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»Mehr Zeit für Kinder!«

 

Macht jetzt erst einmal Babypause: Familienministerin Kristina Schröder/ © Sean Gallup

Kristina Schröder ist die erste Bundesministerin in Deutschland, die während ihrer Amtszeit ein Baby bekommen wird. Wir haben sie über ihre eigene Jugend ausgefragt.

Von Malte Arkona

Mitte Juli soll Kristina Schröders Kind zur Welt kommen, deshalb macht die 33-Jährige derzeit eine Arbeitspause. Vorher haben wir sie zum KinderZEIT- Interview in Berlin getroffen.

KinderZEIT: Wie erklären Sie Kindern, was Sie beruflich machen?

Kristina Schröder: Ich sage, dass ich die Ministerin sowohl für Familien als auch für Kinder und Jugendliche bin. Meine Aufgabe ist es zum Beispiel, dabei zu helfen, dass es genügend gut ausgestattete Kita-Plätze gibt. Und ich bin dafür verantwortlich, dass Eltern Beruf und Familie gut unter einen Hut bekommen und Zeit für ihre Kinder haben – und das nicht nur am Wochenende…

KinderZEIT: Woran erinnern Sie sich, wenn Sie an Ihre Kindheit in Wiesbaden zurückdenken?

Kristina Schröder: Mir fällt als Erstes mein großer Bruder ein, der elf Jahre älter ist als ich und mich oft ganz schön geärgert hat. Zum Beispiel auf dem Rückweg vom Kindergarten. Er fuhr mit dem Skateboard weit voraus, und ich lief heulend hinterher. Wenn ich zu laut weinte, hat er kurz angehalten und gewartet, bis ich ihn fast eingeholt hatte – und dann ist er mit Schwung weitergerollt! Mit so einem großen Bruder ist man einiges gewohnt, da machen einem Streitereien im Kindergarten oder in der Schule nicht mehr so viel aus.

KinderZEIT: Hat Sie das für Ihren Beruf als Politikerin abgehärtet?

Kristina Schröder: Das behauptet zumindest mein Bruder. Er meint, ohne ihn wäre ich nie in die Politik gegangen! Das stimmt natürlich nicht, aber so eine ständige Auseinandersetzung prägt schon.

KinderZEIT: Stimmt es eigentlich, dass Ihre Mutter schimpft, wenn Sie in den Nachrichten sieht, dass Sie zu dünn angezogen sind?

Kristina Schröder: (lacht). Das ist mal passiert, ja. Aber wenn Mütter ihre Töchter im Fernsehen sehen, achten sie eben auf andere Dinge als der »normale« Zuschauer. Da hab ich auch schon mal Sätze gehört wie: »Ich habe das Gefühl, du schläfst zu wenig.«

KinderZEIT: Sie werden bald selbst Mutter sein. Beeinflusst das Ihre politischen Entscheidungen?

Kristina Schröder: Bestimmt mache ich täglich wichtige praktische Erfahrungen: Zum Beispiel, was es heißt, genug Zeit für meine Familie und genug Zeit für mein Amt als Ministerin zu haben. Andererseits wehre ich mich immer gegen die Vorstellung, man müsste alles selbst erlebt haben, um darüber zu urteilen. Ich bin ja zum Beispiel auch Seniorenministerin und war noch nie alt. Trotzdem kann ich mich gut in die Wünsche und Bedürfnisse Älterer hineinversetzen. Schließlich habe ich ja auch Großeltern.

KinderZEIT: Möchten Sie etwas so machen wie Ihre eigene Mutter?

Kristina Schröder: Ehrlich gesagt, sehr viel. Meine Eltern hatten immer ein sehr großes Vertrauen in meinen Bruder und mich und haben uns deshalb selten Vorschriften gemacht. Während meine Freundinnen oft die Ansage hatten: »Du bist um 18 Uhr zu Hause!«, durfte ich das selbst entscheiden. Es war ja klar, dass ich nicht um Mitternacht nach Hause komme. Aber ob nun 18 oder 19 Uhr, das war meine Sache. Da waren meine Eltern ganz offen und entspannt. Ich weiß noch, dass das bei meiner besten Freundin ganz anders war. Die wurde wesentlich strenger erzogen.

