Wenn es dunkel wird, flüchten die Menschen in ihre beleuchteten Wohnungen. Manche Tiere aber mögen die Dunkelheit
Von Salima El Kurdi und Madalena Hamm
Der Fettschwalm
Sein Name klingt wie ein Schimpfwort, dabei ist der Fettschwalm nicht dick. Der südamerikanische Vogel heißt so, weil er fetthaltige Früchte frisst. Die pflückt er nachts. Tagsüber versteckt er sich in finsteren Höhlen, in denen er sich allein mit den Augen nicht zurechtfindet. Stattdessen sendet er tiefe Klicklaute in die Dunkelheit aus und lauscht dem Echo, das von den Wänden zurückschallt. So kann er umherfliegen, ohne anzustoßen. Manchmal sitzen bis zu 50 Vögel in einer Höhle und rufen gemeinsam. Der Fettschwalm gilt als lautester Vogel der Welt.
Der Ameisenigel
Ameisenigel leben in Australien und auf Neuguinea, dort kann es tagsüber heiß werden, mehr als 40 Grad im Schatten. Kein Wunder, dass diese Tiere lieber in der kühleren Dämmerung und Nacht auf die Jagd gehen. Sie sehen und hören sehr schlecht, können dafür aber gut riechen. Genau wie Ameisenbären haben sie lange, klebrige Zungen, mit denen sie Ameisen und Termiten aufschlürfen. Mit unserem europäischen Igel ist der Ameisenigel nicht verwandt. Dafür aber mit den Schnabeltieren. Die beiden sind die einzigen Säugetiere der Welt, die Eier legen.
Der Grottenolm
Der Grottenolm lebt in Tümpeln in Höhlen, zum Beispiel in Slowenien oder im Harz. Dort findet er sich mit Nase und Ohren zurecht, seine Augen liegen unter der Haut, zum Sehen sind sie ungeeignet. Früher hatten die Menschen Angst vor ihm, sie dachten, er sei ein Drachenjunges. Der Grottenolm ist harmlos und frisst am liebsten kleine Krebstiere, die in Höhlen allerdings selten sind. Wie gut, dass der Olm so geduldig ist, er kann es mehrere Jahre lang ohne Essen aushalten. Zeit hat er sowieso genug: Er kann bis zu hundert Jahre alt werden.
Der Glaskopffisch
In der Dunkelheit der Tiefsee wimmelt es von seltsamen Wesen: Anglerfische tragen Laternen auf der Stirn, manche Tintenfische haben tellergroße Augen. Aber der Glaskopffisch ist das verrückteste Tier da unten. Der vordere Teil seines Kopfes ist durchsichtig. Er hat darin zwei glibbrige, grüne Augen, die er nach oben und nach vorn bewegen kann. (Die Knubbel über dem Maul sind Nasenlöcher!) Seine Augen fangen noch das kleinste bisschen Licht ein, zum Beispiel von leuchtenden Quallen, aus deren Tentakel der Glaskopffisch sich Plankton als Futter stiehlt.
Das Silberfischchen
Diese Tierchen bekommt man mit Glück bei einem nächtlichen Ausflug auf die Toilette zu Gesicht. Silberfischchen leben überall, wo es warm und feucht ist – in Badezimmern, Küchen oder Kellern. Sie scheuen das Licht, wenn man sie überrascht, verschwinden sie schnell in irgendeine Ritze. Schade eigentlich, denn ihr silbriges Schuppenkleid ist hübsch anzusehen. Sie zeugen auch nicht von mangelnder Sauberkeit, wie Kakerlaken. Im Gegenteil, während wir schlafen, fressen sie Milben, Haare und Hautschuppen – sie räumen auf, wie die Heinzelmännchen.
Die Schönnatter
Für die Schönnatter, die in den Höhlen Malaysias lebt, beginnt mit der Dunkelheit die Fressenszeit. Als einzige Schlangenart der Welt hat sie sich auf Fledermäuse spezialisiert, die nicht so einfach zu fangen sind wie normale Mäuse. Wenn es dämmert, wartet die Schönnatter am Höhleneingang darauf, dass die Fledermäuse ein- und ausfliegen. Sobald eine von ihnen nah genug vorbeikommt, schnappt sie zu. Jetzt beginnt der Kampf: Die Schönnatter schlingt ihre Beute hinunter – während diese um ihr Leben flattert.