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Krise für Anfänger

 

Scheitert der Euro? Ist Europa in Gefahr? Seit Monaten sind viele Menschen besorgt. Unser Autor Matthias Krupa erklärt, was da los ist. Die Illustrationen sind von Jochen Schievink für DIE ZEIT/www.jochenworld.de

Was ist Europa eigentlich?

Zunächst einmal ist Europa natürlich ein Kontinent, allerdings einer ohne klare Grenzen. Die Türkei und Russland etwa gehören mit einem Teil ihres Landes zu Europa und mit dem anderen Teil zu Asien. Wenn im Moment ständig von Europa die Rede ist, dann ist eigentlich die Europäische Union gemeint, kurz: die EU. Die EU ist eine Art politischer Verein, in dem sich 27 europäische Länder zusammengeschlossen haben.

Deutschland ist mit mehr als 80 Millionen Einwohnern das bevölkerungsreichste Land der EU. Das kleinste Land ist Malta, dort leben nur 370000 Menschen. Alle 27 EU-Länder zusammen haben etwa 500 Millionen Einwohner.

In der EU gelten gemeinsame Regeln für alle, egal ob es sich um kleine oder große Länder handelt. Die Regierungschefs und Minister der 27 Länder treffen sich regelmäßig, um über wichtige Fragen zu beraten. Etwa darüber, wie man zusammen die Umwelt besser schützen kann. 17 Länder haben sogar eine gemeinsame Währung, den Euro. Man nennt sie die Euro-Länder. Eigentlich ist der Euro eine gute Idee, weil man überall mit demselben Geld bezahlen kann. Aber im Moment ist der Euro auch ein echtes Problem, weil sich nicht alle Euro-Länder an die gemeinsamen Regeln gehalten haben. Deshalb ist Europa in der Krise.

Was bringt es Staaten, wenn sie sich zusammenschließen?

Begonnen hat alles nach dem Zweiten Weltkrieg, vor mehr als 60 Jahren. Bis dahin haben die Länder in Europa oft gegeneinander Krieg geführt, Millionen Menschen sind gestorben. Um das künftig zu verhindern, haben sich kluge Menschen die EU ausgedacht. Ihre Idee war: Wenn wir in demselben Verein sind und dieselben Regeln haben, können wir keinen Krieg mehr gegeneinander führen.

Im Laufe der Zeit haben die Menschen in Europa gelernt, dass so ein Verein noch andere Vorteile hat. Das Reisen wird einfacher, wenn es keine Grenzkontrollen gibt. Firmen, die Autos oder Spielzeug herstellen, können ihre Waren ohne Probleme auch in den anderen Ländern der EU verkaufen. Und noch etwas kommt hinzu: Verglichen mit China, Indien oder den USA, sind alle europäischen Länder, selbst Deutschland, ziemlich klein. Wenn sie zusammen auftreten, ist die EU aber ganz schön groß und mächtig. Leider gelingt es den 27 EU-Ländern nicht immer, gemeinsam aufzutreten.

Worüber zanken sich die Regierungschefs?

Wie in jedem Verein wird auch in der EU manchmal miteinander gestritten. Im Moment wird besonders heftig gestritten, vor allem zwischen den 17 Euro-Ländern. Alle Euro-Länder haben Schulden, aber einige haben besonders viele Schulden. Sie brauchen deshalb Geld, das sie sich von den anderen Ländern leihen müssen.

Einerseits ist es selbstverständlich, dass man sich in einem Verein gegenseitig hilft. Andererseits wollen die Länder, die das Geld verleihen, sichergehen, dass das nicht ausgenutzt wird. Deshalb knüpfen sie ihre Hilfe an Bedingungen. Zum Beispiel sagen sie: Wir geben euch nur Geld, wenn ihr künftig weniger ausgebt, also mehr spart. Wenn aber ein Land sparen muss, spüren das die Menschen. Sie verdienen dann weniger, und es gibt weniger Arbeit. Manchmal müssen auch Schulen oder Schwimmbäder schließen.

Deshalb gibt es im Moment in vielen Ländern der EU mehr Arbeitslose und arme Menschen als früher. Wie kann man ihnen helfen, wenn ihre Länder gleichzeitig sparen müssen? Vor allem über diese Frage diskutieren die Politiker gerade.

Was passiert als Nächstes?

Streit gehört, wie gesagt, dazu. Wichtig ist, dass man eine Lösung findet und sich verträgt. Sonst fliegt am Ende der ganze schöne Verein auseinander. Manche befürchten, dass genau das demnächst passieren könnte: dass die Regierungschefs Europas keine Lösung für die Krise finden und alles noch viel schlimmer wird.

Was dann genau passieren würde, ist schwer vorherzusagen. Wenn die Menschen in Griechenland etwa künftig nicht mehr mit dem Euro bezahlen würden, sondern mit ihrer alten Währung, würde ihr Leben erst einmal nicht einfacher werden. Waren aus anderen Euro-Ländern würden teurer werden, das Geld der Griechen wäre weniger wert. Viele Menschen könnten sich noch weniger leisten. Auch für uns wäre das nicht gut. Deutsche Firmen würden in Griechenland weniger verkaufen und dadurch weniger verdienen. Außerdem haben viele Menschen Angst vor einem Dominoeffekt: Wenn erst einmal ein Land den Euro abgeben würde, könnten andere folgen. Am Ende gäbe es den Euro nicht mehr – dafür aber noch mehr Streit.

Wie kann Europa gerettet werden?

Vielleicht habt Ihr auch schon gelesen oder gehört, dass Angela Merkel jetzt immer sagt, wir brauchten »mehr Europa«. Das klingt erst einmal komisch, aber die Bundeskanzlerin meint: Wir brauchen noch mehr Zusammenarbeit und noch mehr gemeinsame Regeln. Das wiederum klingt ziemlich logisch. Warum wird es dann nicht einfach so gemacht?

Weil »mehr Europa« dann auch »weniger Deutschland« oder »weniger Frankreich« bedeutet. Klar: Wenn immer mehr Regeln und Gesetze für alle 27 EU-Länder gelten sollen, könnte jedes einzelne Land weniger selbst bestimmen. Es wäre dann weniger »souverän«. Viele Menschen identifizieren sich aber mit ihrem Land. Sie sagen: Ich bin Deutscher, oder: Ich bin Pole. Sie sagen nicht: Ich bin Europäer. Sie sind daher skeptisch, ob es eine gute Idee ist, wenn immer mehr Entscheidungen von allen 27 Ländern gemeinsam getroffen werden.

Eine einfache Antwort auf die Frage, wie Europa gerettet werden kann, gibt es daher nicht. Vieles spricht dafür, dass mehr Zusammenarbeit notwendig ist. Wie genau diese Zusammenarbeit aussehen wird – darüber werden die Regierungschefs noch oft beraten. Und die Menschen in Europa werden hierüber noch viel diskutieren.