KinderZEIT: Und wann war bei Ihnen abends das Licht aus?

Kristina Schröder: Auch das war nicht streng geregelt. Es blieb an, bis ich müde war. Ich durfte also auch noch mal eine halbe Stunde lesen, bis mir die Augen von selbst zufielen.

KinderZEIT: Was wollten Sie denn damals werden, mit zehn Jahren?

Kristina Schröder: Hmm, da hatte ich noch keine klare Vorstellung. Ich glaube, ich wollte mal Fernsehmoderatorin werden.

KinderZEIT: Welche Sendungen haben Sie gern gesehen?

Kristina Schröder: Highlight war immer Wetten, dass…?, moderiert von Frank Elstner. Und dann kam Thomas Gottschalk. Wobei ich da zuerst kritisch war, denn Kinder sind ja konservativ. Doch ich bin dann ganz schnell ein Riesenfan von ihm geworden.

KinderZEIT: Wie viel Fernsehen war Ihnen erlaubt als Kind?

Kristina Schröder: Auch da gab es keine feste Vorgabe, aber meine Eltern haben natürlich darauf geachtet, dass ich nicht zu viel geguckt habe. Die Sesamstraße, Die Sendung mit der Maus und Löwenzahn waren in Ordnung. Später habe ich dann fast jeden Tag logo geguckt, die ZDF-Kindernachrichten fand ich großartig! Und wenn ich dann heimlich doch mal Aktenzeichen XY eingeschaltet habe, habe ich das schwer bereut. Ganz ehrlich: Das finde ich heute noch zum Teil gruselig.

KinderZEIT: Und woher kam Ihre Begeisterung ausgerechnet für Politik?

Kristina Schröder: Das war die deutsche Wiedervereinigung, vor allem der Fall der Berliner Mauer 1989. Ich weiß noch, wie ich aus der Schule kam und sah, dass meine Mutter ganz ergriffen vorm Fernsehapparat saß. Davon hab ich mich sofort anstecken lassen und mich danebengesetzt. Mit zwölf ist man ja auch schon in der Lage, solche politischen Vorgänge ungefähr zu kapieren. Ich fand das unheimlich faszinierend, habe angefangen, die Tagesschau zu gucken und Zeitungen zu lesen.

KinderZEIT: Würden Sie sagen, Ministerin ist ein Traumberuf?

Kristina Schröder: Ministerin zu sein ist eine Riesenchance, wenn man so ein politischer Mensch ist wie ich. Da kann man endlich mal vieles von dem, was man für richtig hält, umsetzen. Wer kann schon von sich behaupten, sein Hobby zum Beruf gemacht zu haben? Ich kann mir vorstellen, dass viele Leser der KinderZEIT Hobbys haben und es wahrscheinlich auch gut fänden, wenn sie diese später zu ihrem Beruf machen könnten – zum Beispiel Fußballerin werden oder Schauspieler werden. Ich habe diese Chance bekommen.

KinderZEIT: Welche Eigenschaften hatten Sie denn als Kind schon, die Ihnen heute nützlich sind?

Kristina Schröder: Ich war immer schon ziemlich fleißig und in der Lage, an etwas dranzubleiben. Schon als Kind konnte ich mich in etwas verbeißen, wenn ich etwas vorhatte, und das bis zum Ende verfolgen. Egal, was andere sagen. Diese Eigenschaft nützt mir natürlich auch heute als Ministerin.

Ein kleiner redaktioneller Nachtrag: Das Baby von Kristina Schröder wurde am 02. Juli geboren, es ist ein Mädchen und heißt Lotte Marie.