliges Geschäft. Das liegt auch daran, dass es dort nur zwei große Parteien gibt, die Demokraten, zu denen Präsident Obama gehört, und die Republikaner. Die Parteien haben ganz verschiedene Ziele, und besonders in den vergangenen Monaten haben sie sich stark angefeindet. Politischer Streit wird in den USA oftmals wie ein Kampf zwischen Gut und Böse ausgetragen.

Seit je will man in Amerika Lösungen für Probleme sofort sehen, Gegensätze prallen besonders hart aufeinander. Weil Amerika sehr mächtig ist – es hat die schlagkräftigste Armee, die besten Universitäten und die stärkste Wirtschaft –, hat vieles, was dort geschieht, auch Einfluss auf das Leben der Menschen in anderen Ländern. Deshalb schauen weltweit alle gebannt auf das, was in Amerika geschieht – die einen begeistert, die anderen besorgt.

Für die einen bedeutet das riesige Land zwischen Atlantik und Pazifik unendliche Freiheit und Wohlstand. Seit nunmehr 400 Jahren kommen Abermillionen Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religion in das Land, finden hier eine neue Heimat und führen ein freies Leben. Diese Menschen sprechen von den USA als dem »Land der unbegrenzten
Möglichkeiten«, sie glauben an den »Amerikanischen Traum«, dass jeder alles erreichen kann. Anderen hingegen jagt Amerika gerade wegen seiner Macht und Größe Angst ein.

Manche hassen das Land sogar, weil es sich überall einmische und sich aufführe wie ein Polizist für die ganze Welt. Und weil es herzlich wenig Rücksicht auf die Umwelt nimmt, obwohl das dringend nötig wäre. Doch als eine Mehrheit der Amerikaner vor zwei Jahren Barack Obama zum Präsidenten wählte, erwarteten viele große Veränderungen. In den neuen Mann setzten Menschen auf der ganzen Welt riesige Hoffnung, auch sehr viele Kinder.

Denn wie kein Zweiter verkörperte dieser Barack Obama den Amerikanischen Traum: Wenn er sich nur gehörig anstrengt, kann hier wirklich jeder alles werden. Sogar Präsident! Und weil Obama der Sohn einer weißen Amerikanerin und eines schwarzen Studenten aus Kenia ist, galt der Amerikanische Traum endlich auch für die schwarzen Bürger,
deren Vorfahren versklavt, gedemütigt und ausgegrenzt worden waren.

Obama wirkte moderner als andere Politiker in den USA. Zum Beispiel verdiente seine Frau Michelle als Juristin früher das meiste Geld für die Familie. Gemeinsam kümmerten sie sich um ihre Töchter Malia und Sasha. Auch jetzt als
Präsident liest Obama den beiden Mädchen möglichst regelmäßig vor. Dafür unterbricht er sogar mal eine Sitzung
oder lässt Staatsbesucher warten.

Obama versprach vor zwei Jahren auch, vieles zu ändern: Er wollte Amerika gerechter, umweltfreundlicher und weniger kriegerisch machen. Er begeisterte die Menschen mit seinem Wahlspruch Yes we can!, übersetzt: »Ja, wir schaffen das!« Nur: Wer so viel verspricht und die Menschen so viel hoffen lässt, der muss sie beinahe zwangsläufig enttäuschen.

Und weil die Obama-Fans vor zwei Jahren den neuen Präsidenten so laut bejubelten, konnte man leicht übersehen, dass knapp die Hälfte der Wähler, etwa 50 Millionen Amerikaner, gegen ihn gestimmt hatte – und auch nach seinem Wahlsieg nicht begeistert von ihm war.

Besonders in den vergangenen Monaten haben einige seiner Gegner versucht, die Menschen gegen den Präsidenten, seine Partei und deren Ideen aufzuhetzen. Der Präsident musste Misserfolge einstecken, seine Beliebtheit sank, schließlich verlor seine Partei bei einer wichtigen Wahl im November Stimmen.

Barack Obama hat beschlossen, den Republikanern, die Hand zu reichen. Einigen seiner eigenen Anhänger passt das aber überhaupt nicht. Sie werfen ihm vor, dem Gegner zu viel zuzugestehen. Der Präsident hat es im Augenblick nicht leicht. Freunde wie Feinde prügeln auf ihn ein.

Und nun passierte auch noch das furchtbare Attentat von Arizona. Viele fragen sich, ob der Attentäter sich durch die Hetze einiger Obama-feindlicher Politiker zu dieser Tat angestachelt fühlte. Andere wiederum fragen sich, ob sie vor zwei Jahren den richtigen Präsidenten gewählt haben.

Vielleicht mag es Obama trösten, dass trotz allen Unmuts knapp die Hälfte der Amerikaner immer noch findet, er mache seinen Job gut. Und vielleicht hilft das schreckliche Ereignis in Arizona dabei, dass die politische Diskussion in Amerika künftig sachlicher und fairer geführt wird.